Gefährliches Suchtmittel: Cannabis als Jugenddroge. (Bild: Imago/Zuma Press)
Kriminalität

Mehr Drogen auf Schulhöfen

Ob Cannabis oder Crystal Meth: Auf Deutschlands Schulhöfen hat die Rauschgiftkriminalität in den vergangenen Jahren teils drastisch zugenommen – trotz zahlreicher Präventionsprogramme. Das geht aus Zahlen der Landeskriminalämter und der Innenministerien hervor.

„Und auf dem Schulklo riecht’s nach Gras“, das singt schon Herbert Grönemeyer in seinem Song „Alkohol“. Dieser Satz hat offenbar an Bedeutung gewonnen. In Baden-Württemberg etwa hat sich die Zahl der Drogendelikte am Tatort Schule fast verdreifacht. 2011 waren es noch 348, im Jahr 2015 dagegen schon 939 Fälle – und das trotz Suchtpräventionsprogramms. Auch in Sachsen-Anhalt hat sich die Zahl der Delikte, wenn auch auf niedrigerem Niveau, fast verdreifacht und ist von 42 im Jahr 2011 auf 109 im Jahr 2015 gestiegen. Die Landeskriminalämter Nordrhein-Westfalen und Sachsen melden jeweils eine Verdoppelung der Fälle (in NRW von 443 auf 897 Delikte, in Sachsen von 69 auf 128), ähnlich stark sind auch die Zuwächse in Thüringen. In Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hessen ist ein leichter Anstieg festzustellen.

Den Jugendlichen muss vermittelt werden, dass Cannabiskonsum keineswegs harmlos ist und sie mit Cannabiskonsum ihr Gehirn in einer besonders sensiblen Lebensphase schädigen.

Marlene Mortler

In Bayern gab es laut einem Bericht der Augsburger Allgemeinen 7200 Straftaten mit dem Tatort Schule, davon 397 Drogendelikte. Das sei eine Verdoppelung im Vergleich zum Jahr 2010. Zudem haben sich Drogendelikte von Minderjährigen und Jugendlichen in Bayern in den letzten fünf Jahren zahlenmäßig verdoppelt.

Drogenbeauftragte Mortler warnt vor Verharmlosung

In den meisten Fällen geht es um den Besitz oder Erwerb von Drogen, im Fokus steht Cannabis. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), sieht vor allem in der „gesellschaftlichen Verharmlosung von Cannabis“ einen wichtigen Aspekt dieser Entwicklung. Damit meint sie insbesondere die Grünen, bei denen sogar führende Funktionäre lautstark Cannabisfreigabe fordern und vor Cannabispflanzen posieren. „Insbesondere bei jungen Menschen stehen Prävention und Aufklärung im Vordergrund“, sagt dagegen Mortler. „Ich lehne die Freigabe des Konsums zu Freizeitzwecken ab.“ Eine Legalisierung würde von Jugendlichen als „staatliche Unbedenklichkeitsbescheinigung“ aufgefasst werden – und genau das sei nicht der Fall, so Mortler: „Den Jugendlichen muss vermittelt werden, dass Cannabiskonsum keineswegs harmlos ist und sie mit Cannabiskonsum ihr Gehirn in einer besonders sensiblen Lebensphase schädigen.“

Der Konsum von Cannabis macht den überwiegenden Anteil des illegalen Drogenkonsums in Deutschland aus. Im Jahr 2015 gaben laut dem Drogenbericht 2016 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA 11,2 Prozent der 12- bis 17-jährigen männlichen Jugendlichen und sogar 41,9 Prozent der 18- bis 25-jährigen Männer an, mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert zu haben. Bei den Frauen lagen die Lebenszeitprävalenzen mit 8,2 Prozent unter Jugendlichen und 26,6 Prozent bei jungen Erwachsenen deutlich darunter. Schon der Bericht hatte Hinweise darauf, „dass die Probierbereitschaft in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen ist“. Nach der aktuellen Drogenaffinitätsstudie der BZgA, die erstmals nach dem Konsum von Crystal Meth gefragt hat, gibt außerdem 1 Prozent der Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren an, schon einmal Crystal Meth konsumiert zu haben.

Wo die Verfügbarkeit leichter wird, steigt auch die Nachfrage.

Marlene Mortler

Mortler warnte bereits 2015 im Tagesspiegel vor einer Legalisierung: „Ich bin mir sicher, dass die Probleme durch eine Legalisierung größer würden. Sie dürfen nicht vergessen: Deutschland ist ein lukrativer, weil potentiell riesiger Markt. Und die unter 18-Jährigen sind eine interessante Zielgruppe, vor allem für den Schwarzmarkt. Daran würde eine Legalisierung für Erwachsene nichts ändern. Wo die Verfügbarkeit leichter wird, steigt auch die Nachfrage. Und gerade das treibt den Drogenhändlern bereits die Dollarzeichen in die Augen, denn sie wittern ein gewinnbringendes Geschäftsmodell.“ Kinder und Jugendliche müssten wissen, so Mortler: „Es handelt sich um ein illegales Suchtmittel mit erheblichen Risiken. Und wenn wir schon bei Tabak und Alkohol so viele Probleme haben, warum sollen wir uns dann noch mehr mit Cannabis einhandeln?“

Gefährliche Sucht

Das Problem: Cannabis wird bereits in sehr jungen Jahren konsumiert, in denen die gesundheitlichen Risiken des im Wachstum befindlichen Körpers besonders hoch sind. Verschiedene Probleme wie Depressionen, Gedächtnisverlust (der für das Gedächtnis zuständige Hirnbereich Hippocampus schrumpft bei Cannabis-Konsumenten), Lethargie, Realitätsverlust oder Wesensveränderungen sind dabei festgestellt worden, sind jedoch von Mensch zu Mensch verschieden stark ausgeprägt. Ein möglicherweise erhöhtes Krebsrisiko besteht ebenfalls, weil der Rauch dem Tabakrauch inhaltlich sehr ähnlich ist. Auch ist offenbar das Risiko höher, eine Schizophrenie auszubilden oder zu verstärken, wenn in der Jugend viel Cannabis konsumiert wird. Auch ein Intelligenzverlust wurde nachgewiesen, ob dauerhaft oder nicht, ist allerdings fraglich.

Oft ist Cannabis neben Alkohol und Tabak die erste Drogenerfahrung für Jugendliche, das Einstiegsalter liegt im Schnitt bei 16 Jahren. Cannabis ist zudem fast immer dabei, wenn es um Todesopfer durch Mischkonsum von Drogen geht. „Und mehr Konsum führt zu mehr drogenbedingten Gesundheitsschäden. Wir brauchen die generalpräventive Wirkung des Verbots. Ich erlebe hierfür große Zustimmung gerade bei den Eltern, Lehrern und Schulleitern. Sie sagen wie ich: Cannabis darf nicht verharmlost werden“, erklärte Mortler 2015.