36 Personen schleuste ein Österreicher Anfang Juli in diesem Kastenwagen. Bild: Bundespolizei
Staatsregierung

Bayern handelt: Grundlegende Änderung der gesamten Asylpolitik

Das bayerische Kabinett ist am Montag zu einer zweitägigen Klausur am Tegernsee zusammengekommen. Im Zentrum standen der Nachtragshaushalt für 2016 und vor allem die massiv steigenden Ausgaben für Flüchtlinge und Asylbewerber. Bayern wird unverzüglich verschiedene Maßnahmen in Angriff nehmen, um den Ansturm zu begrenzen.

Der Ministerrat hat sich zu Beginn seiner Klausurtagung in St. Quirin mit dem dramatischen Anstieg der Asylzahlen befasst und hierzu grundlegende asylpolitische Weichenstellungen beschlossen. „Wir stoßen bei den Asylbewerberzahlen in Bayern zunehmend an unsere Belastbarkeitsgrenzen“, betonte Ministerpräsident Horst Seehofer. Das gelte in organisatorischer Hinsicht, so etwa bei der Unterbringung: Immer mehr Kommunen klagten, dass sie keine Kapazitäten mehr für die Unterbringung von Asylbewerbern haben.

Was wir brauchen, ist eine grundlegende Änderung unserer gesamten Asylpolitik und ein asylpolitisches Maßnahmenpaket, das Bayern, den Bund und die EU umfasst.

Horst Seehofer

Das gelte aber auch in personeller Hinsicht: Bei allen beteiligten Stellen und Institutionen sei die Personaldecke am Limit. „Aber auch in finanzieller Hinsicht gerät Bayern mehr und mehr an die Belastungs- und Leistungsgrenze. Daher gilt es jetzt massiv entgegenzusteuern“, so Seehofer weiter. „Und wir müssen auch klar benennen, um was es geht, wenn Menschen ohne Schutzanspruch nach Deutschland kommen, wie zum Beispiel vom Westbalkan: Asylmissbrauch, der die Akzeptanz und großartige Hilfsbereitschaft in unserer Bevölkerung für Flüchtlinge schmälert und unsere Kapazitäten für Menschen mit Schutzanspruch verringert.“ Angesichts der Situation genügten auch keine kleinen Korrekturen mehr. „Was wir brauchen, ist eine grundlegende Änderung unserer gesamten Asylpolitik und ein asylpolitisches Maßnahmenpaket, das Bayern, den Bund und die EU umfasst“, machte der Ministerpräsident klar. Der Bund und die europäische Ebene müssten sich endlich mit der notwendigen Tiefe und dem notwendigen Tempo den anhaltenden Herausforderungen stellen.“

Wer jetzt ein Einwanderungsgesetz fordert, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt oder gibt sich der Illusion hin, dadurch die Zahl der Asylbewerber zu reduzieren.

Joachim Herrmann

Am Wochenende hat allein die Bundespolizei in Rosenheim 570 Flüchtlinge registriert. Innenminister Joachim Herrmann wies ´daher die von SPD- und Grünen-Politikern erhobene Forderung nach einem Einwanderungsgesetz zurück: „Angesichts der großen Flüchtlingsströme ist es doch völlig abwegig, nach noch mehr Zuwanderung zu rufen.“ Deutschland habe für Hochqualifizierte und Fachkräfte eines der liberalsten Zuwanderungsgesetze aller OECD-Staaten. Die bisherigen Regelungen seien bestens geeignet, den Bedarf Deutschlands an ausländischen Fachkräften zu decken. „Wer jetzt ein Einwanderungsgesetz fordert, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt oder gibt sich der Illusion hin, dadurch die Zahl der Asylbewerber zu reduzieren“, kritisierte Herrmann. Dazu brauche es aber kein Einwanderungsgesetz, sondern „entschiedene Maßnahmen gegen Asylmissbrauch“.

Entscheidend ist schnelles Handeln

Ministerpräsident Seehofer unterstrich, dass die asylpolitischen Maßnahmen zur Verringerung des Asylzustroms nicht auf die lange Bank geschoben werden dürften. Entscheidend sei jetzt schnelles, entschlossenes Handeln. Richtschnur seien die Ziele, die die Ministerpräsidenten am 18. Juni 2015 beschlossen haben. „Und das bedeutet die klare Unterscheidung: Jene, die Anspruch auf Schutz haben, und jene, die ohne Bleibeperspektive sind“, so Seehofer zum Grundproblem.

