In Deutschland leben mehr als eine halbe Million Asylbewerber, obwohl ihr Asylantrag abgelehnt wurde. (Bild: Imago/Christian Ohde)
Asyl

Rückkehr zum Dublin-Vertrag

Die Bundesregierung will ab März das Dublin-Abkommen der EU wieder anwenden. Das würde bedeuten, dass Asylbewerber wieder in die Staaten abgeschoben werden, in denen sie in die EU eingereist sind. Das wären in den meisten Fällen Griechenland oder Italien. Unterdessen warnen Unionspolitiker vor weiterem Zuwanderungsdruck.

Die Bundesregierung will einem Zeitungsbericht zufolge schon bald wieder Asylbewerber nach Griechenland abschieben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gebeten, die Übernahmeersuchen an Griechenland nur noch bis zum 15. März auszusetzen, berichtete die FAZ. Damit folgt die Bundesregierung einer Empfehlung der EU-Kommission (sowie einer CSU-Forderung) zur Rückkehr zum sogenannten Dublin-System. Er habe das BAMF auch darum gebeten, ihm einen Vorschlag zur Umsetzung der EU-Empfehlung zu erstellen, zitierte die FAZ aus einem Brief de Maizières an den Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestags, Ansgar Heveling (CDU).

Problemfall Griechenland

Die sogenannten Dublin-Regeln der EU sehen vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag grundsätzlich in dem Land stellen müssen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten. Wegen Mängeln im griechischen Asylsystem hatte Deutschland Abschiebungen nach Griechenland jedoch schon 2011 ausgesetzt. Anfang Dezember hatte die EU-Kommission aber empfohlen, die Abschiebungen für Flüchtlinge wieder aufzunehmen, die nach dem 15. März in Griechenland ankommen und dann entgegen den EU-Asylregeln in andere Mitgliedstaaten weiterreisen. Sie begründete dies mit Verbesserungen im griechischen Asyl- und Justizsystem.

Die in den letzten eineinhalb Jahren Eingereisten müssen nochmals überprüft werden, um Fälle von Mehrfachregistrierungen und Mehrfachidentitäten auszuschließen.

Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister

Der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks in Athen sagte der FAZ allerdings, auf absehbare Zeit werde es nicht viele Rückführungen geben können. Im Winter könnten ohnehin keine Flüchtlinge nach Griechenland zurückgeschickt werden. Derzeit seien dort viele Flüchtlingslager in „schrecklichem Zustand“, die Betroffenen müssten „in Eis, Schnee und Morast leben“. Zudem müsse Athen ordentliche Unterbringungsbedingungen und Asylverfahren in angemessener Zeit zusichern, sagte der UN-Sprecher der Zeitung. „Beide Bedingungen sind in Griechenland derzeit aber vielfach nicht erfüllt.“

Herrmann fordert erneute Überprüfung der Asylbewerber

Unterdessen warnten mehrere Unionspolitiker vor einer voreiligen Entwarnung in der Asylfrage. Die gesunkenen Asylbewerberzahlen in Deutschland sind nach Ansicht von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kein Beleg für ein Ende der chaotischen Migrationsverfahren. „Die in den letzten eineinhalb Jahren Eingereisten müssen nochmals überprüft werden, um Fälle von Mehrfachregistrierungen und Mehrfachidentitäten auszuschließen“, sagte Herrmann der DPA. „Wir sind zwar auf einem guten Weg. Wichtig ist jetzt aber, dass wir schon aus Sicherheitsgründen eine umfassende Klärung der Identität von Flüchtlingen direkt an den Grenzen brauchen, nicht erst im Nachhinein, wenn ein Asylbewerber bereits nach Deutschland eingereist ist“, betonte der Innenminister. Darüber hinaus brauche Deutschland eine dauerhafte Steuerung und Begrenzung des Asylbewerberzustroms.

Unbegreiflich, dass der Berliner Attentäter 14 Identitäten haben konnte und keiner nachhaltig einschritt. Wir brauchen Klarheit.

Julia Klöckner, CDU-Vize

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), verlangte, den Überhang an offenen Asylverfahren schnellstmöglich abzubauen. Bisher werden nur etwa über vier Prozent der abgelehnten Asylbewerber aus Nordafrika dorthin zurückgeführt. Hauptgrund sind fehlende Papiere. Trotz sinkender Flüchtlingszahlen gibt es nach Ansicht des CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach keinen Grund zur Entwarnung. Bosbach sagte der Passauer Neuen Presse, ursächlich für den Rückgang seien die Schließung der Balkan-Route und das EU-Abkommen mit der Türkei. Dennoch habe es 2016 den zweitgrößten Zuzug seit der Neuregelung des Asylrechts 1993 gegeben und der Zuwanderungsdruck werde weiter anhalten.

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner dringt nun, wie schon seit Monaten die CSU, auf eine effektivere Kontrolle von Flüchtlingen. „Wir müssen wissen, wer in unserem Land ist. Deshalb müssen wir sichergehen können, dass es keine Mehrfachregistrierungen und rechtswidrigen Doppelidentitäten gibt“, sagte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin der DPA. „Unbegreiflich, dass der Berliner Attentäter 14 Identitäten haben konnte und keiner nachhaltig einschritt. Wir brauchen Klarheit.“ Klöckner betonte: „Es geht weder um einen Generalverdacht, noch um eine Traumwelt, in der alle gut sind.“

(FAZ/PNP/dpa/wog)