Klare Ansagen: CSU-Chef Horst Seehofer und Generalsekretär Andreas Scheuer beim Abschluss der CSU-Vorstandsklausur. (Foto: Wolfram Göll)
CSU-Klausur

Klarer Kurs und Rückenwind

„Eine Klausur der Geschlossenheit und des klaren Kurses“, nennt CSU-Parteichef Horst Seehofer die zweitägige Vorstandsklausur in Schwarzenfeld. Alle sechs Positionspapiere wurden einstimmig beschlossen – ebenso der Entwurf der Zukunftskommission für das künftige Grundsatzprogramm. Die meiste öffentliche Aufmerksamkeit erhielt das Papier zur Asyl- und Zuwanderungspolitik.

„Klarer Kurs bei der Zuwanderung – Humanität, Ordnung, Begrenzung“: Unter diesem Titel hat der CSU-Parteivorstand auf seiner Klausurtagung in Schloss Schwarzenfeld (Landkreis Schwandorf in der Oberpfalz) die Leitlinein zur Asyl- und Integrationspolitik beschlossen. Außerdem befasste sich der Vorstand mit Innerer Sicherheit, Außenpolitik, Steuern, Wirtschaftswachstum und Alterssicherung. Auch zu diesen Themen beschloss der Vorstand Positionspapiere, die das inhaltliche Rückgrat für das CSU-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 bilden werden.

Seehofer: Bundestagswahl 2017 ist „die Mutter aller Wahlen“

Unter Anspielung auf die Asylpolitik betonte Parteichef Seehofer, die Bundestagswahl 2017 habe für den Freistaat Bayern und die CSU existenzielle Bedeutung, „auch wegen der gesamtpolitischen Umstände, die wir in Deutschland haben“. Daher müsse die CSU „mit der besten Formation antreten, die wir haben für die Bundespolitik“.

Wahlentscheidend seien die ersten fünf Namen auf der CSU-Landesliste zur Bundestagswahl, denn diese stünden auf dem Wahlzettel. Vor allem diese ersten fünf Positionen müssten nach Alter, Geschlecht, Herkunft und Berufen ausgewogen besetzt sein, so der Parteivorsitzende.

Orientierung in einer Zeit des Wandels

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CSU-Kanzlerkandidatur „gehört nicht zu unserer Gedankenwelt“

Seehofer kündigte an, er werde in den nächsten Monaten zahlreiche Einzelgespräche führen, ehe dann im ersten Quartal 2017 die personellen Entscheidungen getroffen würden. Personalentscheidungen zu einem früheren Zeitpunkt schloss er erneut aus: „Erst die Inhalte, dann die Personen.“

Das gelte auch für die Frage, ob die CSU wieder mit Angela Merkel als gemeinsamer Kanzlerkandidatin der Union in die Bundestagswahl ziehen werde. Personalentscheidungen, die zur Unzeit getroffen würden, seien der „Kern der Misserfolge“, so Seehofer. Gleichzeitig stellte der CSU-Chef klar: „Eine Kanzlerkandidatur eines CSU-Politikers oder einer CSU-Politikerin gehört nicht zu unserer Gedankenwelt.“

Hoffnung auf inhaltliche Annäherung der CDU

Die Position der CSU zur Zuwanderung liege jetzt auf dem Tisch. Sein Ziel sei nun, in direkten Gesprächen eine inhaltliche Annäherung mit der CDU und Kanzlerin Merkel zu schaffen. „Ich kann nur hoffen, dass wir uns da aufeinander zubewegen. Wenn wir es tun, haben wir bei der Bundestagswahl eine große Chance. Wenn wir es nicht tun, haben wir eine gewaltige Belastung, CDU und CSU“, so Seehofer. Mit der Schwesterpartei müsse geklärt werden: „Sind wir gemeinsam oder getrennt?“

Schönreden bringt nichts. Nur das Ansprechen der Wahrheit und das Anbieten von Lösungen hilft uns weiter. Wir wollen mit klaren Standpunkten den Menschen Orientierung geben.

Horst Seehofer

Seehofer betonte, er wolle die Gemeinsamkeit mit der Schwesterpartei: „Wir betrachten die CDU nicht als politischen Gegner. Aber ich kann nicht eine Gemeinsamkeit anstreben um den Preis, politische Inhalte zu opfern.“ Der CSU-Parteichef stellte klar: „Was zur DNA einer Partei gehört, darf man nicht zur Disposition stellen, sonst ist die Glaubwürdigkeit verloren.“

„CDU muss raus aus dem Verlierermodus“

Bei beiden Winterklausuren in Wildbad Kreuth habe er zu Kanzlerin Merkel gesagt: „Angela, wir wollen mit Dir gewinnen.“ Aber die Betonung, so Seehofer, habe gelegen auf: „Wir wollen gewinnen.“ Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 sagte der CSU-Chef: „Wir können gewinnen, aber man muss was dafür tun.“

Eindringlich ermahnte er die CDU: „Wir müssen raus aus dem Verlierermodus.“ Als Beispiel nannte er, dass die jüngsten 19-Prozent-Ergebnisse innerhalb der CDU teilweise als „nicht so schlimm“ bezeichnet worden seien. Seehofer mahnte: „Wir müssen wieder Kampfesmut zeigen, dass wir uns nicht dieser Entwicklung ergeben, sondern dagegen angehen.“

Welches Zuwanderungssystem gilt derzeit?

