Auf die Plätze, fertig, Hausarbeit: Nordrhein-Westfalens rot-grüne Regierung ist regelwütig. Bilder: Fotolia/mikemols, Wikimedia; Montage: BK
Hausaufgaben in NRW

Lernen nach der Stoppuhr

Ein unsinniger Erlass der regelwütigen grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann sorgt zum Schulbeginn in Nordrhein-Westfalen für Kritik. Er sieht eine starke zeitliche Beschränkung der Hausaufgaben vor. Wieder einmal will die grüne Verbots- und Gebotspartei den Menschen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben.

So dürfen die Hausaufgaben in der ersten und zweiten Klasse pro Tag maximal eine halbe Stunde dauern, in der dritten und vierten Klasse 45 Minuten, fünfte bis siebte Klasse 60 Minuten, achte bis zehnte Klasse dann 75 Minuten. Erst in der Oberstufe fallen alle Einschränkungen. Bisher handelte es sich bei der Vorschrift um eine Sollvorgabe für die Lehrer, die zudem großzügigere Zeiten vorsah. Das hat sich geändert. Am Ende der Mittelstufe könnten so gerade mal 18 Minuten pro Fach und Woche übrig bleiben, rechnet die Zeitung „Welt“ vor. Die Basis dafür: Zwölf Fächer an drei Wochentagen, da an den zwei Tagen mit Nachmittagsunterricht keine Hausaufgaben erlaubt sind. Jeder Lehrer muss nun seine Hausaufgaben in ein Klassenbuch eintragen. Kommen also die Lehrer der letzten Schulstunden künftig zu kurz oder sprechen sich die Lehrer jeder einzelnen Klasse künftig vor jedem Schultag ab? Schon hier zeigen sich erste Anzeichen von totaler Realitätsferne der rot-grünen Landesregierung.

Das ist eine Luftnummer und nicht überwachbar.

Heinz-Peter Meidinger, Deutscher Philologenverband

Lehrer schlagen nun Alarm: Der Chef des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, lässt im Interview mit der „Welt“ an der Neuregelung kein gutes Haar: „Das ist eine Luftnummer und nicht überwachbar.“ Das führe nur dazu, dass die Neigung der Lehrer, überhaupt Hausaufgaben zu erteilen, weiter zurückgehe. Er vermutet weniger eine Entlastung der Schüler: „Ich sehe in allem den Versuch, die Hausaufgaben generell zurückzudrängen.“ Womit er Recht haben dürfte: Hier zeigt sich mal wieder das Bildungsprinzip linker Parteien, dass Leistung etwas Unheimliches, wenn nicht gar etwas Böses ist. Meidinger hat auch eine Vermutung: Es wurde bei SPD und Grünen mit Berufung auf irgendwelche Studien behauptet, „dass Hausaufgaben den Abstand zwischen den sozial Schwachen und jenen aus bildungsnahen Elternhäusern vergrößern, weil die gebildeten Eltern ihren Kindern schließlich besser helfen könnten.“ Also weg damit.

Die Folge: Das Niveau sinkt

Löhrmann nimmt lieber in Kauf, dass nun alle Schüler schwächer werden. Oder dass die bildungsnahen Elternhäuser eben Nachhilfe für ihre Kinder geben oder bezahlen, damit die Leistung nicht abfällt. So geht die soziale Schere als noch weiter auseinander, das denkt auch der Philologen-Chef. Nach Ansichten des Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, bräuchten auch gerade die schwächeren Schüler Hausaufgaben, um den Lernstoff zu üben. Lehrer bräuchten die Ergebnisse der Hausaufgaben zudem, um erkennen zu können, ob der Lernstoff verstanden wurde. Kraus befürchtet deshalb eine Absenkung des Niveaus.

