Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier sieht die CSU im Streit um eine Flüchtlingsobergrenze im Recht. (Bild: Imago/epd)
Asylpolitik

„Eine Obergrenze ist möglich und nötig“

Ex-Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier stärkt die Position der CSU in der Asylpolitik: Eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen ist aus Sicht des Juristen nicht nur rechtlich möglich, sondern auch politisch notwendig.

Die CSU bekommt bei ihrer Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge Unterstützung aus berufenem Munde. Im Interview mit der Welt sagte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, er sehe keine rechtlichen Hindernisse für die Einführung einer Obergrenze. Eine Limitierung der Flüchtlingszahlen durch den Gesetzgeber sei „rechtlich möglich und politisch nötig“, stellte Papier klar. „Die Handhabung des Asylrechts muss sich strikt auf das konzentrieren, was es leisten kann: nämlich aktuell politisch Verfolgten Schutz zu gewähren, also in der Regel durch ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht“, so der Top-Jurist.

Limitierung und Steuerung sind hier rechtlich möglich und meines Erachtens auch politisch nötig.

Hans-Jürgen Papier

Zusätzlich habe jeder Staat der Welt die Möglichkeit, Personen, die schon anderswo Schutz gefunden hätten, aufzunehmen – und zwar freiwillig. Eine Verpflichtung zur Aufnahme dieser Menschen aber sieht Papier nicht. „Die Zahl dieser aus humanitären Gründen Aufzunehmenden kann mit Kontingenten oder Obergrenzen beschränkt werden“, macht der Ex-Richter in dem Interview deutlich.

Papier untermauert CSU-Position

Damit untermauert Papier genau jene Argumentation, die die CSU seit Monaten vertritt – und die sich jetzt auch im auf dem Parteitag beschlossenen neuen Grundsatzprogramm der Partei wiederfindet. Direkt auf die Christsozialen angesprochen, sagte Papier, er gehe davon aus, dass sich Parteichef Horst Seehofer darüber im Klaren sei, „dass das Asylrecht im eigentlichen Sinn keine Obergrenze kennt“. Allerdings liege Seehofer mit der Einschätzung richtig, dass es sich bei sehr vielen Fällen gar nicht um echte Asylfälle mehr handele, sondern dass man hier Menschen freiwillig in Deutschland aufnehme, die schon in anderen sicheren Staaten Schutz gefunden hätten. Genau dort sieht Papier Handlungsbedarf: „Limitierung und Steuerung sind hier rechtlich möglich und meines Erachtens auch politisch nötig“, so der Rechtswissenschaftler.

Kritik an Bundesregierung: „Asylrecht als Jedermann-Recht“

Zusätzlich sieht Papier die Bundesregierung in Berlin in der Pflicht, schnellstmöglich wieder zu den gesetzlichen Regelungen im Asylrecht zurückzukehren. Aktuell sei das nämlich nicht der Fall – auch hier teilt der bekannte Jurist die Position der CSU. Aus dem Asylrecht ist in Papiers Augen „letztlich ein Jedermann-Recht geworden, sich das Wunschland der Zuwanderung in der EU aussuchen zu können“.

Abschiebungen stoßen im Rechtsstaat auf eine Vielzahl von rechtlichen und faktischen Hindernissen.

Hans-Jürgen Papier

Doch statt sich um die Einhaltung geltenden Rechts zu bemühen, versuche Berlin das Problem durch mehr Abschiebungen in den Griff zu kriegen – eine Taktik, die in den Augen des Ex-Verfassungsrichters langfristig nicht aufgeht. „Eine aus dem Ruder gelaufene Asylpolitik ist durch eine noch so strikte Abschiebungspraxis nicht korrigierbar“, stellt Papier fest. Der Rechtsstaat habe nur bei der Einreise der Menschen Gestaltungsmöglichkeiten. „Wenn die Menschen aber erst einmal hier sind, können sie sich auf grundrechtliche Gewährleistungen berufen. Abschiebungen stoßen im Rechtsstaat auf eine Vielzahl von rechtlichen und faktischen Hindernissen.“