Von seiner Landtagsrede zur Zuwanderungspolitik im Herbst 2015 müsse er nicht einmal ein Komma ändern, so Seehofer. Die damaligen Grundsätze seien heuet so aktuell wie vor einem Jahr: Humanität, Ordnung, Begrenzung. Derzeit könne niemand erklären, welches System bei der Zuwanderung überhaupt gelte: Schengen, Dublin – oder gar kein System? Grundsätzliche Kritik an der Asylpolitik Bayerns wies Seehofer zurück mit dem Hinweis, dass kein anderes Bundesland mehr für Flüchtlinge tue: In zwei Doppelhaushalten gebe der Freistaat knapp 10 Milliarden Euro für Unterstützung und Integration aus.

Gleichzeitig betonte Seehofer: „Je restriktiver die Zuwanderungspolitik ist, desto großzügiger muss die Bekämpfung der Fluchtursachen sein.“ Und die CSU wolle eine klare Obergrenze von 200.000 Asylbewerbern pro Jahr, denn diese sei „Voraussetzung für eine gelingende Integration“.

Seehofer machte darauf aufmerksam, selbst bei 200.000 Flüchtlingen pro Jahr seien es in fünf Jahren eine Million. Dazu komme die Zuwanderung auf Grundlage der EU-Freizügigkeit, etwa 400.000 bis 500.000 pro Jahr. Seehofer sagte, der Berliner Satz „Die Bayern wollen sich abschotten“ sei genauso falsch wie der Satz, die CSU solle sich mäßigen in der Sprache. Denn die CSU erarbeite ihre Positionen aus der Lebensrealität der Menschen und spreche die Wahrheiten an.

Schutz der Bedürftigen, Pflicht zur Integration

Im Positionspapier zur Asyl- und Zuwanderungspolitik unterstreicht der CSU-Vorstand, Deutschland werde weiterhin Menschen schützen, die vor Krieg, Gewalt oder Verfolgung fliehen. Das gebieten die christliche Werte und die Menschenrechte. Gleichzeitig sei der größte Akt der Humanität, die Fluchtursachen wirkungsvoll zu bekämpfen. Deutsche Entwicklungshilfe unter Bundesminister Gerd Müller (CSU) gehe hier speziell in Nahost und Afrika vorbildlich voran.

Die Menschen in unserem Land verlangen nach Orientierung. Wir sind die politische Kraft, die das leisten kann. Deshalb müssen wir uns jetzt auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren und Richtung vorgeben.

Horst Seehofer

Gleichzeitig besteht die CSU darauf, dass die Zuwanderer sich in Deutschland integrieren. Im einstimmig beschlossenen Positionspapier steht geschrieben: „Wer bei uns das Grundrecht auf Asyl einfordert, muss sich umgekehrt auch an unser Grundgesetz halten und unsere Werte akzeptieren. Wir sind dagegen, dass sich unser weltoffenes Land durch Zuwanderung oder Flüchtlingsströme verändert. Nicht wir haben uns nach den Zuwanderern zu richten, sondern umgekehrt: Wer zu uns kommen will, hat sich nach uns zu richten!“

Leitkultur per Volksentscheid in bayerischer Verfassung festschreiben

Die Leitkultur müsse in der bayerischen Verfassung festgeschrieben werden, so das Papier weiter. Dies umfasse die Werteordnung christlicher Prägung, die hiesigen Sitten und Traditionen sowie die geltenden Grundregeln des Zusammenlebens. „Leitkultur ist das Gegenteil von Multikulti“, stellt der CSU-Vorstand klar. Ein bayerischer Volksentscheid ist hier das Ziel.

Es dürfe nicht so weit kommen, dass unter dem Deckmantel der „Kultursensibilisierung“ eine Aufweichung der Rechtsordnung betrieben werde. „In Deutschland gilt ausnahmslos das deutsche Recht und nicht die Scharia“, stellt das Papier klar. Es gelte das Gewaltmonopol des Staates, Paralleljustiz und islamische „Friedensrichter“ würden nicht akzeptiert.

Burka und Niqab verbieten, „wo immer dies rechtlich möglich ist“

Das Tragen einer Vollverschleierung will die CSU, „wo immer dies rechtlich möglich ist“, verbieten. Burka und Niqab werden im Vorstandspapier bezeichnet als „Uniform des Islamismus, ein maximales Integrationshindernis und ein in unserer Kultur nicht zu akzeptierendes Zeichen der Unterdrückung der Frau“. Wer auf Burka und Niqab nicht verzichten wolle, müsse sich „ein anderes Land aussuchen“.

Die doppelte Staatsbürgerschaft, unter Rot-Grün eingeführt, gehöre abgeschafft, stellt die CSU klar: „Man kann nicht Diener zweier Herren sein.“ Für Einwandererkinder müsse der Optionszwang mit 18 Jahren wieder eingeführt werden: „Wer wirklich Deutscher werden will, braucht keine weitere Staatsbürgerschaft.“

Mitgliederberatung über Volksentscheid

Zudem will der CSU-Chef die Mitglieder seiner Partei darüber befragen, ob die CSU für bundesweite Volksentscheide eintreten sollte. „Ich möchte, dass wir auch in Deutschland Volksentscheide bekommen“, sagte Seehofer. Da es innerhalb der Partei aber auch Vorbehalte gegen Volksentscheide über Grundgesetzänderungen gibt, will Seehofer nun für Klarheit sorgen, was die eigenen Mitglieder mehrheitlich wollen – und das möglichst schon bis zum Parteitag Anfang November.

Dokumentation der Positionspapiere des CSU-Vorstands:

Klarer Kurs bei der Zuwanderung