Auch wird hier, wie im Sozialismus üblich, wieder Ungleiches gleich behandelt: Manche Kinder brauchen schließlich mehr, andere weniger Zeit zum Hausaufgaben machen. Das muss noch nicht mal mit der Intelligenz zu tun haben, sondern beispielsweise mit der Ablenkung durch Computer, Fernsehen, Geschwister oder Freunde. Welchen Schüler nimmt man darüber hinaus als Regelfall her, um die Minutenzahl festzulegen? Ein Ding der Unmöglichkeit. Die vorgeschriebene Umsetzung in die Praxis im Laufe dieses Schuljahres ist für viele Schulen deshalb beinahe unmöglich.

Dürfen Schüler daheim nach der vorgegebenen Zeit den Stift fallen lassen, auch wenn sie nicht fertig sind mit ihren Hausaufgaben?

Die Lehrer fragen auch, wie man da denn beispielsweise ein Buch für den Deutschunterricht lesen lassen solle und wie man die Vorbereitung auf Klassenarbeiten einrechnen kann. Und was passiert, wenn irgendjemand in unserem klagefreudigen Land vor Gericht zieht, beispielsweise um einen Lehrer wegen Zeitüberschreitung zu verklagen? Und dürfen Schüler daheim nach der vorgegebenen Zeit den Stift fallen lassen, auch wenn sie nicht fertig sind mit ihren Hausaufgaben? Und wie bereitet eine solche Regel Schüler auf die Arbeitswelt vor, wo nicht nach Lohrmanns Zeitangabe die Arbeit niedergelegt werden kann? Kraus sieht in der Erledigung von Hausaufgaben außerdem die Gewöhnung an selbständiges Arbeiten und Eigenverantwortung. Für die in den Bildungsstudien regelmäßig hinten liegenden 2,5 Millionen Schüler an Rhein und Ruhr ist die neue Regel jedenfalls kein Segen. Und für die Lehrer ist es ein klares Misstrauensvotum, das sie zum Befehlsempfänger degradiert.

Bayern hat Vertrauen in seine Lehrer

Viel großzügigere Vorgaben zu Hausaufgaben gibt es schon länger in einigen Bundesländern – nicht jedoch in Bayern. Zwar ist es auch im Freistaat unstrittig, dass man Kindern am Nachmittag noch Freiraum zum Spielen oder für Vereine lassen will. Eine Hausaufgabenrichtlinie kennt Bayern jedoch nicht, wie das Bayerische Kultusministerium auf Nachfrage des Bayernkurier mitteilte. Ebenso wenig gibt es eine Festlegung der Hausaufgaben auf eine bestimmte Anzahl von Minuten an nur zwei oder drei Tagen. In den bayerischen Schulordnungen für weiterführende Schulen (Mittelschule, Realschule, Gymnasium) finden sich in der Regel Formulierungen wie: Der Unterrichtsstoff wird auch eingeübt in Hausaufgaben, die ein „durchschnittlich begabter Schüler in angemessener Zeit“ bearbeiten kann. “

Vielleicht kommt ja die grüne Ministerin Sylvia Löhrmann mit der Stoppuhr zu Hausbesuchen vorbei?

An diesem Rahmen orientieren sich in Bayern die Schule und die Lehrkraft in ihrer pädagogischen Verantwortung“, so das Ministerium. Zum einen setzt der Freistaat hier demnach Vertrauen in die bayerischen Lehrer, was der grünen Ministerin in Nordrhein-Westfalen offenbar abgeht. Zum anderen will man sich nicht der notwendigen Flexibilität durch starre Vorschriften berauben – weder für die Lehrer, noch für die Schüler, die je nach Konzentrations- und Lernfähigkeit nun mal unterschiedlich viel Zeit für Hausarbeiten brauchen. Auch Pressesprecher Ludwig Unger vom bayerischen Kultusministerium fragt sich zudem, wie Nordrhein-Westfalen diese unsinnige Regulierung überhaupt kontrollieren will. Vielleicht kommt ja die grüne Ministerin Sylvia Löhrmann mit der Stoppuhr zu Hausbesuchen vorbei?