Der Chef der CSU-Landtagsfraktion verteidigte das bayerische Integrationsgesetz. (Bild: Imago/Eibner)
Leitkultur

Landtag beschließt Integrationsgesetz

Nach einer Marathonsitzung hat der Bayerische Landtag das neue Integrationsgesetz verabschiedet. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer spricht von wichtigen Leitplanken und einem Bekenntnis zur Leitkultur als Voraussetzung für eine gelingende Asylpolitik. Das Verhalten von SPD und Grünen kritisiert Kreuzer dagegen scharf.

Nach 16-stündiger Debatte hat der Bayerische Landtag das neue Integrationsgesetz verabschiedet. Bei der Abstimmung am frühen Freitagmorgen gab es 95 Ja-Stimmen, 47 Nein-Stimmen und 12 Enthaltungen. Das Gesetz soll jetzt im Januar in Kraft treten. Zuvor hatte die CSU im bayerischen Landtag die Kritik von Opposition und Verbänden am neuen Integrationsgesetz der Staatsregierung zurückgewiesen und im Gegenzug SPD und Grüne massiv angegriffen.

Kreuzer: Gesetz wichtig auch für kommende Generationen

Zu Beginn der Debatte im Landtag ergriff CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer das Wort. Mit dem neuen Integrationsgesetz gebe die Staatsregierung „die Richtung der Integrationspolitik“ vor, betonte Kreuzer. Auch die kommenden Generationen würden auf dieses Gesetz blicken. Den Vorwurf der Opposition, das Gesetz würde die Gesellschaft spalten, wollte Kreuzer nicht gelten lassen. „Ich kann nicht erkennen, wo unser Gesetzentwurf unsere Gesellschaft spalten soll.“ Vielmehr würden SPD und Grüne mit ihrer Kritik am Gesetz und an der Leitkultur einen Keil in die Gesellschaft treiben.

Die Leitkultur ist das, was unser Zusammenleben ausmacht.

Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef

„Die Leitkultur ist das, was unser Zusammenleben ausmacht“, betonte der Fraktionschef. Unterstützung für diese These habe die CSU unter anderem auch vom Vorsitzenden der türkischen Gemeinde in Bayern bekommen, berichtete Kreuzer. Dieser habe gesagt: „Eine Leitkultur ist wichtiger denn je.“

Zu dieser Leitkultur zählt laut Kreuzer auch das ehrenamtliche Engagement, dass im Freistaat ganz besonders ausgeprägt ist. „Es gibt in Bayern mehr als drei Millionen Ehrenamtliche. Und das, obwohl das Ehrenamt nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Dennoch gehört es ebenso zu unserer Leitkultur wie der respektvolle Umgang mit den Menschen in diesem Land, mit unseren Werten und Traditionen“, sagte der CSU-Politiker.

Empörung über Rinderspacher-Rede

Für große Verärgerung unter den CSU-Abgeordneten sorgte eine Äußerung von SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Dieser hatte in seiner Rede gesagt, die CSU wolle Bayern „einen streng rechts ausgerichteten Scheitel verpassen“ und den Freistaat in eine „deutsch-national-autoritäre“ Richtung „mit der Pickelhaube“ entwickeln. Der CSU-Abgeordnete Oliver Jörg sprach von „einer der größten parlamentarischen Verfehlungen in der Bayerischen Parlamentsgeschichte“.

Zentrale Punkte für gelingende Integration

In dem Gesetz formuliert der Ministerrat sieben zentrale Punkte, die für eine gelingende Integration erfüllt werden müssen. Dabei wird klar definiert, welche Voraussetzungen von Seiten der Ankommenden vorliegen müssen, um dauerhaft Teil der bayerischen Gesellschaft zu werden. Von den Flüchtlingen wird laut Gesetz erwartet, dass sie die deutsche Sprache erlernen. Bereits im fünften Lebensjahr sollen die Deutschkenntnisse laut Gesetz der Kinder überprüft werden. Wenn nötig, wird ein Vorkurs Deutsch angeboten. Eltern, die einen Sprachtest bei ihrem Kind verweigern, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Wer lange genug Zeit hatte, Deutsch zu lernen, es aber nicht getan hat, der muss künftig einen Dolmetscher selbst zahlen, wenn er im behördlichen Verkehr einen benötigt.

Kritik an SPD und Grünen

Niemand wolle in Bayern den Menschen mit dem Gesetz vorschreiben, was zu Hause gegessen werde, betonte Kreuzer. „Zumindest solange ihm gegenüber eine gleichberechtigte Frau sitzt und die Töchter nicht zwangsverheiratet werden.“ Viele Menschen in Deutschland und in Bayern machten sich wegen der vielen Flüchtlinge Sorgen.

