Der Marktplatz der Kreisstadt Kulmbach in Oberfranken. Die Stadt wird wachsen, weil die Uni Bayreuth dorthin expandiert. (Foto: Imago/Schöning)
Protest gegen ZDF

„Mona Lisa“ rückt Kulmbach ins falsche Licht

Die Redaktion des ZDF-Magazins „Mona Lisa“ hat die Kreisstadt Kulmbach in Oberfranken als AfD-Hochburg dargestellt. Proteste in Kulmbach waren die Folge: Von Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) bis zu Kirchenvertretern bezeichneten alle den Beitrag als unzutreffend und einseitig. Doch eine Richtigstellung oder Entschuldigung des ZDF bleibt aus.

Das ZDF-Magazin Mona Lisa hat in einem Filmbeitrag neben der sächsischen Landeshauptstadt Dresden auch die oberfränkische Kreisstadt Kulmbach als AfD-Hochburg dargestellt. Wie die Mona-Lisa-Redaktion auf Anfrage der Regionalzeitung Fränkischer Tag erklärte, sei es darum gegangen, nach den AfD-Wahlerfolgen die angebliche Verunsicherung, Angst und Unzufriedenheit der Bürger in Ost und West sowie die vorgeblich daraus resultierende Rechtslastigkeit darzustellen.

Die Auswahl der Drehorte, um Belege für diese vorgefasste Meinung der Redaktion zu sammeln, geschah zumindest im Fall des westdeutschen Ortes (Kulmbach) nur unter Verdrehung der dünnen Faktenlage. Denn erstens wurde in Bayern der Landtag seit 2013 und in Kulmbach der Oberbürgermeister seit 2012 sowie der Stadtrat seit März 2014 nicht mehr gewählt. Zweitens hat die AfD gerade in Bayern im bundesweiten Vergleich mit sechs bis neun Prozent die niedrigsten Umfragewerte.

In einigen Orten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wie Pforzheim und Ludwigshafen wäre die Redaktion sehr viel leichter fündig geworden, denn dort hat die AfD bei den jüngsten Landtagswahlen im März hervorragend abgeschnitten. Daher fragen sich viele Beobachter, ob mit Kulmbach auch Bayern mal wieder in ein schlechtes – rechtspopulistisches – Licht gerückt werden sollte.

Drehort Kulmbach willkürlich ausgewählt

Denn nach Auffassung der Mona-Lisa-Redaktion, die nicht weiter begründet wird, zeichnet sich auch in Kulmbach und Bayern insgesamt angeblich ein „Potenzial“ für die AfD ab. Dass die Redaktion neben der Pegida-Hochburg Dresden ausgerechnet die 27.000-Einwohner-Kreisstadt Kulmbach mit ihren Fachwerkhäusern und ihrer traditionellen Bierkultur besucht hat, erklärt sich laut Mona Lisa allein daraus, dass nur der AfD-Kreisverband Kulmbach-Lichtenfels bereit gewesen sei, das ZDF-Team zu empfangen und mit ihm zu reden.

Das ist Journalismus, wie man ihn sich nicht wünscht.

Henry Schramm (CSU), Kulmbachs Oberbürgermeister

Gezeigt wurden dann in dem Mona-Lisa-Filmbeitrag „Verunsicherte Bürger“ letztlich ein gerade mal 14-köpfiges AfD-Treffen im Kulmbacher Wirtshaus „Bürgerstube“, dessen Besuchter in düsterer Hinterzimmer-Atmosphäre mit raunender Stimme diagnostizierten, dass Deutschland „den Bach runtergeht, wirtschaftlich, kulturell“, Straßen und Brücken „marode“ seien und dass in Deutschland „jeder so rein und rausspazieren“ könne. Also: Sage und schreibe 14 AfD-Anhänger aus zwei oberfränkischen Landkreisen, Kulmbach und Lichtenfels, machen für das ZDF-Magazin Mona Lisa die Region schon zu einer AfD-Hochburg.

Proteststurm gegen das ZDF von allen Seiten

Nach Ansicht von Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) wird Kulmbach durch den ZDF-Beitrag in einem „völlig falschen Licht“ dargestellt: „Das ist Journalismus, wie man ihn sich nicht wünscht, und  hat nichts mit der Realität zu tun“, sagt Schramm dem Bayernkurier auf Anfrage. „Es wird etwas suggeriert, was überhaupt nicht der Fall ist.“ Ganz im Gegenteil sei Kulmbach eine „offene und herzliche Stadt“. Es habe ihn „sehr betroffen gemacht“, dass die Kulmbacher angeblich Angst hätten, in die Stadt zu gehen. „Das entspricht nicht der Wahrheit.“

Das Bild von Kulmbach wird total verzerrt – hier spielen die Rechten überhaupt keine Rolle.

Inge Aures

Auch Landrat Klaus Peter Söllner (FW) ärgert sich sehr. „So ein Schmarrn, Kulmbach ist nicht im Entferntesten mit Pegida und AfD in Verbindung zu bringen“, sagt er im Fränkischen Tag. Angesichts der dürren Fakten- und Ausgangslage – ein schwach besetzter AfD-Stammtisch – kritisierte der Landrat die Mona-Lisa-Redaktion: „Unglaublich, bloß weil da drei Leute zusammensitzen!“

Bild von Kulmbach wird „total verzerrt“

Die aus der Region stammende Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD) bezeichnet es als „nicht korrekt“, so einen Beitrag zu senden. „Das Bild von Kulmbach wird total verzerrt – hier spielen die Rechten überhaupt keine Rolle“, zitierte die Regionalzeitung die erfahrene Landtagsabgeordnete.

Auch der katholische Dekan Hans Roppelt kritisiert den ZDF-Beitrag heftig. Ihn verwundere, dass ausgerechnet Kulmbach für eine AfD-Story herhalten muss, sagte er dem Fränkischen Tag. Von einer im ML-Beitrag angesprochenen „gefühlten Bedrohung“ habe er in Kulmbach und im Landkreis noch nichts bemerkt. „Da wird irgendwas in den Raum gestellt.“

(Fränkischer Tag/ZDF/wog)