Der Mann mit der Zigarre: Dem früheren Bundeswirtschaftsminister und Erfinder der Sozialen Marktwirtschaft wird mit dem Ludwig-Erhard-Zentrum in Fürth ein dauerhaftes Denkmal gesetzt. (Foto: Wolfram Göll)
Ludwig Erhard

Der Vater des Wirtschaftswunders

Mit viel politischer Prominenz wurde das Ludwig-Erhard-Zentrum in Fürth offiziell eingeweiht. Das Ausstellungs-, Begegnungs- und Forschungszentrum steht in der Tradition des ersten Bundeswirtschaftsministers und Vaters der Sozialen Marktwirtschaft.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) sind nach Fürth gekommen, um einen der größten Politiker der Nachkriegszeit zu ehren: Ludwig Erhard, den wohl bekanntesten Sohn der Stadt Fürth. Denn der „Mann mit der Zigarre“ war erster Bundeswirtschaftsminister, Vater des Wirtschaftswunders und Co-Erfinder der Sozialen Marktwirtschaft.

Ich hoffe, dass Erhards Konzeption der Sozialpartnerschaft als Grundlage für unseren Wohlstand erkannt wird.

Christian Schmidt (CSU), Bundesminister a.D.

Das neue Ludwig-Erhard-Zentrum hat sich ein großes Ziel gesetzte: Es will ein Ausstellungs-, Dokumentations-, Begegnungs- und Forschungszentrum sein. „Die Besucher erwartet ein deutschlandweit einmaliges Konzept“, erklärte die Initiatorin und Vorsitzende des Ludwig-Erhard-Initiativkreises Fürth, Evi Kurz, zur Eröffnung. Kurz ist einer breiteren Öffentlichkeit als Moderatorin im BR-Fernsehen bekannt. „Heute ist ein Tag großer Freude für Fürth. Die Initiatoren um Evi Kurz haben einen Markstein für eine selbstbewusste Stadt und ihre Bürger gesetzt“, lobt der frühere Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU), der seinen Wahlkreis in Fürth hat. Die Soziale Marktwirtschaft ist für Schmidt so aktuell wie eh und je: „Ich hoffe, dass Erhards Konzeption der Sozialpartnerschaft als Grundlage für unseren Wohlstand erkannt wird und wundere mich nur über manche Kritikasterei von links.“

Wertgebundene Wirtschaftsidee für alle

Über die Proteste der etwa 30 linksradikalen Demonstranten vor dem Haus sagt Christian Schmidt: „Das hat Ludwig Erhard nicht verdient. Mag sein, dass mancher Linker lieber unter dem Karl-Marx-Denkmal in Trier jubilieren und agitieren möchte.“ Das neue Zentrum lobt Schmidt in den höchsten Tönen: „Ich kann nur uns allen empfehlen, einen großen Schluck Freude und Stolz aus der Flasche der Geschichte der Freiheit und Marktwirtschaft zu nehmen. Aufgabe des neuen Ludwig-Erhard-Zentrums wird es sein, für die Herausforderungen der Zukunft in einer digitalen und globalen Welt eine wertgebundene Wirtschaftsidee für uns alle zu formulieren und für alle zu übersetzen.“

Ludwig Erhard ist die Verkörperung eines wichtigen Kapitels deutscher Zeitgeschichte. Sein Name steht für den wirtschaftlichen Wiederaufbau und den sozialen Ausgleich unseres Landes.

Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister

Auch Innenminister Herrmann lobt das neue Zentrum und den Namensgeber: „Ob als bayerischer Wirtschaftsminister, Bundesminister für Wirtschaft oder Bundeskanzler: Ludwig Erhard ist die Verkörperung eines wichtigen Kapitels deutscher Zeitgeschichte. Sein Name steht für den wirtschaftlichen Wiederaufbau und den sozialen Ausgleich unseres Landes.“ Insbesondere das hinter der Sozialen Marktwirtschaft stehende christliche Menschenbild würdigte der Innenminister: „Er hat mit seiner Kombination aus Freiheit und Verantwortung und der grundsätzlichen Ablehnung von Staatsverschuldung den ökonomischen und ethischen Rahmen für das deutsche Wirtschaftswunder geschaffen. Mit dem neuen Ludwig-Erhard-Zentrum haben wir jetzt einen besonders würdigen Platz für seine außerordentlichen Verdienste und sein großartiges Vermächtnis gefunden.“

Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzler

Das Zentrum beschäftigt sich mit dem Leben und Wirken Ludwig Erhards. Der gebürtige Fürther ist der Vater des deutschen Wirtschaftswunders nach der totalen Zerstörung des Landes im Zweiten Weltkrieg sowie neben Alfred Müller-Armack Co-Erfinder der Sozialen Marktwirtschaft, die als „dritter Weg“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus genau den Idealen der katholischen Soziallehre und der evangelischen Sozialethik entspricht. 1949 wurde Erhard zum ersten Bundeswirtschaftsminister ernannt, 1963 wurde er zum Bundeskanzler gewählt. Skurriles am Rande: Obwohl Ludwig Erhard auch einige Jahre CDU-Vorsitzender war, ist bis heute ungeklärt, ob er formal überhaupt CDU-Mitglied war.

Auf einer Fläche von 1200 Quadratmetern bietet das Zentrum den Besuchern eine Dauerausstellung. Sie beginnt in den Räumen des Geburtshauses Erhards, in denen die jungen Jahre des Wirtschaftsexperten beleuchtet werden. Dann wechseln die Besucher in den Neubau direkt gegenüber. Im Mittelpunkt steht dort die politische Karriere Erhards ab 1945.

Private Fotos und Eheringe

Für die Ausstellung habe der Verein viele Originalstücke aus dem Leben Erhards zusammengetragen, sagte Evi Kurz gegenüber dem Bayerischen Rundfunk: „Wir haben Bilder aus der Familie bekommen. Das sind für uns Sensationsfunde, weil wir sehen, wie es tatsächlich in der Wohnung Ludwig Erhards aussah. Wir haben die Eheringe von Ludwig Erhard. Das ist etwas ganz Besonderes und Persönliches.“ Rund 50 Medienstationen sollen vor allem junge Leute ansprechen. Aber auch die Jüngsten sollen in dem Zentrum etwas mitnehmen: Für Grundschüler wurde ein Lernsupermarkt eingerichtet, in dem sie spielend das Einkaufen lernen können. Sogar Kindergeburtstage könnten dort gefeiert werden, so Kurz.

Zu Diskussionen soll der „Zukunftsraum“ im zweiten Stock des Neubaus anregen. Die Initiatoren wollen zeigen, wie „hochaktuell Erhards Wirtschaftskonzept noch heute für die Themen Globalisierung, Digitalisierung und demographischen Wandel ist“, sagte Kurz. Auch Studenten sollen zu Erhards Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft am neugeschaffenen Lehrstuhl im Zentrum forschen. Die Kosten für das gesamte Projekt betragen rund 18 Millionen Euro. Das Geld kommt vom Bund, dem Freistaat, der Stadt Fürth und der privaten Stiftung Ludwig-Erhard-Haus. Unmut erregte die Architektur des Neubaus: Der „Betonklotz“ gefällt nicht allen Fürthern. Interessierte Menschen müssen sich noch gedulden: Die allgemeine Eröffnung ist erst am 20. Juni.