„Wer Sicherheit und Ordnung in unserem Land auch in Zukunft erhalten will, darf auch bei der Integration keinen Laissez-faire-Kurs fahren, sondern muss frühzeitig sagen, wohin die Reise geht“, so Kreuzer. Mit den in dem Gesetzentwurf festgeschrieben Initiativen will Bayern Fehlentwicklungen bei der Integrationspolitik begegnen: „Parallelgesellschaften und Ghettos haben in Bayern und Deutschland keinen Platz, das lehnen wir ab“, betonte Kreuzer. „Kinderehen haben mit unserem Verständnis von Ehe, Familie und Selbstbestimmung nichts zu tun. Antisemitismus fällt in diesem Land nicht unter Meinungsfreiheit.“

Marathonsitzung aus Protest gegen das Gesetz

Der Abstimmung waren 16 Stunden Reden und Debatten im Plenum vorangegangen. SPD und Grüne hatten mit einem parlamentarischen Trick die Rede- und Beratungszeiten auf das Maximum ausgereizt. Sowohl die CSU-Fraktion als auch die Abgeordneten der Freien Wähler verzichteten ab dem frühen Abend jedoch ihre Redebeiträge – sonst hätte die Debatte bis zu 21 Stunden dauern können. Am frühen Morgen dann wurde über den Gesetzentwurf abgestimmt.

Die wesentlichen Punkte des Bayerischen Integrationsgesetzes:

  1. Das Erlernen der deutschen Sprache: Nur wer deutsch spricht, kann sich vollwertig in die Gesellschaft integrieren und erfolgreich am Arbeitsleben teilhaben. Deshalb wird beim Spracherwerb möglichst frühzeitig angesetzt. Bereits im 5. Lebensjahr sollen die Deutschkenntnisse der Kinder überprüft werden. Wenn nötig, wird ein Vorkurs Deutsch angeboten. Eltern, die sich der Sprachstandserhebung ihres Kindes verweigern, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Außerdem gilt: Wer lange genug Zeit hatte, Deutsch zu lernen, es aber nicht getan hat, der muss künftig einen Dolmetscher selbst zahlen, wenn er im behördlichen Verkehr noch einen braucht.
  2. Landesleistungen: Sie erhält künftig nur, wer sich eindeutig identifizieren lässt, z. B. über seinen Pass. Einem missbräuchlich mehrfachen Leistungsbezug aufgrund Mehrfachidentitäten soll so wirksam begegnet werden.
  3. Eine ausgewogene Siedlungs- und Bewohnerstruktur: Die Bildung von Ghettos soll vermieden werden. Weiter soll verhindert werden, dass einzelne Kommunen in ihrer Integrationsfähigkeit überfordert werden. Deshalb wird über die Vergabe von Sozialwohnungen künftig auch eine ‚Strukturkomponente‘ entscheiden. Danach wird neben der Dringlichkeit auch die Bewohnerstruktur im Umkreis berücksichtigt. Ferner ist bereits jetzt eine Verordnungsermächtigung für eine vom Bundesgesetzgeber noch zu schaffende Verteilungsmöglichkeit von anerkannten Flüchtlingen vorgesehen.
  4. Die Achtung unserer Rechts- und Werteordnung: Jeder muss sich an unsere Rechtsordnung halten und sie akzeptieren. Das Gesetz enthält hierzu bei Missachtung konkrete Sanktionen. So kann verpflichtend zu einem „Grundkurs“ vorgeladen werden, der mit der Rechts- und Werteordnung vertraut macht. Wer zu diesem Grundkurs nicht erscheint, bekommt ein Bußgeld.
  5. Das Verbot, die verfassungsmäßige Ordnung zu unterlaufen: Wenn z.B. radikale Imame die Scharia durchsetzen wollen und unsere verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen, droht ihnen ein empfindliches Bußgeld. Denn hier geht es um die Grundfeste der staatlichen Ordnung.
  6. Öffentliche Einrichtungen: Die Kommunen erhalten – ausgehend von den Negativerfahrungen vieler Kommunen bei der Nutzung von Frei- und Hallenbädern – die Möglichkeit, den Zutritt zu ihren öffentlichen Einrichtungen – also Schwimmbad, Bücherei, Stadion etc. – von einer vorherigen Belehrung über die dort einzuhaltenden Regeln abhängig zu machen, wenn sie vermuten, dass diese dem Nutzer nicht bekannt sind.
  7. Der Integrationsbeauftragte und der Bayerische Integrationsrat: Das Gesetz verankert ausdrücklich das Amt des Integrationsbeauftragten und den Bayerischen Integrationsrat.