Bayern wird daher unverzüglich die Schaffung von Aufnahme- Einrichtungen für Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit im grenznahen Bereich in Angriff nehmen und die Verfahren hier bündeln und beschleunigen. Wo die beiden Einrichtungen geschaffen werden sollen, konnte Seehofer noch nicht sagen. Das werde „klug und vor allem unter Einbeziehung aller Beteiligten“ entschieden, betonte der Ministerpräsident. Start soll spätestens in drei Monaten sein, wobei in beiden Einrichtungen jeweils eine vierstellige Zahl von Flüchtlingen unterkommen soll. Auch Zeltstädte schloss Seehofer ausdrücklich nicht aus. „Schnelle Asylverfahren für Menschen ohne Bleibeperspektive sind für uns von zentraler Bedeutung, um unser Asylsystem zu entlasten“, so der Ministerpräsident. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass unter unseren Augen monatelang Asylmissbrauch geschieht, weil das Verfahren nicht schnell beendet und damit die Rückführungsvoraussetzungen geschaffen werden.“ Der Vorstoß sei mit dem Bund abgestimmt, hieß es.

Die Maßnahmen im Einzelnen

Im Einzelnen hat der Ministerrat folgende asylpolitische Maßnahmen beschlossen:

1. (Grenznahe) Aufnahme-Einrichtungen für Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit: In Bayern werden zwei möglichst grenznahe Aufnahme-Einrichtungen nur für Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit aus sicheren Herkunftsländern sowie aus Albanien, Kosovo und Montenegro geschaffen. Hierfür werden Einrichtungen mit ausreichenden Kapazitäten errichtet, an denen alle für eine schnelle Verfahrensabwicklung erforderlichen Behörden des Bundes und des Landes sowie die Verwaltungsgerichtsbarkeit vor Ort zusammenarbeiten:

  • Bundespolizei, Landespolizei und übrige Aufnahmeeinrichtungen leiten Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit direkt diesen Einrichtungen zu.
  • Registrierung (ggfs. Weiterleitung in andere Bundesländer), Gesundheitsuntersuchung und Asylantragstellung erfolgen innerhalb der drei ersten Tage in der Einrichtung.
  • In den Einrichtungen herrscht Vorrang für das Sachleistungsprinzip.
  • Die Beratung zur freiwilligen Ausreise setzt sofort ein. Zu jedem Zeitpunkt wird eine freiwillige Ausreise ermöglicht und unterstützt.
  • Anhörung, Entscheidung und Zustellung der Entscheidung durch das BAMF erfolgen binnen zwei Wochen.
  • Bei offensichtlich unbegründeten Anträgen wird innerhalb von zwei Wochen auch gerichtlich entschieden.
  • Abschiebungen erfolgen unmittelbar und kontinuierlich aus der Einrichtung nach der abschließenden endgültigen Entscheidung.
  • Ein politischer Leitungsstab aus Bund, Freistaat Bayern und Kommunen wird ab sofort die Umsetzung in die Wege leiten.

Die Forderungen Bayerns

Bürgerkriege, Terrorgewalt und wirtschaftliche Not verursachen laut Staatsregierung bisher nicht vorstellbare Flüchtlingszahlen und Wanderungsströme. Land und Kommunen in Bayern stünden angesichts des daraus resultierenden enormen Zustroms von Asylbewerbern in unser Land an ihrer Belastungs- und Leistungsgrenze. Dadurch, dass jede Prognose in immer kürzeren Zeiträumen von der Realität steigender Asylzahlen überholt werde, sei eine verlässliche und nachhaltige Finanzpolitik, wie sie Bayern auszeichnet, immer schwieriger. „Es ist deshalb an der Zeit zu handeln und dabei neue Wege zu gehen“, so die Erklärung von St. Quirin. „Ohne ein Handeln in Verantwortungsgemeinschaft von Bund und Ländern, das einerseits den massenhaften Asylmissbrauch in Deutschland beendet und andererseits berechtigt Asylsuchenden viel schneller als bisher echte Bleibeperspektiven eröffnet, drohen unsere Systeme auf allen Ebenen zu kollabieren.“

Die Ministerpräsidenten hätten in diesem Sinn am 18. Juni 2015 einstimmig beschlossen, dass bei allen Maßnahmen klar unterschieden werden muss zwischen jenen, die Anspruch auf Schutz haben, und jenen, die diesen Anspruch nicht haben und denen infolgedessen keine Bleibeperspektive zukommt. Die Staatsregierung ist entschieden gegen ein Einwanderungsgesetz, weil es bestehende Probleme nicht lösen wird. Die Staatsregierung forderte deshalb die unverzügliche Umsetzung des MPK-Beschlusses:

1. Die Verfahren für Asylbewerber sind rasch zu beschleunigen. Dazu fordert die Staatsregierung vom Bund:

  • die rasche personelle Verstärkung des BAMF (Einstellung der 1000 zusätzlichen Mitarbeiter in 2015 und Schaffung der weiteren 1000 Stellen für 2016) und
  • den Abbau der über 237.000 Bestandsverfahren. Dazu muss der Bund baldmöglich, jedenfalls aber vor den zugangsstärksten Monaten ab Herbst 2015 die vier Entscheidungszentren für einen geclusterten effektiven Verfahrensablauf schaffen.

2. Eine besondere Beschleunigung ist bei Asylbewerbern ohne Schutzgrund notwendig. Hierzu muss:

  • die Gesamtaufenthaltsdauer in Deutschland für Asylbewerber mit besonders niedriger Schutzquote von EASY-Registrierung bis Aufenthaltsbeendigung auf wenige Wochen (max. 3 Monate) verkürzt werden
  • der Bund die Länder bei der Rückführung unterstützen.

3. Bundesweite Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen mit Wirkung ab 1.1.2016 sowie schnellstmögliche Erarbeitung eines Übergangskonzepts bis zum Inkrafttreten des Gesetzes. Bald jeder zweite unbegleitete Minderjährige ist in Bayern untergebracht. Ziel ist ein dauerhafter gerechter Kosten- und Lastenausgleich zwischen den Ländern sowie eine Überprüfung der Jugendhilfestandards.

Weiter fordert Bayern vom Bund:

  1. die Aufnahme von Albanien, Kosovo und Montenegro in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten des Asylverfahrensgesetzes. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob weitere, insbesondere afrikanische Staaten, in diese Liste aufgenommen werden können.
  2. eine Initiative der Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission zur Wiedereinführung der Visapflicht für Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, EJR Mazedonien, Montenegro und Serbien.
  3. die Ausweitung von Leistungskürzungen nach § 1a AsylbLG für Personen aus sicheren Herkunftsländern oder deren Asylanträge als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden.
  4. Ein gesetzliches Verbot der Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen an Asylbewerber, die aus sicheren Herkunftsstaaten stammen oder deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, sowie an Asylbewerber, deren Überstellung im Dublin-Verfahren angeordnet ist. Andererseits müssen alle Asylbewerbern mit hoher Bleibeperspektive sehr schnell in die Lage versetzt werden, ihren Lebensunterhalt eigenständig zu sichern.
  5. die Wiedereinführung der generellen räumlichen Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde (Residenzpflicht) für Asylbewerber, die aus sicheren Herkunftsstaaten stammen oder  deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, sowie für Asylbewerber, deren Überstellung im Dublin-Verfahren angeordnet worden ist.
  6. die Abschaffung der Duldung für Asylbewerber, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, durch Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Diese Ausländer erhalten nur noch ein Papier, in dem ihre Ausreisepflicht bescheinigt wird. Damit entfällt auch die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis.
  7. die Schaffung der Möglichkeit, dass Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive auch länger als drei Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben können.
  8. die massive Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in den Westbalkanstaaten, um die Botschaft zu verbreiten, dass sich das Kommen nach Deutschland nicht lohnt und sogar eine Wiedereinreisesperre droht, die für den gesamten Schengenraum gilt.
  9. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Abschiebungspraxis in Deutschland dürfen Abschiebestopp-Erlasse der Länder nur im Einvernehmen mit dem BMI oder durch IMK-Beschluss erfolgen. Dadurch werden Wintererlasse einzelner Länder ausgeschlossen.
  10. Abschiebungen nach Ablauf der Ausreisepflicht dürfen grundsätzlich nicht angekündigt werden.
  11. Der Bund muss bei der in diesem Jahr anstehenden Umsetzung der EU-Vorgaben zur Unterbringung von Asylbewerbern der veränderten Situation beim Zugang von Asylbewerbern Rechnung tragen. Die Ausgestaltung von Unterkünften muss menschenwürdig sein, darf aber keinen zusätzlichen Anreiz schaffen, nach Deutschland zu kommen.
  12. Der Bund muss sich an Wohnraumprogrammen der Länder in Höhe von mindestens 2 Mrd. € jährlich beteiligen. Da in vielen Regionen der Wohnungsmarkt bereits heute sehr angespannt ist, sind massive Investitionen in den Wohnungsmarkt notwendig, um soziale Verwerfungen in Folge der vielen Flüchtlinge, die dauerhaft bei uns bleiben, zu vermeiden.

