Bundeskanzlerin und CDU-Parteichefin Angela Merkel. (Foto: imago/Jan Huebner)
Asylpolitik

Merkel räumt Fehler ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Fehler und Versäumnisse in der Asylpolitik und Flüchtlingskrise eingeräumt: „Wir Deutschen haben das Problem zu lange ignoriert und die Notwendigkeit einer gesamteuropäischen Lösung verdrängt.“

„Schon 2004 und 2005 kamen ja viele Flüchtlinge, und wir haben es Spanien und anderen an den Außengrenzen überlassen, damit umzugehen“, sagte die CDU-Vorsitzende der Süddeutschen Zeitung ein Jahr nach der Öffnung der Grenzen und dem Beginn des ungeregelten Flüchtlingszustroms. „Und ja, auch wir haben uns damals gegen eine proportionale Verteilung der Flüchtlinge gewehrt.“

Die Kanzlerin räumte ein, dass auch Berlin sich lange gegen heute in der EU bitter nötige Reformen gewehrt habe. So habe man eine proportionale Verteilung der Flüchtlinge ebenso abgelehnt wie einen Schutz der Außengrenzen, der Beschneidungen bei der nationalen Souveränität mit sich gebracht hätte.

Gemeinsame EU-Asylpolitik zu lang versäumt

Deutschland sei nach der Aufnahme vieler Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien in den 1990er Jahren froh gewesen, dass vorrangig andere Staaten das Thema zu bewältigen hatten. „Das kann ich nicht leugnen.“ Heute müsse man einen längeren Atem haben, um in Europa insgesamt zu einer fairen Lösung zu kommen. „Wir haben uns des Themas lange nicht angemessen angenommen.“

Das gelte auch für den Schutz der Außengrenzen des Schengen-Raums, sagte Merkel. „Auch Deutschland war nicht immer Anhänger von Modellen, die wie etwa durch Frontex die Souveränität der Mitgliedstaaten eingeschränkt hätten. Stattdessen haben wir gesagt, dass wir das schon an unseren Flughäfen regeln, weil Deutschland sonst keine EU-Außengrenzen hat, uns also das Problem schon nicht erreichen wird. So geht es aber nicht.“

„Unruhe und Sorge“ nach Terroranschlägen „verständlich“

Mit Blick auf die Terroranschläge der jüngsten Zeit sagte die Kanzlerin, es sei „völlig verständlich“, dass „Unruhe und Sorge entstanden“ seien. Es zeige sich, dass es unter den Flüchtlingen auch solche gebe, die nicht nur mit lauteren Absichten gekommen seien. Dies mache die Integration zu einer noch größeren Herausforderung.

Zugleich leugnete sie eine Verbindung zwischen dem unkontrollierten Flüchtlingsstrom und dem Anwachsen der Terrorgefahr. „Es ist einfach falsch, dass erst mit den Flüchtlingen der Terrorismus gekommen ist, denn der war schon vorher da, vor allem mit den Gefährdern, die wir zu überwachen haben.“

Deutschland wird Deutschland bleiben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Merkel bemühte sich, den Bürgern Ängste vor den Folgen des aktuellen Flüchtlingszustroms zu nehmen. „Deutschland wird Deutschland bleiben, mit allem, was uns daran lieb und teuer ist. Aber Deutschland hat sich seit Gründung der Bundesrepublik auch immer wieder verändert. Veränderung ist nichts Schlechtes. Sie ist notwendiger Teil des Lebens.“

Die Kanzlerin verwies auf die in Deutschland geltenden Werte und Grundsätze, auf die hier herrschende Liberalität und Demokratie, den Rechtsstaat und die soziale Marktwirtschaft. „Das alles darf und wird sich nicht ändern“, betonte die Kanzlerin.

(SZ/dpa/wog)