Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). (Foto: imago/Metodi Popow)
Verkehrswegeplan

Viele Milliarden fließen nach Bayern

Der Bundestag hat in erster Lesung den Verkehrswegeplan 2030 von Minister Alexander Dobrindt (CSU) debattiert. Gegen die Kritik der Opposition verteidigte Dobrindt den Plan als „größte Investitionsoffensive für die Infrastruktur in Deutschland“. Bayern erhält den zweitgrößten Anteil aus den investierten 270 Milliarden Euro.

Dobrindt erklärte bei der Einbringung des Verkehrswegeplans, 70 Prozent der insgesamt geplanten 270 Milliarden Euro Investitionssumme gehen in die Erhaltung bestehender Verkehrswege: „Erhaltung geht vor Neubau und Ausbau.“ Die Koalition bringe „mit diesem Bundesverkehrswegeplan zum ersten Mal Ökonomie und Ökologie zusammen“. Nach Jahren des Verschleißes werde nun „die Investitionswende geschafft“. Dies sei der ökologischste Plan, den es je gegeben habe.

Erhaltung geht vor Neubau und Ausbau.

Alexander Dobrindt

Vor allem Engpässe und großräumig bedeutsame Hauptachsen stehen im Mittelpunkt, erklärte Dobrindt. Erstmals gebe es realistische Perspektiven, dass Vorhaben nicht nur geplant, sondern auch finanziert und gebaut werden könnten. Um die Rekordmittel einsetzen zu können, müssten die dafür zuständigen Länder aber auch ihre Planungen beschleunigen.

1000 Projekte für 270 Milliarden Euro bis 2030

Rund 1000 Projekte in ganz Deutschland will der Bund bis 2030 fördern, mit fast 270 Milliarden Euro. Rund die Hälfte des Geldes sollen für Straßen verwendet werden, 42 Prozent für Schienen- und neun Prozent für Wasserwege. Nun sollen sich die Fachausschüsse des Bundestags weiter mit dem Bundesverkehrswegeplan beschäftigen. Der Bundestag soll ihn dann abschließend im Dezember beraten und verabschieden.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, der Plan sei ehrlich gerechnet. „Das Wünsch-dir-was gehört endgültig der Vergangenheit an.“ Gebaut werde nicht mehr nach Himmelsrichtung oder Proporz, sondern dort, wo Leute tagtäglich im Stau stünden. Bartol mahnte mit Blick auf die parlamentarischen Beratungen: „Dieser Plan ist keine Ansammlung von Wahlkreisprojekten und darf es auch nicht werden.“

Bayern freut sich schon auf die Investitionen

Bayern erhält nach Nordrhein-Westfalen den zweithöchsten Anteil der Investitionen. „Bayernweit können in den nächsten 15 Jahren gut 12 Milliarden Euro in Straßen investiert werden. Das ist immens“, sagte Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU). Der Plan ermögliche viele wichtige Projekte wie den Ausbau der A 99-Umfahrung von München oder den durchgängigen A 94-Neubau Richtung Passau.

Bayernweit können in den nächsten 15 Jahren gut 12 Milliarden Euro in Straßen investiert werden.

Joachim Herrmann

Im Bahnbereich werde die Infrastruktur dort modernisiert und ausgebaut, wo Nachfrage herrsche, so Herrmann. Dies gelte etwa für den Ausbau der Bahnstrecken in die Tschechische Republik und nach Österreich sowie die Schließung der Elektrifizierungslücke zwischen Hof und Regensburg. Insbesondere soll die Bahnlinie Nürnberg-Marktredwitz elektrifiziert werden.

Staus sind größter volkswirtschaftlicher und ökologischer Schaden

Dobrindt betonte, die Investitionen in neue Autobahnen oder Verbreiterungen seien durchaus ökologisch: „Weil sie den größten volkswirtschaftlichen und ökologischen Schaden den wir tagtäglich auf unseren Straßen erleben, nämlich den Stau, auflösen. Wer den Stau auf der Straße nicht beseitigen will, der kann Umweltziele nie erreichen.“

Wer den Stau auf der Straße nicht beseitigen will, der kann Umweltziele nie erreichen.

