Patriotismus oder Störung des Mietfriedens? In Augsburg muss hierüber nicht mehr entschieden werden. (Bild: multimartinator/Fotolia; Montage: BK)
Parallelgesellschaften

Leben im Schatten

München - Nicht erst seit Anfang März in Neu-Ulm einige muslimische Schüler einer Grundschule mit schlimmsten Hetzparolen gegen „Ungläubige“ aufgefallen sind, ist bekannt, dass auch in Bayern Parallelgesellschaften existieren. Justizminister Winfried Bausback will das nicht dulden.

München – Nicht erst seit Anfang März in Neu-Ulm einige muslimische Schüler einer Grundschule mit schlimmsten Hetzparolen gegen „Ungläubige“ aufgefallen sind, ist bekannt, dass auch in Bayern Parallelgesellschaften existieren. Justizminister Winfried Bausback will das nicht dulden.

Laut der Rektorin in Neu-Ulm waren die Sprüche von Viertklässlern wie „Christen muss man töten“ oder „Juden stehen auf einer Stufe mit Schweinen“ keine Einzelfälle. „Du Christ“ sei für diese Schüler eine schlimme Beleidigung. Bisher galt die Schule nicht als Problemfall, sondern als ganz normale Innenstadtschule. Alle betroffenen Schüler besuchten sonntags und in den Ferien Koranschulen in drei verschiedenen Moscheen. Alle drei Moscheen wiesen die Vorwürfe von sich. Auch viele Moslems seien angeblich entrüstet über die Schüler gewesen. Aber: Von 27 muslimischen Schülern besuchen nur sieben den offiziellen Islam-Unterricht, der Rest Ethik. Und bei pädagogischen Maßnahmen deckten die Lehrer weitere Fälle auf: „Wer das Kreuz malt, muss in die Hölle“, damit wollten einige Kinder Bilder mit einem Kreuz nicht zeichnen. Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen Unbekannt. „Die Aussagen muslimischer Kinder an der Grundschule in Neu-Ulm waren verheerend. Doch die Kinder sind nicht die Schuldigen. Sie geben nur wieder, was sie aus ihrem Umfeld hören“, sagte dazu der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung, Martin Neumeyer. Neu-Ulm und das benachbarte Ulm machten bereits vor Jahren als Islamisten-Hochburgen Schlagzeilen, bis der Freistaat 2005 das „Multi-Kultur-Haus“ (MKH) schließen ließ, weil dort Hasspredigten gehalten wurden. Einige Anhänger waren aber laut Verfassungsschutzbericht von 2010 weiter in der Stadt aktiv. Der Anführer der so genannten Sauerland-Terrorgruppe, Fritz G., lebte viele Jahre in Ulm und besuchte von 2003 bis 2005 regelmäßig das MKH.

Abschottung als Problem

Auch wer in München in Gebiete wie Schiller-, Goethe- oder Schwanthalerstraße oder in Teile von Nürnberg-Gossenhof geht, kann sich dem Eindruck nicht erwehren, dass es eine zunehmende Abschottung eines Teils der Migranten von der deutschen Gesellschaft gibt. Die Berichte über Zwangsverheiratungen junger muslimischer Mädchen sowie über Schandemorde zeigen deutlich, dass unsere Rechtsordnung in vielen Fällen ignoriert wird – auch in Bayern. Im nordrhein-westfälischen Wuppertal traten vor kurzem sogar selbsternannte „Scharia-Polizisten“ auf. Oft läuft die islamistische Indoktrinierung und Abgrenzung zu unserer Gesellschaft über den Aufbau von angeblichen Bildungseinrichtungen. Das Grundproblem ist aber generell: Alle Vorgänge spielen sich in abgeschotteten sozialen Gruppen ab, die ein Dunkelfeld meist nur vermuten lassen.

Die Salafisten

Die radikalen Salafisten verstärkten laut Innenministerium auch in Bayern im ersten Halbjahr 2014 ihre Missionierungsarbeit. Sie verteilten Korane etwa in Amberg, Aschaffenburg, Lohr am Main und Schongau und ihr bekanntester Prediger Pierre Vogel wollte Kundgebungen in Augsburg, Bayreuth, Ingolstadt, München, Nürnberg, Rosenheim und Würzburg abhalten. Nur in Nürnberg kam es dazu. Auf diesen Veranstaltungen wird offen für eine Abgrenzung zum „dekadenten Westen“ geworben und ein „Wir-Gefühl“ verbreitet. Zudem organisieren sich Salafisten in Netzwerken im Internet.

