Angela Merkel tritt wieder an
Angela Merkel kündigt an, bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr erneut als Spitzenkandidatin der Union anzutreten. Im Wahlkampf will sie versuchen, enttäuschte Wähler zurückzugewinnen. CSU-Chef Horst Seehofer begrüßt die Entscheidung: Jetzt herrsche "Klarheit".
Bundestagswahl

Angela Merkel tritt wieder an

Angela Merkel kündigt an, bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr erneut als Spitzenkandidatin der Union anzutreten. Im Wahlkampf will sie versuchen, enttäuschte Wähler zurückzugewinnen. CSU-Chef Horst Seehofer begrüßt die Entscheidung: Jetzt herrsche "Klarheit".

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel will 2017 zum vierten Mal Kanzlerin werden. Die 62-Jährige kündigte im Anschluss an eine Klausur des CDU-Präsidiums ihre Kandidatur an. Sie habe dem Präsidium mitgeteilt, dass sie bereit sei, erneut für das Amt der Bundeskanzlerin zu kandidieren, erklärte sie auf einer Pressekonferenz. Zuvor will sich Merkel auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember wieder zur Parteivorsitzenden wählen lassen.

Merkel spricht von schwieriger Entscheidung

„Ich habe sprichwörtlich unendlich viel darüber nachgedacht. Die Entscheidung für eine vierte Kandidatur ist nach elf Amtsjahren alles andere als trivial“, sagte Merkel. „Weder für das Land, noch für die Partei, noch – und ich sage es ganz bewusst in dieser Reihenfolge – für mich persönlich.“ Doch viele Menschen hätten ihr in den vergangenen Monaten klar gemacht, sie hätten wenig Verständnis, „wenn ich jetzt nicht noch einmal meine ganze Erfahrung und das, was mir an Gaben und Talenten gegeben ist, in die Waagschale werfen würde, um meinen Dienst für Deutschland zu tun“, sagte Merkel. „Mein Ziel in der Politik ist es, für den Zusammenhalt in unserem Land zu arbeiten.“

Merkel sagte, in den vergangenen Jahren habe die von ihr geführte Regierung vieles erreicht. „Und jetzt weiß ich genau, was wir weiter machen müssen.“ So gehe es darum, das Rentensystem zukunftsfest zu machen, die Digitalisierung voranzutreiben und Arbeitsplätze zu sichern. Diese Aufgaben reizten sie. Merkel kündigte an, für die volle Amtszeit von vier Jahren zu kandidieren.

Unterstützung aus der Union

Parteifreunde hatten Merkel seit langem breite Rückendeckung für eine erneute Kandidatur gegeben, aus der CSU kam zuletzt ebenfalls Zustimmung. CDU-Vize Armin Laschet sagte vor dem CDU-Treffen: „Wir haben eine Kanzlerin, und wir wollen auch, dass sie das bleibt.“ Sie habe in den vergangenen Tagen und Wochen viel außenpolitisches Lob erfahren. Und: „Ich finde es wichtig, dass wir jemanden haben, der die Gesellschaft im Inneren zusammenhalten kann.“ EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sagte, viele Europäer – „fast alle“ – wünschten sich, dass Merkel noch lange Verantwortung im Europäischen Rat trage.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich erfreut über die erneute Kanzlerkandidatur. „Wir waren alle erleichtert“, gab er die Stimmung nach Merkels Erklärung im CDU-Präsidium wieder. Merkel zeige damit, dass sie die Verantwortung in einer schwierigen Situation international, in Europa und in Deutschland weiter wahrnehmen wolle, sagte Haseloff in der ARD. „Ich weiß, dass sie da nicht einfach aufgibt.“

Seehofer will gemeinsame Themen klären

Der baden-württembergische CDU-Landeschef Thomas Strobl hält Merkels erneute Kandidatur für „ein gutes Signal hinaus nach Europa und in die Welt“. Mit Trump und Putin sei die Lage auf der Weltbühne ziemlich unberechenbar.“ Merkel hingegen stehe für seriöses Arbeiten, für Vernunft, für stabile Verhältnisse.

Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht und dass sie sich entschieden hat.

Horst Seehofer

CSU-Chef Horst Seehofer sagte Merkel für deren erneute Kanzlerkandidatur die Unterstützung seiner Partei zu. „Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht und dass sie sich entschieden hat“, erklärte der bayerische Ministerpräsident. „Auf dieser Grundlage können wir jetzt zwischen CDU und CSU – so wie immer beabsichtigt – klären, mit welchen politischen Themen wir gemeinsam in den Wahlkampf gehen und wo möglicherweise eine eigene Position der CSU erforderlich ist.“ Das werde mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Zuwanderung der Fall sein. Er fügte hinzu: „An der gemeinsamen Kanzlerkandidatin können Sie ja jetzt nicht ersthaft zweifeln.“

Merkel ist seit 2005 im Amt

„Ich war mir seit langer Zeit sicher, dass die Bundeskanzlerin für beide Ämter wieder kandidieren wird – ohne dass ich das von ihr selbst gewusst hätte“, sagte der bayerische Ministerpräsident. In den vergangenen Tagen hätten Merkel und er natürlich darüber gesprochen.

Die CDU wählt am 6. Dezember beim Bundesparteitag in Essen ihre Spitze neu. Merkel ist und seit November 2005 Kanzlerin. Sollte sie 2017 zum vierten Mal gewinnen, hat sie die Chance, CDU-Mitbegründer Konrad Adenauer und auch Rekordhalter Helmut Kohl einzuholen. Adenauer war 14 Jahre, Kohl 16 Jahre Bundeskanzler.

Die CDU verspricht „Orientierung“

Merkel gilt trotz der Flüchtlingskrise im vorigen Jahr und der daraufhin einbrechenden Beliebtheitswerte für sie persönlich und die ganze Union als konkurrenzlos in der CDU. Der scheidende US-Präsident Barack Obama nannte sie „zäh“ und erklärte bei seinem Abschiedsbesuch am Donnerstag, wäre er Deutscher, würde er sie wählen.

Die Christdemokraten berieten am Sonntag über einen Leitantrag für den Parteitag, der auf Merkel zugeschnitten ist. Der Titel lautet: „Orientierung in schwierigen Zeiten – für ein erfolgreiches Deutschland und Europa“. Die CDU will enttäuschte Wähler zurückgewinnen. Nötig seien konkrete Lösungen, „auch wenn ihre erfolgreiche Umsetzung manchmal schwierig ist und Zeit braucht“.

Politik für Familien

Die CDU-Politik soll stärker auf Familien und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen ausgerichtet und das gesetzliche Eintrittsalters nach dem Willen der Partei offenbar an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden. Eine Flüchtlingskrise wie 2015 soll sich nicht wiederholen. Integrationsverweigerer sollen mit Sanktionen bis hin zu Leistungskürzungen und Ausweisung rechnen.