Künftig verboten? Burkaträgerinnen in Deutschland. (Bild: Imago/epd)
Burka-Debatte

„Nicht nur fordern, sondern umsetzen“

Die Staatsregierung denkt über ein Landesgesetz zum Burkaverbot nach. Die Neuregelung sieht nach dem Willen von Innenminister Herrmann unter anderem das Verbot der Vollverschleierung für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst vor. Unterstützung kommt dabei von Bayerns Kultusminister.

Die bayerische Staatsregierung bereitet die Einführung eines Landesgesetzes zum Verbot der Vollverschleierung in bestimmten Bereichen vor. Das teilte Innenminister Joachim Herrmann unmittelbar nach dem Treffen der Unions-Innenminister mit ihrem Bundeskollegen Thomas de Maizière mit. Dabei drückt der bayerische Ressortchef aufs Tempo.

Noch in diesem Jahr soll nach den Worten des CSU-Politikers ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, mit dem die Vollverschleierung für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und im gesamten Bildungsbereich verboten werden soll. Ein generelles Burka-Verbot, wie von Teilen der Union gefordert, ist nach Ansicht der Minister verfassungsrechtlich nicht durchsetzbar. Sehr wohl machbar scheint aber ein Burka-Verbot in bestimmten Teilbereichen. Unter anderem soll es muslimischen Frauen verboten sein, sich in Gerichten, Ämtern oder Schulen, aber auch im Straßenverkehr in vollem Umfang zu verschleiern.

Jetzt aber, so betonte Herrmann, müsse man nicht nur Forderungen in die Welt setzen, sondern auch handeln. Es sei wichtig, dass die Menschen sehen könnten, „dass das auch umgesetzt wird“, betonte der Innenminister. Daher legte der CSU-Politiker auch einen Fahrplan fest, der eine Umsetzung bis zum Jahreswechsel vorsieht.

Die Menschen müssen sehen, dass das Beschlossene auch umgesetzt wird.

Joachim Herrmann

Spaenle unterstützt Herrmann-Vorstoß

Unterstützung für diesen Plan erhält Herrmann von seinem Kabinettskollegen Ludwig Spaenle. Für Bayerns Kultusminister ist die Vollverschleierung ein Symbol der Ungleichbehandlung von Mann und Frau – und daher im öffentlichen Raum nicht akzeptabel. Für die Vorschläge des Innenminister-Treffens vergangene Woche hatte Spaenle daher positive Worte übrig.

„Die bundesdeutsche Gesellschaft basiert auf der Gleichheit von Frau und Mann und der personalen Würde der Menschen“, ergänzte der CSU-Politiker. Als Kultusminister unterstütze er daher die „Berliner Erklärung“ der Unions-Innenminister, die sich unter anderem mit der Burka-Frage beschäftigt hatte. Und auch Spaenle versprach, schnell zu handeln. „Wir werden in unserem Zuständigkeitsbereich die rechtlichen Möglichkeiten eines Verbotes prüfen und dieses auf den Weg bringen“, so der Minister.

Die Burka-Befürworter beschreiten bereits den Klageweg

Dass es für die Bildungseinrichtungen eine gesetzliche Regelung braucht, zeigt dieser aktuelle Fall: Eine muslimische Schülerin wollte in Osnabrück mit Hilfe des Verwaltungsgerichts durchsetzen, mit ihrer Verschleierung am Unterricht des Abendgymnasiums teilnehmen zu dürfen. In der nichtöffentlichen Verhandlung sollte sich das Osnabrücker Verwaltungsgericht am Montag mit der Frage befassen, ob es reicht, dass die Frau nur zu Beginn des Unterrichts einer weiblichen Schulmitarbeiterin ihr Gesicht zeigt, um ihre Identität festzustellen. Am restlichen Unterricht wollte die Schülerin mit einem Nikab teilnehmen.

Unter einem Nikab oder Niqab versteht man einen Gesichtsschleier, der die Augen frei lässt – im Gegensatz zur Burka, einer traditionellen afghanischen Tracht. Die Frau war zunächst von der Schule zugelassen worden, was aber nach ihrer Weigerung, den Nikab abzulegen, widerrufen wurde. Unter diesen Umständen sah sich die Schule nicht in der Lage, die Frau weiter zu unterrichten. Offene Kommunikation, zu der neben dem gesprochenen Wort auch Mimik und Körpersprache zählten, seien mit einem Gesichtsschleier nicht möglich. Diese Position stützte auch die Niedersächsische Landesschulbehörde.

Die widerstreitenden Grundrechte

Artikel 4 Grundgesetz:

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Artikel 7 Grundgesetz:

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

Der Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage unter persönlichem Erscheinen der Antragstellerin ist aufgehoben worden, nachdem die Antragstellerin erklärt hatte, angesichts des großen Medieninteresses nicht erscheinen zu wollen. „Gleichzeitig und deshalb hat das Gericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom heutigen Tage abgelehnt. Damit darf die Antragstellerin auch weiterhin den Nikab beim Besuch des Abendgymnasiums nicht tragen“, so das Gericht. Und weiter hieß es: „Über die von ihr vorgelegte eidesstattliche Versicherung hinaus hätte es das Gericht zur Abwägung der von der Antragstellerin geltend gemachten Religionsfreiheit mit dem ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten staatlichen Bildungsauftrag zur Entscheidungsfindung für erforderlich gehalten, dass die Antragstellerin die von ihr empfundene Konfliktlage der Kammer gegenüber erläutert; diese Möglichkeit hat sie nicht genutzt.“ Die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor und werden in den nächsten Tagen abgesetzt.

Die Klage ist kein Einzelfall

Es liegt mit der Klage auch kein Einzelfall vor, wie das Verwaltungsgericht Osnabrück bestätigte: Dort sei dieses Verfahren zwar das erste seiner Art, es seien aber noch weitere anhängig. In einem ähnlich gelagerten Fall hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München im Jahr 2014 zugunsten der Schule entschieden: „Das Verbot, während des Unterrichts an einer Berufsoberschule einen gesichtsverhüllenden Schleier zu tragen, begrenzt das Recht einer Schülerin auf freie Religionsausübung in zulässiger Weise.“

(PM/dos/avd)