Außerdem forderte Bayern auch von der Europäischen Union, endlich zu handeln:

  1. Bayern stellt fest, dass die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU nach wie vor zu einer einseitigen Belastung einiger weniger Mitgliedstaaten führt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Vorschläge der EU-Kommission in ihrer Migrationsagenda vom 13. Mai 2015 bittet Bayern daher die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene weiterhin für eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in Form von festen Verteilungsquoten einzusetzen.
  2. Bayern fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen einzusetzen. Hierzu gehört auch eine bessere Unterstützung der betroffenen Mitgliedstaaten durch die Europäische Union. Ebenso ist eine verstärkte sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Drittstaaten und Außengrenzschutzkooperationen (bilateral und/oder europäisch) notwendig. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Grenzüberwachung – auch durch gemeinsame Aktionen mit FRONTEX – verstärken.
  3. Bayern erinnert daran, dass das EU-Asylsystem nach Dublin III von allen Mitgliedstaaten konsequent umgesetzt werden muss. Die Praxis einiger Mitgliedstaaten, Flüchtlinge bei der Ersteinreise nicht (ausreichend) zu registrieren, ist inakzeptabel.
  4. Die Rückführung der Asylsuchenden in neu zu schaffende europäische Asylzentren in Nordafrika, in denen ein europäischen Standards entsprechendes Prüfverfahren durchzuführen ist, halten wir für sinnvoll.
  5. Außerdem sollten die Bemühungen Ungarns zur Bewältigung des Asylbewerberzugangs aus dem Westbalkan unterstützt werden, insbesondere sollte die Einrichtung von Zentren zur Aufnahme von Flüchtlingen mit dem Ziel einer raschen Bearbeitung und Rückführung abgelehnter Bewerber in ihre Herkunftsländer angeregt und unterstützt werden.
  6. Die EU muss im Rahmen der laufenden Verhandlungen mit Griechenland auch die Asylpolitik mit einbeziehen, so dass in Griechenland umgehend ein funktionierendes Asylsystem ggf. mit finanzieller Unterstützung der EU geschaffen wird.
  7. Die EU muss insbesondere den Kampf gegen kriminelle Schlepper und Menschenhändler weiter intensivieren, möglichst auf der Grundlage eines UN-Mandats.
  8. Bayern bittet die Bundesregierung, die EU bei der verstärkten Seenotrettung im Mittelmeer weiterhin in angemessenem Maße zu unterstützen.ayern stellt fest, dass der Außen- und Entwicklungshilfepolitik der EU eine wesentliche Rolle bei der Bekämpfung der Fluchtursachen zukommt. Notwendig ist vor allem eine konzentriertere wirtschafts- und außenpolitische Zusammenarbeit mit den Hauptherkunftsländern und Haupttransitstaaten. Durch zielgerichtete gemeinsame Aktionen kann die EU dort ihren Beitrag zur Stabilisierung und zur Schaffung von Lebensperspektiven leisten. Bayern bittet daher die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für eine kohärentere und konzentriertere
  9. Außen- und Entwicklungspolitik der EU einzusetzen mit dem Ziel einer verstärkten Mittel- und Ressourcenallokation in den Krisen- und Transitstaaten. Zudem bittet Bayern die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, auch Mittel aus dem Bereich der Europäischen Nachbarschaftspolitik zur Fluchtursachenbekämpfung zur Verfügung zu stellen.
  10. Bayern fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene für die Einsetzung eines EU-Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen auszusprechen, der sämtliche Aspekte des komplexen Themas in einer Institution fachlich und politisch zusammenführt und koordiniert.

Nach den Worten von Ministerpräsident Horst Seehofer gerät der bayerische Nachtragshaushalt inzwischen aus den Fugen: Nicht Investitionsquote, Personalbedarf und Schuldenrückzahlung dominierten die Diskussion, sondern die asylbedingten Ausgaben für 2016. Schon in diesem Jahr rechnet Bayern mit Ausgaben von einer Milliarde Euro – für das nächste Jahr werden 2,3 Milliarden Euro erwartet.

Zustimmung durch den Bayerischen Landkreistag

Bayerns Landkreise versprechen sich Entlastung durch Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber an den Grenzen, die bei der Kabinettsklausur in St. Quirin beschlossen wurden.

