Bayern ist der große Gewinner bei der jetzt erzielten Einigung über die künftige Verteilung der Bund-Länderfinanzen. Der Freistaat zahlt 1,3 Milliarden Euro weniger – dauerhaft jedes Jahr. Die Neuregelung wird ab dem Jahr 2020 greifen. Die grundsätzliche Einigung wurde bei einem Spitzentreffen von Kanzlerin Merkel mit mehreren Ministerpräsidenten erzielt. Die Verhandlungen dauerten mehr als 14 Stunden.
Das ist der wichtigste Erfolg für Bayern in meiner gesamten Laufbahn.
Horst Seehofer
CSU-Chef Seehofer zeigte sich angesichts des Ergebnisses äußerst zufrieden. „Das ist der wichtigste Erfolg für Bayern in meiner gesamten Laufbahn“, sagte er. „Das intransparente und unsolidarische Ausgleichssystem wird reformiert und die Zahlerländer werden erheblich entlastet.“ Bayern hatte schon lange gefordert, künftig mindestens eine Milliarde weniger in den Länderfinanzausgleich einzuzahlen. Jetzt kann das größte Geberland im Finanzausgleich sogar noch mehr sparen.
Das System wird einfacher und transparenter
Der bisher bestehende Länderfinanzausgleich wird ab 2020 abgeschafft. Es erfolgt künftig eine Verteilung der Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder. „Mit der Zusammenlegung der zwei Stufen wird das Ausgleichsystem einfacher, transparenter und gerechter. Es gibt künftig nur noch ein System“, kommentiert Seehofer die Einigung. „Der Bund wird dafür ca. 9,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die Ausgleichszahlungen Bayerns werden in Zukunft gedeckelt.“ Damit werde Bayern ab dem Jahr 2020 dauerhaft jährlich um circa 1,3 Milliarden Euro im Vergleich zum bisherigen Länderfinanzausgleich entlastet, so Seehofer.
Neue Regeln bei der Umsatzsteuer
Für die Umsatzsteuerverteilung gelten neue Parameter. Mit dem niedrigen linearen Tarif von 63 Prozent wird zugunsten der Zahlerländer eine wirksame Deckelung installiert. Die bisherige Dynamik im Länderfinanzausgleich wird dadurch erheblich gebremst. „Mir war es ein besonderes persönliches Anliegen, dass neben der massiven Entlastung Bayerns die neuen Länder sowie die finanzschwachen Länder Bremen und Saarland angemessen berücksichtigt werden. Dies ist gelungen“, betont Bayerns Ministerpräsident.
Alter Finanzausgleich läuft 2019 ab
Die Finanzbeziehungen müssen neu geordnet werden, weil der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II im Jahr 2019 auslaufen. Die 16 Länder hatten sich im Dezember auf ein Radikalmodell verständigt – mit einer Umverteilung zulasten des Bundes. Sie forderten vom Bund jährlich rund 9,7 Milliarden Euro – mit steigender Tendenz. Die Länder wollten den Finanzausgleich in seiner jetzigen Form abschaffen und Transfers untereinander streichen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Union und SPD im Bundestag hatten dies abgelehnt. Sie pochten darauf, dass sich die Länder weiter untereinander helfen. Der Finanzausgleich sollte zwar verringert, aber erhalten bleiben. Auch bei der Umsatzsteuerverteilung sollte es bleiben. Hier sollten aber auch Einnahmen der Gemeinden berücksichtigt werden. Schäuble wollte einen Ausgleich von jährlich maximal 8,5 Milliarden Euro zahlen. Er schlug in einem 15-Punkte-Programm zudem Maßnahmen zur Neuaufteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern vor.
Die jetzt erzielte Einigung basiert weitgehend auf dem Vorschlag der Länder und wird als klare Niederlage für Bundesfinanzminister Schäuble gewertet. Der Bund soll demnach ab 2020 den Ländern jährlich gut 9,5 Milliarden Euro Ausgleichszahlungen überweisen. Die Länder hatten knapp 9,7 Milliarden Euro gefordert. Sie konnten sich auch mit der Forderung nach jährlich steigenden Ausgleichszahlungen des Bundes durchsetzen. Allerdings werde diese Dynamisierung begrenzt, heißt es. Mit etwa 1,4 Milliarden Euro werde nur ein Teil der Summe jährlich angepasst. Finanzminister Schäuble hatte dagegen einen Festbetrag des Bundes vorgeschlagen.
Seehofers hartnäckiger Kampf
Für Seehofer ist der Erfolg in Berlin die Krönung eines jahrelangen, hartnäckigen Eintretens zum Wohle Bayerns. Seit sieben Jahren verfolgt der CSU-Chef das Thema, hat es immer wieder auf die Agenda gebracht. In einem Gastkommentar für die Bild am Sonntag beschrieb Bayerns Ministerpräsident bereits im Jahr 2009 die Schieflage des Systems. „Solidarität und Eigenverantwortung müssen eine gesunde Balance halten“, erklärte er damals. Diese Balance sei beim Länderfinanzausgleich in Gefahr.
