Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt beim Interview mit dem BAYERNKURIER. (Bild: Wolf Heider-Sawall)
Koalition

Kontrolle der Zuwanderung als Bedingung

Alexander Dobrindt (CSU) macht eine Zuwanderungskontrolle zur Bedingung der Jamaika-Koalition. Ähnlich hatte sich CDU-Präsidiumsmitglied Spahn geäußert: er pocht auf eine Verankerung des Migrations-Kompromisses von CDU und CSU im Koalitionsvertrag.

Nach dem optimistischen Start der Jamaika-Sondierungen bringen sich CDU, CSU, FDP und Grüne für die schwierige Diskussion über Einzelthemen in Stellung. „Solide Finanzen, keine Schulden, Steuerentlastung und ordentliche Zukunftsinvestitionen“, nannte CSU-Chef Horst Seehofer vor einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der engsten Unionsspitze in Berlin als zentrale Punkte. Die CSU will nun rasch auch über soziale Themen wie die Zukunft von Rente und Pflege reden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will eine Verschärfung der Migrationspolitik zur Bedingung für eine Jamaika-Koalition der Union mit FDP und Grünen machen. Der Bild sagte Dobrindt: „Wir gehen nur in eine Koalition, die sicherstellt, dass unkontrollierte Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr möglich ist.“ Dafür brauche Deutschland bundesweit Entscheidungs- und Rückführungszentren, in der sich jeder Flüchtling aufhalten müsse, bis sein Antrag geprüft sei.

Rückendeckung für CSU-Chef

Der Rechtsstaat müsse uneingeschränkt handlungsfähig und auch handlungsbereit sein. „Wer als Flüchtling Unrecht oder Gewalt nach Deutschland bringt, muss konsequent abgeschoben werden“, sagte Dobrindt. Rückendeckung signalisierte der CSU-Landesgruppenchef für seinen Parteivorsitzenden Horst Seehofer. Da die Jamaika-Verhandlungen eine der „schwierigsten Herausforderungen für die CSU seit Jahrzehnten“ sei, erwarte er einen „respektvollen Umgang“ mit den Verhandlungsführern.

Wer als Flüchtling Unrecht oder Gewalt nach Deutschland bringt, muss konsequent abgeschoben werden.

Alexander Dobdindt

Auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn pocht auf eine Verankerung der Migrations-Vorhaben der Union in einem Jamaika-Bündnis. „Unser Kompromiss muss der Kern der Migrationspolitik von Jamaika sein“, sagte Spahn der Welt am Sonntag. „Aber FDP und Grüne können ihn ja noch mit guten Ideen ergänzen.“ Spahn verwies etwa auf ein Einwanderungsgesetz, das den Zuzug von Fachkräften regele. „Oder mit Kontingenten, mit denen wir gezielt solche Flüchtlinge nach Deutschland holen, die wirklich Schutz brauchen – direkt aus Kriegsgebieten und nicht nur junge Männer.“ Die Grünen etwa hatten deutlich gemacht, dass sie in dem Kompromiss von CDU und CSU erst den Beginn einer Debatte sehen.

Keine einfachen Gespräche

Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen hatten sich am Freitag zu ersten gemeinsamen Gesprächen getroffen, um Chancen für eine gemeinsame Koalition auszuloten. Im Vorfeld hatte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer klar gemacht, dass er „keine einfachen Gespräche“ erwarte: „Bei vielen Vorschlägen von FDP und Grünen scheint es sich mehr um Vorschläge von Pfadfindern zu handeln, die erst noch einen Kompass brauchen. Die Union weiß jedoch um Ziele und Richtung für das Land und die Wege dorthin.“ Am Dienstag sind die sensiblen Themen Steuern und Finanzen sowie Europa aufgerufen.

Bei vielen Vorschlägen von FDP und Grünen scheint es sich mehr um Vorschläge von Pfadfindern zu handeln, die erst noch einen Kompass brauchen. Die Union weiß jedoch um Ziele und Richtung für das Land und die Wege dorthin.

Andreas Scheuer

Ziel einer Jamaika-Koalition muss es Spahn zufolge auch sein, alte gesellschaftliche Streitfragen zu klären, bei den Themen Migration, Integration und auch Industrie- und Klimapolitik. „Es ist die Chance dieser sehr unterschiedlichen Koalition, unser in Teilen gespaltenes Land wieder zusammenzuführen. Dann wird die AfD in vier Jahren wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.“ Der Kompromiss von CDU und CSU sieht etwa vor, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus ausgesetzt bleibt. Die Grünen dagegen halten den Nachzug der Kernfamilie für wichtig für die Integration.

Solide Finanzpolitik fortsetzen

Spahn warnte die potenziellen Partner zudem davor, sich durch Ausgabenwünsche zum Schuldenmachen verleiten zu lassen. „Bevor wir in einer Kurzschlussreaktion jetzt Milliarden unters Volk werfen, sollten wir an das Vermächtnis des Finanzministers Wolfgang Schäuble denken. Nach über 40 Jahren Schuldenmachen haben wir einen ausgeglichenen Haushalt geschafft. Das sollten wir auch die nächsten vier Jahre schaffen.“

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner rief die möglichen Koalitionäre zu Kompromissbereitschaft auf. „Es ist noch ein langer Weg bis Jamaika, da braucht es Verhandlungspartner auf allen Seiten, die guten Willens sind, die zuhören und davon ausgehen, dass auch ihr Gegenüber mal recht haben könnte“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zu den Knackpunkten gehören nach ihrer Aussage das Thema Landwirtschaft, „einige Fragen der Inneren Sicherheit, auch die Haushalts- und Finanzpolitik“.

Mit Material von dpa