Horst Seehofer bei der Regierungserklärung im Bayerischen Landtag. (Bild: Imago)
Regierungserklärung

„Bayern ist die Stimme der Vernunft“

In seiner Regierungserklärung gab Ministerpräsident Seehofer den Fahrplan für die kommenden zwei Jahre vor. Dabei wird klar: Bayern steht gut da - und investiert in großem Umfang in die Zukunft. Besonders wichtig ist dem Regierungschef dabei: "Bayern muss Bayern bleiben".

„Wenn etwas gut ist, sollte man es auch benennen dürfen“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zu Beginn seiner ersten Regierungserklärung nach der parlamentarischen Sommerpause. Und insgesamt fällt die Bilanz des CSU-Chefs ebenso positiv aus wie der Ausblick auf die verbleibenden zwei Jahre dieser Legislaturperiode.

Einzigartige Wirtschafts- und Finanzpolitik

Große Erfolge habe die Staatsregierung aber auch bei der Haushaltsführung erzielt. „Ich kenne keinen Haushalt in Deutschland oder ganz Europa, der sich mit dem bayerischen Haushalt messen kann“, sagte Seehofer und bezog sich dabei auf die Schulden, die der Freistaat kontinuierlich abbaut, 4,6 Milliarden Euro seit seiner Ankündigung 2012. Seit 13 Jahren nimmt man zudem keine neuen Schulden auf. Außerdem habe Bayern die Arbeitslosigkeit halbiert und die Jugendarbeitslosigkeit besiegt. Dabei könne die Politik lediglich die richtigen Rahmenbedingungen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung schaffen – „aber die gute Arbeit, die verrichten die Menschen hier in Bayern“, betonte der Ministerpräsident. Er bedankte sich ausdrücklich bei Arbeitnehmern, Unternehmern und Gewerkschaften.

Ich kenne keinen Haushalt in Deutschland oder ganz Europa, der sich mit dem bayerischen Haushalt messen kann.

Horst Seehofer zur guten Finanzlage des Freistaats

„Größte Steuersenkung aller Zeiten“

Damit diese gute Arbeit aber weitergehen könne, müsse Bayern auch weiterhin die richtigen politischen Akzente setzen. Dabei strebt die Staatsregierung die, wie Seehofer es formulierte, „größte Steuersenkung aller Zeiten“ an. In Deutschland gebe es so hohe Steuereinnahmen wie nie zuvor, deshalb sei nun der richtige Zeitpunkt gekommen. „Mit unserem Bayern-Tarif wollen wir die Bürger bei der Lohn- und Einkommenssteuer um bis zu 15 Milliarden Euro jährlich entlasten“, betonte der CSU-Chef.

Beim Thema Länderfinanzausgleich zeigte sich Seehofer optimistisch, dass Bayern schon bald eine Einigung mit den restlichen Bundesländern über die künftige Gestaltung der Transferleistungen finden werde und die bayerischen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich deutlich gesenkt werden können. „Ich bleibe dabei: Wir in Bayern sind solidarisch“, betonte der Ministerpräsident. „Aber es kann nicht sein, dass die bayerische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Zahlungen in den Finanzausgleich leistet.“ Ein derartiges Ungleichgewicht sei auch ein Grund, warum viele frustriert mit der Berliner Republik seien, so Seehofer. Schon in der kommenden Woche beginne die „voraussichtlich finale Debatte“. 

Beste Voraussetzungen für Familien und Kinder

Besonders Familien finden nach den Worten des Regierungschefs in Bayern „beste Voraussetzungen“ zum Leben. „Wir investieren in den kommenden Jahren 17 Milliarden Euro in noch bessere Bedingungen für Familien und Kinder“, sagte Seehofer. Gerade Kindern gehe es im Freistaat deutlich besser als im Rest der Republik. „Wir sind nicht nur wirtschaftlich bärenstark, sondern es geht auch sozial gerecht zu“, so Seehofer. Er zitierte die Bertelsmann-Stiftung, die herausgefunden hat, dass die Kinderarmut nirgends in Deutschland niedriger sei als im Freistaat: „In ganz Deutschland leben 14 Prozent der Kinder unter der Armutsschwelle – in Bayern sind es nur sechs Prozent. Das ist zwar immer noch zu viel – aber im Bundesvergleich der absolute Topwert.“

Wir sind nicht nur wirtschaftlich bärenstark, sondern es geht auch sozial gerecht zu.

Horst Seehofer

Zudem werde sich die CSU dafür einsetzen, dass insbesondere Familien mehr Förderungen erhalten. Ziel sei ein Zuschuss von bis zu 12.000 Euro pro Kind bei Familien, die selbst genutztes Wohneigentum erwerben wollen. Darüber hinaus stelle die Staatsregierung bis 2018 ein 2,6 Milliarden Euro schweres Wohnungspaket zur Verfügung. In Deutschland müsse es wieder für Familien möglich sein, sich im Laufe eines Arbeitslebens auch eigenen Wohnraum kaufen zu können.

