Der IS und seine Anhänger sind die größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, (Bild: Imago/Waseem Andrabi/Hindustan Times)
Verfassungsschutzbericht

Gefahr durch Salafisten und Rechtsextreme

Der radikale Salafismus und der islamistische Terrorismus sind die größten Gefahren für die freiheitlich-demokratisch Grundordnung, heißt es im neuen Verfassungsschutzbericht 2014, der in Berlin vorgestellt wurde. Gleichzeitig bereitet der starke Anstieg der Zahl der Gewaltdelikte von Rechtsextremisten dem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) große Sorgen.

Die Terrorgefahr in Europa wächst nach Einschätzung des Verfassungsschutzes desto mehr, je länger die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien und im Irak ein staatsähnliches Gebiet beherrschen kann. „Die militärischen Erfolge des IS und die Ausrufung des Kalifats haben zu einer neuen Dimension terroristischer Bedrohung geführt“, heißt es im neuen Verfassungsschutzbericht, der in Berlin vorgestellt wurde.

Sollte sich der IS auf längere Sicht in einem größeren Gebiet etablieren, hätte der „transnationale“ Dschihad mehr noch als vor einigen Jahren im Afghanistan der Taliban ein „logistisches Zentrum“. Dadurch würden die Terroristen in die Lage versetzt, auch komplexe Attentate zu koordinieren. Die Proklamation des sogenannten Kalifats und die militärischen Erfolge sorgten für eine euphorische Stimmung bei Dschihadisten auch in Europa, heißt es in dem Bericht. Die Folge sei eine ständig steigende Reisewelle zur Unterstützung des IS.

Salafisten rekrutieren in Deutschland Dschihadisten für den IS

Alarmiert zeigten sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen über die zunehmende Zahl von Menschen, die von Deutschland aus als ausländische Kämpfer nach Syrien oder in den Irak ziehen. Unterstützt werde die Rekrutierung durch eine salafistische Szene in Deutschland, die mittlerweile 7500 Mitglieder zähle, sagte Maaßen. Fast ausnahmslos alle Personen mit Bezug zu Deutschland, die sich extremistischen Gruppen im Nahen Osten angeschlossen hätten, standen demnach mit salafistischen Strukturen in Verbindung.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der IS seit der Ausrufung des Kalifats vor einem Jahr immer wieder dazu auffordere, weltweit Anschläge zu verüben: „Auch Deutschland steht damit im Zielspektrum islamistischer Terroristen.“

Deutlich mehr rechtsextreme Attacken auf Asylbewerberunterkünfte

Erschreckend auch die Entwicklung im Bereich des Rechtsextremismus: Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 23,6 Prozent auf 990 gestiegen. Dies ist der höchste Stand seit 2008, wie aus dem in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2014 hervorgeht. Als besonders besorgniserregend stufen die Verfassungsschützer dabei den Anstieg fremdenfeindlicher Gewalttaten und die steigende Zahl von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte ein. Bei den meisten rechtsextremen Straftaten ging es um Sachbeschädigung und fremdenfeindliche Propaganda.

Besorgnis errege der Anstieg von Gewalttaten gegen Fremde und von rechtsmotivierten Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte, sagte de Maizière. Seit Jahresbeginn wurden bereits 175 strafbare Aktionen von Rechtsextremisten gegen Asylbewerberunterkünfte registriert. Schon im gesamten Jahr 2014 hatte sich die Zahl der Attacken auf Flüchtlingsheime deutlich erhöht: auf 198. „Hass und Gewalt gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland sind beschämend“, so de Maizière. Deutschland habe „eine Verantwortung gegenüber denjenigen, die Schutz in Deutschland suchen“.

Gleichzeitig ging die schiere Anzahl der behördenbekannten Rechtsextremisten leicht zurück. Die Zahl von Gewalttaten aus dem linken Spektrum stagniert den Angaben zufolge mit 995 Übergriffen auf dem Niveau des Vorjahres.

Stephan Mayer: Islamisten sind die größte Gefahr

„Der islamistische Terrorismus steht weiterhin an erster Stelle“ der Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, betont der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU). „Wir haben erst jüngst wieder erfahren müssen, dass Anschläge fanatisierter Islamisten auch jederzeit bei uns in Europa oder angrenzenden Staaten erfolgen können – und das mit einer bisher nicht gekannten Brutalität.“

Stephan Mayer warnt davor, die Welle der Ausreisen aus Deutschland in den Dschihad auf die leichte Schulter zu nehmen: „Gerade im Hinblick auf die nach Syrien und den Irak ausgereisten und mittlerweile teilweise wieder heimkehrenden Dschihadisten wird deutlich, wie wichtig eine umfassende und möglichst frühe Aufklärung solcher Radikalisierungen ist. Nur wenn wir diese Personen rechtzeitig identifizieren, können wir wirkungsvolle Gegenmaßnahmen bis hin zu einem Ausreiseverbot und Strafverfahren ergreifen“, so Mayer. Bundesinnenminister de Maizière habe „zu Recht die hohe Bedeutung von Prävention und Deradikalisierung im Kampf gegen den religiös motivierten Fanatismus hervorgehoben. Hier sind auch die Moscheegemeinden gefordert“, betont der CSU-Politiker.

Stephan Mayer: Verfassungsschutz wichtiger denn je

Die Politik stehe aber auch im Bereich des Links- und Rechtsextremismus vor großen Herausforderungen, so Mayer. „Der Anstieg rechtsextremistischer Gewalttaten um nahezu 24 Prozent ist ebenso besorgniserregend wie die auf hohem Niveau stagnierte Zahl linksextremistischer Gewalttaten. Hier gilt es entschlossen gegenzusteuern, um deutlich zu machen, dass für Hass und Gewalt, unabhängig von ihrer Motivation, in unserer Gesellschaft kein Platz ist“, betont Mayer.

Als weitere in ihrer Bedeutung stark gewachsene Aufgabe nennt Mayer die Spionageabwehr durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. „Es ist dringend erforderlich, dass wir ein umfassenderes Bild als bisher über die Cyberspionage, gleich durch welchen Staat auch immer, erhalten. Nur so können wir über effektive Gegenmaßnahmen entscheiden“, so der CSU-Innenpolitiker.

An diesem Freitag wolle der Bundestag das „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“ abschließend beraten, erinnerte Mayer. „Hierdurch werden wir das Bundesamt für Verfassungsschutz in seiner Rolle als Zentralstelle des Verfassungsschutzverbundes stärken und seine Aufgaben und Befugnisse in wesentlichen Bereichen klarer als bisher regeln. Der Verfassungsschutzbericht führt uns erneut eindrucksvoll vor Augen, dass in einer wehrhaften Demokratie ein starker Verfassungsschutz unverzichtbar ist.“

wog/dpa