Alexander Dobrindt

Einen „großen Wurf“ nennt den Bundesverkehrswegeplan Ulrich Lange (CSU), verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion: „Seriös durchfinanziert, eindeutige Prioritäten und transparent bis ins letzte Projekt gegenüber der Bevölkerung. Außerdem werden Engpässe beseitigt und ländliche Regionen erschlossen“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk (BR).

Gute Grundlage für leistungsfähige Infrastruktur

Eine „gute Grundlage für leistungsfähige Infrastruktur“ ist der Bundesverkehrswegeplan nach Ansicht der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw): „Mit einem Planungsvolumen von rund 270 Milliarden Euro, der Einrichtung einer Dringlichkeitskategorie für Projekte zur Engpassbeseitigung sowie der Priorisierung von Erhalt vor Neubau bietet der neue Bundesverkehrswegeplan eine gute Grundlage für die „Stärkung der Leistungsfähigkeit des deutschen und bayerischen Verkehrswegenetzes“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Die Ausbaugesetze für Straßen, Schienen und Wasserwege müssten jetzt schnell beschlossen werden, damit die Umsetzung zügig erfolgen könne. Brossardt gab zu bedenken, dass dabei Erhalt und Neubau unbedingt miteinander in Einklang gebracht werden müssen. „Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur muss sich konsequent am vorhersehbaren Bedarf orientieren. Dabei gilt es, die regionalen Unterschiede beim Verkehrswachstum, in der demografischen Entwicklung und hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven zu berücksichtigen. Wir brauchen ein zukunftsfähiges Verkehrswegenetz, das der Bedeutung Deutschlands und Bayerns als zentrale Verkehrsdrehscheibe in Europa gerecht wird“, so Brossardt.

Instandsetzung von Fernstraßen und Beseitigung von Bahn-Engpässen vordringlich

Für die vbw ist beim Ausbau der Straßen im Freistaat vor allem die Instandsetzung von Fernstraßen und die Beseitigung von Engpässen für den Güter- und Personenverkehr wichtig. „Beispielsweise müssen die stark belasteten Nord-Süd-Autobahnen dringend durch den Ausbau von Bundesstraßen entlastet werden“, erläuterte Brossardt.

Im Bereich der Schiene sind für die vbw in Bayern internationale Hochgeschwindigkeitsverbindungen, die Beseitigung von Engstellen in Ballungsräumen wie München und Nürnberg sowie die Erschließung des Regional- und Güterverkehrs in der Fläche von zentraler Bedeutung. Vordringliche Forderung der vbw für die Wasserwege ist, dass die Donau in Bayern einen schifffahrtsgerechten Standard erhält und damit ganzjährig durchgängig befahrbar ist.

Startschuss für sieben kurzfristige Straßenbauprojekte in Bayern

Gleichzeitig gab Dobrindt den Startschuss für die kurzfristig beginnenden Bauarbeiten von sieben Projekten, die bereits seit Längerem beschlossen und finanziert sind. „Wesentliche Verbesserungen auf bayerischen Autobahnabschnitten und Bundesstraßen“, lobte Joachim Herrmann. „Nun können wir rasch mit der Ausschreibung der Straßenbaumaßnahmen beginnen. Bayern bekommt 314 Millionen Euro vom Bund. Egal ob Autobahnen oder Bundesstraßen ausgebaut oder Ortsumgehungen neu gebaut werden – es werden sich spürbare Entlastungen für unsere Verkehrsteilnehmer und Anwohner ergeben“, so der Innen- und Verkehrsminister. Erfreut äußerte sich Herrmann besonders über die großen Straßenbauvorhaben, die mit der Freigabe jetzt beginnen können:

  • A 3: „Wir haben heuer im Vorgriff auf den geplanten sechsstreifigen Ausbau auf voller Länge zwischen Biebelried und Erlangen, der als ÖPP-Projekt realisiert werden soll, mit dem Ausbau bei Geiselwind begonnen. Außerhalb des ÖPP-Projekts kann jetzt auch der mit am stärksten belastete Abschnitt der A 3 westlich des Autobahnkreuzes Fürth/Erlangen bis zum Main-Donau-Kanal vorab gebaut werden. Der 195 Millionen Euro teure Ausbau beinhaltet auch die Ertüchtigung des Autobahnkreuzes Fürth/Erlangen, das in Fahrtrichtung von der A 73 von Norden auf die A 3 Richtung Osten mit einer Direktrampe umgerüstet wird. Auch die Anwohner können aufatmen. Durch einen offenporigen Straßenbelag und umfangeiche Lärmschutzwälle und –wände werden sie erheblich vom Verkehrslärm entlastet“, so Herrmann.
  • A 96: Der Lärmschutz im Bereich Amendingen soll die Anwohner nachträglich vor dem Verkehrslärm der Autobahn schützen (Kosten: zwölf Millionen Euro). Auf einer Länge von knapp zwei Kilometern werden Lärmschutzwände von bis zu neun Metern Höhe gebaut. In Teilbereichen erfolgt zusätzlich der Einbau eines offenporigen Asphaltes.
  • B 2: In Mittelfranken wird die B 2 zwischen der A 6 und Röttenbach durchgängig vierstreifig ausgebaut. Mit der jetzt erfolgten Baufreigabe der rund 31 Millionen Euro teuren Ortsumgehung Wernsbach kann die letzte Lücke geschlossen werden. Herrmann: „Das sind tolle Nachrichten. Wir kommen dem Ziel einer leistungsfähigen B 2 zwischen Nürnberg und Augsburg somit einen großen Schritt näher.“ Obwohl der Planfeststellungsbeschluss erst im Juni 2016 erlassen wurde, soll mit ersten Bauarbeiten voraussichtlich noch Ende 2016 begonnen werden.
  • B 16/B 472: Mit dem Bau der 32 Millionen Euro teuren Ortsumgehung Markt­oberdorf/Bertoldshofen im Zuge der B 16 von Marktoberdorf nach Füssen und der B 472 Marktoberdorf-Schongau werden die Anwohner in den Ortsdurchfahrten Marktoberdorf und Bertoldshofen entlastet. „Wir steigern damit die Leistungsfähigkeit der Bundesstraßen und verbessern die Verkehrsanbindung des Wirtschaftsraumes Ostallgäu“, so Herrmann. Kernstück des Projekts ist ein 580 Meter langer Tunnel im Bereich Bertoldshofen.
  • B 85: Mit dem vierstreifigen Ausbau der B 85 zwischen der A 6 (AS Amberg-Ost) und Pittersberg, der rund neun Millionen Euro kostet, wird eine Lücke zwischen zwei bereits vierstreifig ausgebauten Abschnitten der B 85 geschlossen. „Mit dem Ausbau beseitigen wir auch einen Unfallschwerpunkt und werten die Verbindung zwischen Amberg und Schwandorf weiter auf“, so Herrmann.
  • B 299: Im Frühjahr 2017 beginnt der Bau der Ortsumgehung Mühlhausen (Kosten: 24 Millionen Euro). „Damit entlasten wir die 1,8 Kilometer lange und zum Teil kurvige Ortsdurchfahrt vom Durchgangsverkehr. Das erhöht die Verkehrsqualität der Verbindung zwischen Neumarkt i. d. Oberpfalz und Berching spürbar“, freut sich Herrmann.
  • B 303: Herrmann: „Für den 2,5 Kilometer langen und rund neun Millionen Euro teuren Anbau der zweiten Fahrbahn im Bereich der bestehenden Ortsumgehung Schirnding haben wir bereits seit 2008 vollziehbares Baurecht. Die Freigabe der Maßnahme ist ein wichtiges Signal für den Ausbau der Europastraße E 48 zwischen der A 93 bei Marktredwitz und der Bundesgrenze auf bayerischer Seite sowie in Fortsetzung bei unseren tschechischen Nachbarn (Ausbau der dortigen D 6).“

(dpa/BR/DLF/PM/wog)