Bei der Mütterrente forderte Seehofer erneut eine Ausweitung. Die CSU will Mütter, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, denen mit jüngeren Kindern gleichstellen. Finanzielle Benachteiligungen für Rentner lehne er ab. „Ich werde meine Hand zur Senkung des Rentenniveaus nicht heben.“

Seehofer will Dritte Startbahn

In der Debatte um eine Dritte Startbahn am Münchner Flughafen positionierte sich der Ministerpräsident klar: Er sprach sich für den Bau aus – und zwar schon in naher Zukunft. Es gebe bei der Zahl der Flugbewegungen „einen neuen Trend und eine neue Situation“, sagte Seehofer. Die Zahl steige seit dem vergangenen Jahr, und das werde sich Prognosen zufolge auch in Zukunft fortsetzen. „Deshalb glaube ich, dass wir über diese Frage jetzt entscheiden sollten.“ Seehofer bekräftigte aber, dass dies nur gemeinsam mit der Landeshauptstadt München gehen wird – die ist wie Bund und Land Flughafen-Mitgesellschafter. Die CSU strebe deshalb die Einleitung eines Ratsbegehrens und damit eines neuen Bürgerentscheids an.

Bei den Flugbewegungen sehen wir einen neuen Trend und eine neue Situation. Deshalb glaube ich, dass wir über diese Frage jetzt entscheiden sollten.

Horst Seehofer zur Dritten Startbahn

Die Zahl der Starts und Landungen stieg im ersten Halbjahr nach Angaben des Flughafens um 2,5 Prozent auf 191.000. Im vergangenen Jahr hatte es ein Plus von 0,9 Prozent auf 380.000 gegeben. Die Spitzenwerte von 2007/2008 (432.000) sind aber noch nicht erreicht.

Zuwanderung: Bayern ist die „Stimme der Vernunft“

Beim Thema Zuwanderung stellte Horst Seehofer klar: „Bayern soll Bayern bleiben.“ Dabei kritisierte er das Verhalten der politischen Mitbewerber. „Wenn Bayern etwas sagt, ist es falsch und fördert den rechten Rand. Wenn es dann jemand anders sagt, ist es Konsens“, stellte Seehofer klar. Bayern sei gerade in dieser Frage die „Stimme der Vernunft“. Er nannte zwei Beispiele: SPD-Chef Sigmar Gabriel spreche sich neuerdings auch für eine Obergrenze aus und selbst die Grünen hätten für mehr sichere Drittstaaten votiert. „Ich muss keine einzige Prognose, Analyse oder Aussage der letzten Monate korrigieren“, rief Seehofer seinen Kritikern zu und fügte hinzu: „Man wünscht es sich nicht, aber selten hat uns die Entwicklung so recht gegeben, wie in letzten Monaten.“

Die Bevölkerung hierzulande leiste bei der Integration Großartiges – aber eine Begrenzung des Zustroms sei dennoch alternativlos. „Nur mit einer Begrenzung können wir in Bayern weiterhin das leisten, was wir bisher für die Integration leisten.“ Dabei ist es nach Ansicht Seehofers besonders wichtig, die Leitkultur klar zu definieren und zu verteidigen. „Integration bedeutet bei uns: Integration in unsere Werte und unsere Rechtsordnung.“ Hier sprach er besonders die Frauenrechte an: „Für ein mittelalterliches Frauenbild, bei dem sich Männer weigern, einer Frau die Hand zu geben, gibt es hier keinen Platz“, betonte Seehofer.

 Für ein mittelalterliches Frauenbild, bei dem sich Männer weigern, einer Frau die Hand zu geben, gibt es hier keinen Platz.

Horst Seehofer zur Integrationspolitik

„Unsere Hausordnung ist nicht verhandelbar. Wir treffen uns nicht in einer neutralen Mitte. Wir integrieren nicht in ein Niemandsland, sondern in unsere Werteordnung“, so Seehofer weiter. „Die Menschen in Bayern sorgen sich. Sie wissen sehr genau: Zusammenhalt, Respekt und Menschlichkeit brauchen mehr als bloßen Verfassungspatriotismus!“

Die Begrenzung ist Voraussetzung dafür, dass wir Humanität gewährleisten können.

Horst Seehofer

Ohne die Einführung einer Obergrenze für Zuwanderer sieht Ministerpräsident Horst Seehofer die Glaubwürdigkeit der Politik und den Wohlstand in Deutschland in Gefahr. „Deutschland braucht ein Gesetz, mit dem die Zuwanderung gesteuert wird, und eine Obergrenze“, sagte der CSU-Chef in der Regierungserklärung. „Die Begrenzung ist Voraussetzung dafür, dass wir Humanität gewährleisten können.“ Die Bevölkerung wolle wissen, „wie geht es in Zukunft weiter“, betonte er mit Blick auf die laufenden Verhandlungen zur Obergrenze mit der CDU. „Wenn wir das jetzt nicht tun, wird die Bevölkerung der Politik nicht den Glauben schenken, der nötig ist.“ Nur eine gesetzlich verankerte Obergrenze sei der Beleg dafür, dass die Politik es ernst meine und eine ungesteuerte Zuwanderung wie 2015 nie wieder erfolgen könne. „Das Asylsystem bedeutet nicht, frei wählen zu können, wo der Schutz gewährt wird.“ Es sei geltende Rechtslage, dass Flüchtlinge in Europa nicht nur in Deutschland Sicherheit und Schutz erhielten. Darüber hinaus müsse Deutschland immer die Kontrolle über die Zuwanderung haben und wissen, wer sich im Land aufhalte.

