Jürgen Seufert bewirtschaftet fünf Hektar Rebflächen in Iphofen. (Bild: Anja Schuchardt)
Weinlese

Im Reich der Silvanertrauben

Mitte September beginnt in Bayern die Weinlese. Winzer Jürgen Seufert ist dann auf jede helfende Hand angewiesen. Dabei hat sich die Arbeit im Weinberg für ihn grundlegend verändert: Tochter Laura verfolgt ein ambitioniertes Projekt. Die Umstellung auf biologischen Anbau stellt die Familie im fränkischen Iphofen vor einige Herausforderungen.

Der diesjährigen Weinernte sieht Jürgen Seufert mit gemischten Gefühlen entgegen. Die ersten Sommermonate waren sehr feucht, im August und September folgte extreme Trockenheit. Winzer sind den Launen der Natur vollkommen ausgeliefert. Wer neue Rebstöcke anlegt, installiert heutzutage Bewässerungsanlagen. Doch die Trauben alter Rebstöcke müssen ohne künstliche Hilfe auskommen. Für Seufert eine der größten Herausforderungen. Denn gerade seine Lagen in Iphofen, im unterfränkischen Landkreis Kitzingen, liegen sehr geschützt und bleiben oft von Regenfällen verschont. Fluch und Segen zugleich. Vor allem jetzt, nachdem Tochter Laura mit einer Idee zu ihm kam.

Kupfer statt Chemiekeule

Der Plan der 25-Jährigen: Sie will den Betrieb auf biodynamischen Weinbau umstellen. Damit ist nicht nur der Verzicht auf Pestizide und chemische Pflanzenschutzmittel, sondern auch der Einsatz von Präparaten wie Hornkiesel verbunden. Die Familie einigte sich auf einen Kompromiss. Seit drei Jahren verzichtet Seufert auf Chemiekeulen im Weinberg. Nur noch mit unbedenklichen Mitteln wie Kupfer, Backpulvermischungen und Schwefel kämpft er gegen Schädlinge. Bisher läuft das Projekt gut an. Auch wenn das Spritzen bis zu doppelt so viel Arbeit macht. Während konventionelle Winzer durchschnittlich siebenmal im Jahr Pflanzenschutzmittel auf die Rebstöcke spritzen, rückte Seufert in diesem Jahr vierzehnmal aus. Außerdem legte er Mischkulturen zwischen den Rebstöcken an. Wegen der extremen Trockenheit wächst in dieser Saison allerdings deutlich weniger Wolfskraut auf den gipshaltigen Böden. Den Mehraufwand nimmt er in Kauf – schließlich will er seiner Tochter keine Steine in den Weg legen. Nach ihrem Weinbaustudium plant Laura Seufert, die Geschäfte im Weinberg zu übernehmen.

Während der Weinlese steht die Studentin gemeinsam mit ihren Eltern, den drei Schwestern, Freunden und Verwandten in den Weinbergen. Etwa 20 Helfer bekommt die Familie jedes Jahr zusammen. Sechs weitere Arbeitskräfte stellt Seufert während der Erntezeit ein. Mit fünf Hektar Anbaufläche gilt der Betrieb als zu den kleinen Weingütern gehörend. Im Durchschnitt ist die Bewirtschaftung im Vollerwerb erst ab zehn Hektar Rebfläche rentabel. Bei den Seuferts rechnet sich das Geschäft, weil jeder in der Familie mit anpackt.

Und das besonders während der Erntezeit. Denn der größte Teil der Rebstöcke wird per Hand verlesen. Knapp 0,4 Hektar schaffen 25 Leute an einem Tag. Auf vier Wochen verteilt dauert die Lese in zwei Durchgängen etwa 14 Tage. Vor 50 Jahren, erinnert sich Seufert, da war er das erste Mal richtig mit dabei. Damals war der gebürtige Franke 13 Jahre alt und half seinem Vater. Die steilen Hanglagen rund um Iphofen bewirtschaftet die Familie bereits seit Generationen. 80 Prozent der Anbaufläche gehört der Familie, 20 Prozent pachtet Seufert dazu.

Ich mache das jetzt seit 50 Jahren und ich habe meine Entscheidung, Winzer zu werden, nie bereut. Es ist ein wahnsinnig spannender Beruf. Jedes Jahr bringt neue Herausforderungen.

Jürgen Seufert, Winzer in Franken

Nach der Lese bringt Seufert die Trauben in den Weinkeller vom brüderlichen Gasthof. Hier werden die Trauben zu Weißwein vergoren. Abhängig von der Sorte dauert es bis zu eineinhalb Jahren, bis Seufert den Wein abgefüllt in Flaschen zum Verkauf anbietet. Aus 80 Prozent seiner Trauben keltert Seufert Silvaner. Den füllt er bereits im kommenden Frühjahr ab. Bis zu 30.000 Liter Wein bringt eine Ernte. In diesem Jahr werden es witterungsbedingt etwa zehn Prozent weniger werden, schätzt der Winzer.

Riesling für die Queen

Prognosen für die voraussichtliche Erntemenge in ganz Franken fallen mit rund 85 Hektolitern pro Hektar durchschnittlich aus. Das entspricht einer Gesamtmenge von 510 000 Hektolitern. Regional deutliche Unterschiede gibt es, weil einige Lagen durch Frost und Hagel geschädigt worden seien. Der Schädling „Falscher Mehltau“, durch den in fast allen anderen Anbaugebieten Ernteausfälle drohen, hat Frankens Winzer verschont. Am Main fiel durch den Schutz des Spessarts weniger Regen.

Die Lagen rund um Iphofen, allen voran die Südhänge des Julius-Echter-Berges, werden hoch gehandelt. Dort wachsen nicht nur die Rebstöcke von Familie Seufert, sondern auch von der Winzerfamilie Wirsching. Sie kelterte den Riesling aus Trauben dieser Lage, der bei der Krönung von Queen Elisabeth im Jahre 1953 ausgeschenkt wurde. Ein Tropfen des Jahrgangs 1950.

Bayern – Land des Weißweins

Die bestockte Anbaufläche in Bayern beträgt 6310 Hektar, das sind rund sechs Prozent der Weinanbaufläche Deutschlands. Im Freistaat wird rund 80 Prozent Weißwein und 20 Prozent Rotwein angebaut, die häufigsten Weißweinsorten sind Müller-Thurgau und Silvaner. Der Anbau von Wein in Bayern konzentriert sich zum überwiegenden Teil in Franken. Dort erstreckt sich die 6230 Hektar große Rebfläche von Bamberg bis Aschaffenburg. Die Reben stehen vorwiegend auf geschützten Lagen entlang des Mains und an den Hängen des Steigerwalds.

Weitere, im Vergleich bedeutend kleinere Weinanbaugebiete, liegen in Regensburg an der Donau und am Bodensee. Dort befindet sich auf rund 70 Hektar gerade einmal ein Prozent der gesamten Anbaufläche. In Bayern überwiegen die Kleinbetriebe mit weniger als einem halben Hektar Anbaufläche. Sie machen mehr als die Hälfte der Betriebe aus, allerdings nimmt ihre Zahl seit Jahren stark ab. Die Zahl der Großbetriebe mit mehr als zehn Hektar Anbaufläche steigt hingegen kontinuierlich. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 1,1 Hektar. Nur ein Fünftel der 4 100 fränkischen Winzer bauen den Wein aus den erzeugten Trauben selbst aus. Die restlichen Betriebe sind reine Traubenerzeuger, die ihr Lesegut an die Fränkischen Winzergenossenschaften liefern.