Die SPD stürzt ab: Umfragen bescheinigen den Genossen historische Tiefstwerte. (Bild: Imago/Ralph Peters)
SPD Bayern

Im Sturzflug

Kommentar Die Bayern-SPD blickt erschrocken auf einen historischen Tiefstwert bei der jüngsten BayernTrend-Umfrage. Dabei hält ihr Niedergang seit Jahrzehnten an – und die Gründe dafür haben sich kaum verändert.

Welch ein Jubel! Bei den Landtagswahlen erhielt die CSU 48,1 Prozent, aber die SPD erzielte mit 35,8 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis. Doch halt, das war 1966, die Spitzenkandidaten hießen Alfons Goppel (CSU) und Volkmar Gabert (SPD) – und es blieb das beste Ergebnis der bayrischen Genossen bis heute. Seitdem ging es, mit kleinen Aufbäumern, stetig bergab. Karl-Heinz Hiersemann schaffte 1986 für die SPD noch 27,5 Prozent, Renate Schmidt 1994 gar 30,0 Prozent und 2003 kam unter Franz Maget der Absturz auf 19,6 Prozent. 2013 kam das bayernunkundige Münchner Oberbürgermeisterchen Christian Ude auf glorreiche 20,6 Prozent.

Rot-Grün macht die Menschen arm in dieser Republik und überall dort, wo sie regieren, gibt es die größten sozialen Probleme.

Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef

Jetzt stellen Sie sich vor, es ist Landtagswahl und nur noch 14 Prozent wählen SPD! Denn danach sieht es momentan aus: Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins „Kontrovers“ hat damit den schlechtesten Wert für die Genossen ermittelt, der je in der BayernTrend-Umfrage gemessen wurde. Minus drei Prozent seit Juli 2016. Gewiss, Umfragen zeigen nur Momentaufnahmen und können daneben liegen. Andere Institute gaben der SPD zuletzt zwischen 16 und 19 Prozent. Im Gegensatz dazu steht die CSU stabil bei 45 Prozent. 68 Prozent der Befragten vertreten die Ansicht, CSU-Chef Horst Seehofer sei ein guter Ministerpräsident und 69 Prozent sind zufrieden mit der Arbeit der bayerischen Staatsregierung. Das ist das der Spitzenwert in Deutschland.

Vermittlungsprobleme?

„Jedes Jahr aufs Neue rauscht ein Ergebnis ein, mit dem ich persönlich in dieser Tiefe nicht gerechnet habe. Mich macht das traurig“, klagte die SPD-Abgeordnete Isabell Zacharias. „Wir haben es noch nicht geschafft, den Menschen zu vermitteln, was wir in den letzten drei Jahren erreicht haben und welche Antworten die SPD auf die aktuellen Herausforderungen hat“, sagte SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen. Immer noch nicht, muss man hinzufügen. Markus Rinderspacher, der Fraktionschef, sprach von einem „Schlag in die Magengrube“ und versprach eine schonungslose Analyse, woran es diesmal wieder gelegen hat. Die Bayern-SPD habe sich zuletzt „nicht gerade von der Schokoladenseite gezeigt“. Er nannte die Festnahme des Abgeordneten Linus Förster wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauchs und die umstrittene Listenaufstellung für die Bundestagswahl. Dort wurde die aus Niederbayern stammende Bundesvorsitzende der Jungsozialisten, Johanna Ueckermann, auf den aussichtslosen Platz 26 verbannt. Hinterher jammerte sie, diese (trotzdem demokratische) Wahl nur aus Regionalproporz sei „verantwortungslos“, lobte sich selbst als „bekannt und klar profiliert“, sprach selbstbewusst gar von einer „vertanen Chance der SPD“ und einer „Bankrotterklärung“.

Die Genossen haben das Wichtigste aber immer noch nicht verstanden: Für diese Umfrage-Ohrfeige gibt es zahlreiche wichtigere Gründe als Förster oder die Listenaufstellung, sie liegen im Bund, aber vor allem in Bayern.