Islam-Bank

In Mannheim gibt es seit Mitte März erstmals in der Euro-Zone eine islamische Bank aus der Türkei. Zwar gab es das Zins- und Wucherverbot lange auch im Christentum, es stimmt aber bedenklich, dass die Islambank ein „Scharia-konformes“ anstatt ein „gesetzestreues“ Banking bewirbt. Denn die Scharia ist nichts anderes als eine islamische Rechtsordnung mit teilweise krass grundgesetzwidrigen Regeln in Bereichen wie dem Familien- oder Strafrecht.

Anwendung der Scharia

Vor allem im Familien- und Erbrecht finden Normen der Scharia in Deutschland zum Teil aber ganz legal Anwendung, solange sie nicht der öffentlichen Ordnung und den Grundrechten zuwiderlaufen. So verurteilte das Amtsgericht München 2010 die als Alleinerbin eingesetzte Witwe eines Iraners, drei Viertel des Erbes an dessen Familie abzutreten, weil in gemischt nationalen Ehen das Erbrecht der Heimat des Verstorbenen maßgeblich ist. Im Iran werden Frauen benachteiligt, weil sie nur die Hälfte eines Mannes erben. Deshalb hofft die Witwe, in höheren Instanzen wegen eines Verstoßes gegen den deutschen Gleichheitsgrundsatz wenigstens die Hälfte des Erbes zu erhalten.

Manchmal begehen Richter aber auch einen unnötigen Kniefall: Mit Hinweis auf den Koran gestand 2007 eine Frankfurter Familienrichterin einem prügelnden Marokkaner ein „Züchtigungsrecht“ zu – und lehnte die vorzeitige Scheidung ab. 2014 bekam ein Afghane, der seine schwangere Ex-Freundin hinterrücks erstach, vom Landgericht Wiesbaden eine Art Rabatt (das Gericht wies den Vorwurf zurück) aufgrund der „Zwangslage seiner kulturellen und religiösen Herkunft“. Man verzichtete darauf, die „besondere Schwere der Schuld“ festzustellen. Der deutsche Staatsbürger wuchs in Deutschland auf und ging hier zur Schule! Seit 2002 gilt eigentlich laut dem Bundesgerichtshof, dass bis auf absolute Ausnahmefälle abweichende Wertvorstellungen in Urteilen keine Rolle spielen dürfen.

Paralleljustiz

Besonders in Bremen, Nordrhein-Westfalen und Berlin sind die Probleme mit islamischer Paralleljustiz inzwischen gravierend. Es ist allerdings zu vermuten, dass sie sich auch im Freistaat nicht nur gebildet hat, sondern zum Alltag gehört. Bayerns Justizminister Bausback initiierte dagegen eine Länderarbeitsgruppe. „Die Schattenjustiz macht an den Ländergrenzen nicht halt! Eine Paralleljustiz, die hinter verschlossenen Türen jenseits unserer demokratischen Rechtsordnung nach ihren eigenen Regeln arbeitet, hat in unserem Rechtsstaat nichts zu suchen. Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass sich in unserem Staat Räume entwickeln, in denen die Werte und Normen des Grundgesetzes nicht gelten.“ Im Mittelpunkt stehen sogenannte „Friedensrichter“, meist Autoritätspersonen wie Familienälteste oder Imame, die Streitigkeiten aller Art privat regeln. Der CDUBundestagsabgeordnete Patrick Sensburg berichtet von Fällen in Deutschland, wo solche Friedensrichter in Fußgängerzonen ihre Visitenkarten verteilten und damit warben, dass es bei der Verhandlung keine Sprachschwierigkeiten gebe. Er hält ihr Wirken für Strafvereitelung. „Die Justiz duldet keine Entscheidungen, die die Grundrechte unserer Verfassung ignorieren wie den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau“, sagt Bausback. Die Erfahrungen mit der Paralleljustiz seien in den Ländern sehr unterschiedlich. Zudem gebe es noch immer kaum empirische Erkenntnisse. „Wir brauchen dringend gemeinsame Lösungsstrategien gegen selbsternannte Hinterzimmerrichter!“

Allahs Gebote contra Grundgesetz

Bayern richtete als erstes Land Ende 2011 einen Runden Tisch „Paralleljustiz“ mit verschiedenen Experten ein. Andere Länder wie das rot-grün regierte Rheinland-Pfalz betrachten dagegen Schariagerichte als willkommene Entlastung ihrer Amtsgerichte, die „friedensstiftend“ wirken – ausgenommen Strafrechtsfälle. Die muslimische Juristin Seyran Ates warnte in der Zeit: „Staat und Gerichte kennen die muslimischen Milieus nicht, in denen Allahs Gebote mehr gelten als das Grundgesetz.“ Stattdessen warte man auf Zahlen und Statistiken als Beweis, bevor man endlich etwas unternehme.

Andreas von Delhaes-Guenther