Das ist keine Frage des Wollens, sondern ganz einfach der hohen Zugangszahlen.

Landkreistagspräsident Christian Bernreiter

Landkreistagspräsident Christian Bernreiter ist dankbar für die schnelle Reaktion von Ministerpräsident Seehofer angesichts der dramatischen Lage. Bernreiter hatte sich in der vergangenen Woche mit einem Hilferuf der bayerischen Landräte an Seehofer gewandt. Bei täglichen Aufgriffszahlen von bis zu 1400 Personen im Freistaat bewegten sich die Landkreise laut Bernreiter am Rand des Machbaren. „Das ist keine Frage des Wollens, sondern ganz einfach der hohen Zugangszahlen“, stellte der Landkreistagspräsident klar.

Während überall in Bayern Erst- und Notaufnahmeeinrichtungen heillos überfüllt sind, könne man neue Unterbringungsmöglichkeiten nur noch unter größten Schwierigkeiten realisieren. Es rege sich verständlicher Widerstand in der Bevölkerung dagegen, weitere Turnhallen und sonstige öffentliche Gebäude als Notunterkünfte zu nutzen und damit der eigentlichen Bestimmung zu entziehen. Neubauten und auch Interimsmaßnahmen wie Container brauchen hingegen Zeit – welche die Kommunen angesichts immer höherer Prognosen nicht haben. Als Abhilfe drängt der Landkreistagspräsident auch auf gesetzliche Änderungen für genehmigungsfähige, rechtssichere Grundstücke.

Das schafft zusätzliche Aufnahmekapazitäten in winterfesten Quartieren. Nur so kann das Überleben des Systems garantiert werden!

Landkreistagspräsident Christian Bernreiter

Mit der Entscheidung, größere Einrichtungen grenznah in absehbarer Zeit zu errichten, werde sich die Lage dann erst einmal entschärfen. „Das schafft zusätzliche Aufnahmekapazitäten in winterfesten Quartieren. Nur so kann das Überleben des Systems garantiert werden!“, erklärt Christian Bernreiter. Bayerns Landkreise sichern weiterhin ihren ganzen Einsatz für die Bewältigung des Zustroms an Asylbewerbern zu, so der Landkreistagspräsident weiter. Aber: „Ein einfaches ,Weiter so‘ darf es auch nach dieser Entscheidung des Kabinetts nicht geben.“ Die Forderungen der Bayerischen Staatsregierung an EU, Bund und alle Länder werden ausdrücklich unterstützt. Man erwarte von Bund und Ländern, dass endlich gesetzliche Vorgaben geschaffen werden, die einerseits den Schutz von wirklich Verfolgten sicherstellen, andererseits die Akzeptanz in unserer Bevölkerung weiterhin gewährleisten und zu guter Letzt die Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht erdrosseln.

Weitere Themen der Klausur

Grundsätzlich war Seehofer zufrieden über den in St. Quirirn ausgehandelten Nachtragshaushalt: „Es ist gut gearbeitet worden am Wochenende. Wir haben jetzt vernünftige Beratungsgrundlagen.“ Zweites offizielles Thema der Klausur war die Digitalisierung. Als zusätzliche Mittel kommen vom Bund 97 Millionen Euro. Auch wurde offiziell beschlossen, dass Wirtschaftsministerin Ilse Aigner innerhalb von vier Jahren 200 Millionen Euro zur Förderung der Digitalisierung in Bayerns Unternehmen ausgeben kann.

EU: Neuer Versuch, die Asylbewerber zu verteilen

Im zweiten Anlauf versuchen die EU-Innenminister heute, sich bei der Umverteilung Zehntausender Flüchtlinge in Europa zu einigen. Dabei geht es um 40.000 Menschen, die als Bootsflüchtlinge in Italien oder Griechenland angekommen sind. Diese beiden Länder sollen entlastet werden. Außerdem sollen 20.000 Menschen aus den Flüchtlingslagern in Nordafrika in Europa unterkommen. Anfang Juli haben sich die EU-Staaten nicht auf verbindliche Zahlen für die jeweiligen Staaten einigen können. Großbritannien und eine Reihe osteuropäischer Länder stemmten sich gegen verpflichtende Quoten. Deshalb soll jetzt jedes einzelne Land erklären, wie viele Flüchtlinge es aufnehmen wird. Deutschland hat bereits angekündigt, 12.000 Menschen eine Bleibe zu bieten.