Schwache Bundespartei

Auch die Bundespartei rutscht bedenklich rund um die 20-Prozent-Marke herum. „Ich glaube auch, dass, wenn die Kanzlerkandidatenfrage auf Bundesebene gelöst ist, dass sich die Situation dann verbessert“, sagte Volker Halbleib, der parlamentarische Geschäftsführer der bayerischen SPD-Landtagsfraktion. Da könnte er sich irren: Zwar legen Parteien nach so einer Aufstellung in der Regel in Umfragen zu, bei dem voraussichtlichen SPD-Kandidaten Gabriel könnte das jedoch zumindest langfristig anders sein. Die schwache Performance des SPD-Chefs und Wirtschaftsministers und seine politischen Schwenks sind nicht nur Medien und Kabarettisten aufgefallen. Bei vielen wichtigen Fragen hinkt die Bundes-SPD seit Monaten hinterher. Zuletzt versuchte Gabriel wenig überzeugend und viel zu spät, in der Inneren Sicherheit und der Asylpolitik zu punkten. Auch seine Parteifreunde scheinen zum Teil wenig begeistert von seiner Kandidatur in spe, viele haben wohl auf den Europaparlamentarier Martin Schulz gehofft.

Bayern geht es besser

Ein weiteres Problem für die SPD im Freistaat ist die erfolgreiche Politik der CSU: Den Bayern geht es besser als den Bürgern in jedem anderen Bundesland, das ist Fakt und keine Wahlkampfpropaganda. Der Freistaat belegt Spitzenplätze im wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Bereich, bei der Inneren Sicherheit, der finanziellen Unterstützung der Kommunen, der Bildung und vielem mehr. Die Arbeitslosigkeit wurde halbiert, die Jugendarbeitslosigkeit beinahe besiegt. Und mit zahlreichen Programmen und innovativen Ideen zeigt die Staatsregierung seit Jahrzehnten, dass sie nicht willens ist, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Als Beispiel seien hier nur die Cluster-Offensiven, die Digitalisierungsoffensive, die Erweiterung und Auslagerung von Fachhochschulen und Universitäten, die Behördenverlagerungen und das ehrgeizige Ziel der Schuldenfreiheit 2030 genannt. Natürlich macht auch eine gute Staatsregierung Fehler, darunter die übereilte Einführung des achtjährigen Gymnasiums. Aber insgesamt läuft es gut für Bayern.

Das größte Risiko für die Lebenschancen der Menschen in Deutschland ist eine rote Landesregierung.

Steffen Vogel, CSU

Da kommt es nicht gut an, wenn immer nur alles madig gemacht wird, was die CSU vorschlägt. Es kommt nicht gut an, wenn sich bei der Regierungserklärung kaum eine Oppositionshand zum Klatschen hebt, selbst als sich Ministerpräsident Horst Seehofer bei allen ehrenamtlichen Helfern, Polizisten und Behördenmitarbeitern für ihre Arbeit während des Flüchtlingsansturms 2015 bedankte.

Und warum sollten die Bürger riskieren, auf eine SPD-geführte Regierung zu setzen, wenn man die abschreckenden Beispiele langjähriger Genossen-Länder wie Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bremen vor Augen hat? Diese Länder verteilen seit Jahrzehnten die roten Laternen in verschiedenen Bereichen unter sich. Aktuelles Beispiel Berlin, eine Stadt mit vielen großen Problemen, und was sind die ersten Amtshandlungen der neuen rot-dunkelrot-grünen Landesregierung? Die Einführung von Unisex-Toiletten und die Einsetzung von 25 Staatssekretären (Bayern: 6), darunter ein schwer Stasi-belasteter Politiker der Linkspartei! Auch „jüngere“ rot-grüne oder grün-rote Landesregierungen wie in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg schaffen es binnen weniger Jahre, ihre Länder in vielen Bereichen schlechter zu machen – man blicke nur auf die Bildungsstudien der letzten Zeit oder das Nürburgring-Desaster. „Das größte Risiko für die Lebenschancen der Menschen in Deutschland ist eine rote Landesregierung“, hielt im Oktober der CSU-Abgeordnete Steffen Vogel den bayerischen Genossen im Landtag den Spiegel vor.