Unterstützung für neue Wirtschaftszweige und traditionell starke Branchen

Der Ministerpräsident sagte, es sei trotz der Asylkrise wichtig, auch andere politische Bereiche nicht zu vernachlässigen. Denn diese Fokussierung auf zentrale Punkte habe Bayern stark gemacht. „Bayern ist nach dem Zweiten Weltkrieg als Armenhaus Deutschlands gestartet – heute sind wir das chancenreichste Land der EU, und München ist die digitale Hauptstadt Europas“, sagte der Ministerpräsident mit Blick auf die neu gebauten Niederlassungen von Internet-Giganten wie Microsoft und Google in der Landeshauptstadt.

Bayern ist das chancenreichste Land der EU, und München ist die digitale Hauptstadt Europas.

Horst Seehofer zur wirtschaftlichen Stärke des Freistaats

Doch auch die traditionell starken Wirtschaftszweige Bayerns können weiterhin mit der Unterstützung der Staatsregierung rechnen – etwa die Autobranche. Seehofer bedankte sich bei den Autobauern Audi und BMW dafür, dass sie den Anspruch hätten, sich bei der E-Mobilität an die Spitze des Fortschritts zu setzen. „Das sichert auch Arbeitsplätze in Bayern für die Zukunft“, lobte der Ministerpräsident.

Stabiles Bayern in einer instabilen Welt

Zum Schluss gab Seehofer ein klares Bekenntnis zur Heimat Bayern und ihren Traditionen ab. „Ich bin stolz auf unsere Traditionen“, stellte er klar. Beim G7-Gipfel in Elmau im vergangenen Jahr seien Bayerns Traditionen für die ganze Welt sichtbar gewesen. „Ich war und bin stolz auf unsere Trachtler und unsere Schützen. Das war kein Disneyland“, sagte Seehofer an die Adresse der Grünen, die die Auftritte traditioneller bayerischer Gruppen während des Gipfels kritisiert hatten. „Bayern hat sich fraglos verändert – aber unsere Werte und Traditionen sind geblieben.“ Der Freistaat, so betonte Seehofer, stehe auch weiterhin für „Stabilität in einer instabilen Welt“.

Schwaches Bild der Opposition

Die Oppositionsparteien SPD, FW und Grüne gaben bei der Regierungserklärung ein denkbar schwaches Bild ab. Kaum einmal erhob sich eine Hand zum Klatschen, weder bei allgemeingültigen Sätzen noch als sich Seehofer bei allen ehrenamtlichen Helfern, Polizisten und Behördenmitarbeitern für ihre Arbeit während des größten Flüchtlingsansturms ab Sommer 2015 bedankte. „Ministerpräsident Horst Seehofer spricht sich gegen Kinderehen, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und gegen den Extremismus jeder Art aus. Und nur die CSU-Abgeordneten klatschen. Wie kann man denn da nicht klatschen?“, fragte CSU-Vizefraktionschefin Kerstin Schreyer.

Ministerpräsident Horst Seehofer spricht sich gegen Kinderehen, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und gegen den Extremismus jeder Art aus. Und nur die CSU Abgeordneten klatschen. Wie kann man denn da nicht klatschen?

Kerstin Schreyer

Auch Fraktionschef Thomas Kreuzer war ob der schwachen Argumente der Opposition und dem teilweise rüden Tonfall in der Debatte erstaunt. „Wenn ich gefragt werde, was die Opposition im bayerischen Landtag leistet, kann ich nur sagen: Blockieren, lamentieren, sinnlose Klagen vor Gerichten gegen wichtige politische Entscheidungen, von denen die Bürger erheblich profitieren würden, die dadurch unnötig verzögert werden“, sagte Kreuzer nach der Aussprache zur Regierungserklärung. Eines der besten Beispiele dafür sei die Bayern-SPD, die das Landesbetreuungsgeld lange Zeit mit unsinnigen Erörterungen verhinderte. „Sie haben 90.000 Familien monatelang Geld vorenthalten, Herr Rinderspacher!“, hielt Kreuzer seinem SPD-Kollegen entgegen. „Dass die SPD in Bayern keine großen Visionen hat, war uns vorher klar, aber dass sie zur Fortentwicklung dieses Landes keine einzige eigene Botschaft in einer Stunde übermittelt haben, das war erbärmlich, Herr Kollege Rinderspacher.“ Kreuzer zog einen Vergleich mit den rot-grün regierten Ländern:

Rot-Grün macht die Menschen arm in dieser Republik und überall dort, wo sie regieren, gibt es die größten sozialen Probleme.

Thomas Kreuzer

(dpa/dos/avd)