Der massenhafte Ansturm von Asylbewerbern vom Westbalkan, vor allem aus dem Kosovo, führte dazu, dass im Februar 2015 sogar der ehemalige VIP-Bereich des Münchner Olympiastadions als Aufnahmelager dienen musste. Auf dem Westbalkan gibt es aber keine politische Verfolgung. (Bild: imago/Michael Westermann)
Asylrecht

Den Missbrauch bekämpfen

Knapp die Hälfte aller Asylbewerber in Deutschland im Jahr 2015 kommt vom Westbalkan, wo es keine politische Verfolgung gibt. Und: Allein der Freistaat Bayern muss für die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber binnen zwei Jahren drei Milliarden Euro ausgeben. Der BAYERNKURIER stellt einige Zahlen zum Thema Asylmissbrauch und seine Kosten zusammen.

Der augenscheinliche Missbrauch des Asylrechts hat laut Zahlen der bayerischen Staatskanzlei einen geographischen Ursprung: Den Westbalkan, vor allem das Kosovo und Albanien. Von Anfang Januar bis Ende Mai 2015 kamen insgesamt 141.905 Menschen nach Deutschland, die Asyl beantragten. Davon stammen allein 68.068 Menschen, also genau 47,9 Prozent, vom Westbalkan, genauer aus den fünf Staaten Kosovo, Albanien, Serbien, Mazedonien und Bosniern-Herzegowina. Allein etwa ein Drittel der Asylbewerber in Deutschland kommt aus dem Kosovo und Albanien.

In den Ländern des Westbalkans herrscht nach allgemeiner Einschätzung teilweise Armut, aber doch Demokratie, Stabilität und Frieden. Politische Verfolgung oder gar Krieg gibt es dort schon seit vielen Jahren nicht mehr. Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien sind zudem seit 2014 offiziell als sichere Herkunftsländer anerkannt. Daher und aufgrund ihrer äußerst niedrigen Anerkennungsquote dürfen diese Menschen als Wirtschaftsflüchtlinge gelten.

Nach einer Zusammenstellung der bayerischen Staatskanzlei, die dem BAYERNKURIER vorliegt, beantragten beispielsweise mehr Menschen aus dem Kosovo Asyl in Deutschland als „echte“ Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg und IS-Terror erschütterten Syrien. Und: Aus Albanien und Serbien kamen mehr Asylbewerber als aus dem gebeutelten Irak. Im Einzelnen haben die Asylbewerber der ersten fünf Monate 2015 in Deutschland folgende Herkunftsländer (erste zehn Plätze): Kosovo 29.747, Syrien 26.250, Albanien 16.250, Serbien 13.502, Irak 6961, Afghanistan 5889, Mazedonien 5140, Bosnien-Herzegowina 3429, Eritrea 2504, Nigeria 2177.

Minimale Anerkennungsquote für Kosovaren, Albaner, Serben, Mazedonier und Bosnier

Als Gradmesser für das Ausmaß des Asyl-Missbrauchs gilt immer der Grad der Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – beziehungsweise durch deutsche Gerichte, im Fall von Klagen gegen Ablehnungsbescheide. Die Asylbewerber vom Westbalkan (Kosovo, Albanien, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina) weisen eine extrem niedrige, geradezu marginale Anerkennungsquote von 0,1 bis 0,4 Prozent auf. Dagegen erhalten die allermeisten Syrer (84,4 Prozent) und Iraker (90,4 Prozent) anstandslos das Recht auf Asyl in Deutschland zugesprochen.

Diese Zahlen untermauern die Forderung der CSU nach deutlicher Beschleunigung der Asylverfahren für Asylbewerber vom Westbalkan, nach konsequenter Abschiebung abgelehnter Bewerber sowie nach der Anerkennung des Kosovo und Albaniens als sichere Herkunftsländer. Die Bekämpfung des offensichtlichen Missbrauchs soll die bisher bemerkenswert große Bereitschaft der Bevölkerung sicherstellen, auch weiterhin wahrhaft Schutzbedürftige zu unterstützen.

Allein Bayern muss drei Milliarden Euro zahlen

Denn der massenhafte Missbrauch des Asylrechts geht richtig ins Geld: Der Freistaat Bayern muss 2015 und 2016 voraussichtlich drei Milliarden Euro für die Betreuung von Asylbewerbern insgesamt ausgeben. Diese Zahl nannte das bayerische Finanzministerium auf BAYERNKURIER-Anfrage. Der Betrag umfasst laut Ministerium „alle für die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber erforderlichen Aufwendungen, also insbesondere für Unterkunft in Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Unterbringungen, Anmietungen, Baumaßnahmen, Heizung, Kleidung, Gesundheitsversorgung, Ernährung, Bargeldleistungen und so weiter“.

Wenn also knapp die Hälfte der Asylbewerber von vornherein missbräuchlich kommt, wären das 1,5 Milliarden Euro vermeidbare Kosten allein für Bayern binnen zwei Jahren. Eine Besonderheit kommt dazu: In Bayern ist das Land, also der Freistaat, Kostenträger auch für die Anschlussunterbringung und erstattet den Kommunen bei dezentraler Unterbringung die notwendigen Kosten, wie das Ministerium weiter erklärt. Beispielsweise in Nordrhein-Westfalen lässt das Land die ohnehin hochverschuldeten Kommunen mit diesen Kosten allein. In vielen anderen Ländern ist die Anschlussunterbringung, also die Zeit nach der Erstaufnahme in kommunaler Zuständigkeit mit unterschiedlichen Kostenerstattungsregelungen seitens des Landes. Beispielsweise lässt ausgerechnet Nordrhein-Westfalen seine ohnehin hoch verschuldeten Kommunen weitgehend allein mit diesen Kosten.

Verdoppelte Bundes-Unterstützung scheint immer noch knapp bemessen

Der berechneten Zahl von drei Milliarden Euro für 2015 und 2016 liegt laut Ministerium die voraussichtliche Zahl von 70.000 Asylbewebern zugrunde, die allein im Jahr 2015 in Bayern untergebracht werden müssen. Diese Zahl bezieht sich wiederum auf eine Angabe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg zur Grundlage, das mittlerweile für ganz Deutschland von 450.000 Asylbewerbern (2015) ausgeht.

Gegenüber der Zahl von 1,5 Milliarden Euro allein für 2015 in Bayern erscheint die Zahl von einer Milliarde, mit der der Bund allen 16 Ländern die Asyl-Lasten heuer erleichtern will, durchaus knapp, wie das Ministerium bestätigt: „Der gemeinsame Beschluss zur Asyl- und Flüchtlingspolitik sieht vor, dass sich der Bund ab 2016 strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen, beteiligen wird. Hierzu wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, Entscheidungen sollen im Herbst 2015 getroffen werden.“

Die vielzitierte „Verdopplung“ der Bundeshilfen auf eine Milliarde Euro Bundes-Hilfen auf dem letzten „Flüchtlingsgipfel“ im Kanzleramt ist zustandegekommen, indem die für 2016 vorgesehenen 500 Millionen Euro angesichts des großen Asylbewerber-Ansturms um ein Jahr vorgezogen wurden.