Die Themenwahl in Bayern

Die als besonders links geltende bayerische SPD gibt „die Lebenswirklichkeit der Menschen in unserem Land überhaupt nicht mehr wieder“, sagte Vogel in der gleichen Debatte. Bei wichtigen Themen sieht die SPD schon seit Jahren nicht, was die Mehrheit der Bevölkerung will, sei es das als „Herdprämie“ verspottete Betreuungsgeld, die Obergrenze für Flüchtlinge (laut BayernTrend 69 Prozent der Befragten) oder die Forderung, dass sich Flüchtlinge an einer deutschen Leitkultur orientieren müssen. Lieber wird die Nazikeule geschwungen, etwa wenn die SPD mit fehlerhaften und tendenziösen Studien die Bayern ins „rechtsradikale“ Licht rückt. Vielleicht sollten sich die Genossen einfach mal für einen kurzen Moment vorstellen, wie sie sich fühlen würden, wenn man sie permanent in die Nähe von kommunistischen Massenmördern wie Pol Pot, Mao oder Josef Stalin rücken würde.

Die SPD muss sich schon fragen lassen, ob sie bei ihrer Themenwahl immer richtig liegt.

Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef

Hinzu kommen Themen, die nur die SPD für wichtig hält, wie beispielsweise mittels eines Dringlichkeitsantrages eine neue dritte Strophe für die Bayernhymne durchzupauken. Es folgten unglaubwürdige Versuche, sich als Schutzpatron der Christenheit aufzuspielen, während man die Kirchen bei jeder Gelegenheit kritisiert. Über angeblich fehlende Lehrer wurde unnötig Panik verbreitet. Dann wurde gemeinsam mit den Grünen viel Steuergeld für ein „Filibuster“ verschwendet, eine Nachtsitzung im Landtag, nur um gegen das von der CSU eingebrachte Integrationsgesetz zu protestieren. Rücksicht auf die Landtags-Mitarbeiter? Fehlanzeige. Auch inhaltlich war die Kritik daneben: CSU-Fraktionschef Kreuzer erinnerte in der Debatte an die Silvesternacht in Köln. „Sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Diebstahl, das sind für mich nicht die Ergebnisse einer gelungenen Integration“, sagte er. Deshalb müssten sich doch diejenigen, „die in unser Land kommen“, an unsere Lebensart anpassen, nicht umgekehrt. Das sieht auch die überwältigende Mehrheit der Bayern so, wie Umfragen belegen. Doch Rinderspacher packte schon wieder die abgenutzte Nazikeule aus: Die CSU wolle „diesem Land einen streng rechts gescheitelten Haarschnitt verordnen“, so der lächerliche Vorwurf.

Verzögern, blockieren, schlecht reden

Auch das Betreuungsgeld wurde mit Tricks um Monate verzögert, nur um des Protestes willen. Das war erstens albern und geschah zweitens auf dem Rücken von mehr als 90.000 Familien. Noch ein Beispiel: Der Länderfinanzausgleich. Statt ihren Genossen in den anderen Bundesländern deren „Nehmerqualitäten“ auszutreiben, schob die Freistaats-SPD der CSU die Schuld zu, weil diese den Ausgleich 2001 mit ausgehandelt hatte. Nur war damals nicht abzusehen, dass insbesondere rot regierte Länder keinerlei Interesse an gutem Wirtschaften hatten und sich lieber in die bayerisch finanzierte Hängematte legten.

Diese Liste an Fehlern der SPD ließe sich fortsetzen, beispielsweise hat das Thema Innere Sicherheit für die bayerische SPD kaum eine Rolle gespielt, das räumt sogar Rinderspacher ein. „Wenn sich die SPD konsequent als soziale Partei des weltoffenen Bayerns präsentiert, werden die Werte wieder steigen“, war sich der SPD-Fraktionschef noch im vergangenen August ganz sicher. Dabei glauben nicht mal die Genossen an die Mär von der angeblich „unsozialen“ CSU, die Bayerns Weltoffenheit „beerdigen“ wolle. Dennoch posaunt die Bayern-SPD seit Jahrzehnten, nur sie stehe für soziale Gerechtigkeit. Ihren Abstieg hat das nicht verhindert, weil der CSU-Wahlkampfslogan von 2002 gilt: „Sozial ist, was Arbeit schafft“. Und kein Bundesland hat mehr Arbeitsplätze geschaffen als Bayern, zukunftsfeste Jobs obendrein. „Rot-Grün macht die Menschen arm in dieser Republik und überall dort, wo sie regieren, gibt es die größten sozialen Probleme“, klärte CSU-Fraktionschef Kreuzer im September die SPD auf. Doch die Genossen haben weder zugehört noch verstanden.