Einige Nehmerländer im Finanzausgleich leisten sich trotz klammer Kassen eine Reihe staatlicher Wohltaten, die es in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg so nicht gibt.
Horst Seehofer im Jahr 2009
Seehofer erinnerte daran, dass Bayern bis vor 20 Jahren Empfängerland im Länderfinanzausgleich war. Niemand könne also besser nachvollziehen, „dass finanzschwache Länder Unterstützung brauchen“. Doch der CSU-Parteivorsitzende machte auch die Grenzen der bayerischen Solidarität klar: „Einige Nehmerländer im Finanzausgleich leisten sich trotz klammer Kassen eine Reihe staatlicher Wohltaten, die es in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg so nicht gibt – vom kostenfreien Kindergartenjahr bis zum Verzicht auf Studiengebühren.“ Er sei nicht dagegen, dass stärkere Länder die schwächeren unterstützten, schrieb der CSU-Chef: „Mir geht es um Strukturen.“
Da sich Bayern mit seinem Wunsch, Leistungsanreize zu setzen und schlechtes Wirtschaften zu bestrafen, insbesondere bei den rot-grün regierten Schuldenstaaten nicht durchsetzen konnte, suchte man den Weg über den Bund.
Kaum Zahler, immer mehr Empfänger
Seehofer kritisierte bereits in seinem Kommentar von 2009, dass nur drei Länder in den Finanzausgleich einzahlen (damals war Hamburg aus der Zahlerrolle gefallen) – und alle anderen kassieren. Sieben Milliarden Euro wurden damals verteilt, drei Milliarden davon musste Bayern tragen.
Inzwischen ist das Volumen auf 9,6 Milliarden Euro angewachsen und Bayern trägt davon 5,5 Milliarden. Der gesamte Umverteilungstopf zwischen Bund und Ländern belief sich zuletzt einschließlich Umsatzsteuern auf rund 17,52 Milliarden Euro.
(avd, TR, dpa)
Der Länderfinanzausgleich
Das System des Länderfinanzausgleichs hat die Aufgabe, die sich aus den unterschiedlichen Steuereinnahmen ergebenden Finanzkraftunterschiede unter den Ländern angemessen auszugleichen. Der gesamte Umverteilungstopf ist aber mehr als nur der Länderfinanzausgleich. In der ersten Stufe bekommen die „armen“ Länder etwas aus dem Topf mit den Umsatzsteuereinnahmen, bei denen Bayern mit rund zwei Milliarden Euro im Jahr 2014 zweitgrößter Zahler nach Nordrhein-Westfalen (wegen der größeren Einwohnerzahl) war. Der Freistaat zahlt also tatsächlich noch viel mehr als „nur“ den Länderfinanzausgleich, der erst die zweite Stufe darstellt. Stufe drei sind Zuweisungen des Bundes.
Bayern ist deshalb in den letzten Jahren der große Zahlmeister der Republik – und das mit immer neuen Rekordzahlungen. So ist im vergangenen Jahr allein der Länderfinanzausgleich erneut auf ein Rekordvolumen gestiegen. 2015 überwiesen die Geberländer 9,595 Milliarden Euro an die finanzschwachen Nehmer – ein Plus von rund 600 Millionen Euro gegenüber 2014. Mit Abstand größter Zahler blieb Bayern mit rund 5,45 Milliarden Euro – weit mehr als die Hälfte. Weitere Geberländer waren – mit deutlichem Abstand – Baden-Württemberg mit knapp 2,31 Milliarden, Hessen mit 1,72 Milliarden und Hamburg mit 112 Millionen Euro. Größter Profiteur war erneut Berlin: Die Hauptstadt erhielt gut 3,61 Milliarden Euro Ausgleichszahlungen.
Die Einwände mancher Nehmerländer, Bayern sei schließlich selbst jahrelang Empfänger gewesen, sind verfehlt: Der Freistaat zahlt mittlerweile in jedem einzelnen Jahr mehr ein, als er in den 40 Jahren bis 1989 bekommen hat.
Neben dem Länderfinanzausgleich existiert noch eine weitere Benachteiligung Bayerns: Ein bereits 2014 vorgelegtes Gutachten belegt, dass aus Bayern seit der Einführung des Gesundheitsfonds zunehmend Versichertengelder in andere Bundesländer abfließen. Demzufolge gingen den bayerischen Beitragszahlern durch die Umverteilungsmechanismen in der Gesetzlichen Krankenversicherung 2,16 Milliarden Euro allein im Jahr 2011 verloren. Zugleich erhalten Krankenkassen vom Gesundheitsfonds zu wenig Mittel, um ihre Leistungsausgaben für bayerische Versicherte zu decken.