Die permanente heimliche Steuererhöhung durch die kalte Progression soll endlich gestoppt werden. (Bild: Fotolia/Denis Junker)
Finanzen

40 Milliarden für die Bürger

Nach Bayerns Finanzminister Markus Söder legt jetzt auch die Mittelstandsvereinigung der Union ein Konzept für eine Steuerreform vor. Ziel ist es, wenigstens einen Teil der Mehreinnahmen des Staates an die Steuerzahler zurückzugeben.

Der Wirtschaftsflügel der Union will mit einer umfassenden Steuerreform in den Bundestagswahlkampf ziehen. Ein entsprechendes Konzept hat die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU/CSU (MIT) jetzt vorgelegt. Es sieht bis 2020 Entlastungen von Bürgern und Familien von mehr als 40 Milliarden Euro vor.

Reform in drei Stufen

Angesichts der sprudelnden Steuereinahmen hält die MIT den Zeitpunkt für eine deutliche Senkung der Steuerlast für gekommen. Laut der aktuellen Steuerschätzung sollen bis 2020 jedes Jahr die Vorjahreseinnahmen um jeweils durchschnittlich 27 Milliarden übertroffen werden, schreibt die Mittelstandsunion. Im Jahr 2020 werde der Staat damit voraussichtlich 135 Milliarden Euro mehr einnehmen als 2015.

Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern, die den Staat mit ihren Steuern stützen, jetzt einen Teil der Mehreinnahmen zurückgeben.

Carsten Linnemann

Der Vorsitzende der MIT, Carsten Linnemann (CDU), sagte der Süddeutschen Zeitung, die Union habe in den vergangenen Jahren eine Steuerreform immer wieder vertagt. „Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern, die den Staat mit ihren Steuern stützen, jetzt einen Teil der Mehreinnahmen zurückgeben.“

Dem MIT-Konzept zufolge soll das Steuersystem in drei Stufen vereinfacht, leistungsfreundlicher und familienfreundlicher gemacht werden. In der ersten Stufe soll die Werbungskostenpauschale auf 2000 Euro verdoppelt werden. Dies würde nicht nur die Steuerlast senken, sondern auch den bürokratischen Aufwand verringern. Bürger, die nicht mehr als 2000 Euro Werbungskosten geltend machen, müssten dann keine Belege mehr sammeln und beim Finanzamt einreichen.

Spitzensteuersatz erst ab 60.000 Euro

In der zweiten Stufe soll der „Mittelstandsbauch“ im Steuertarif abgeflacht und der Spitzensteuersatz so verschoben werden, dass er nicht schon nahe beim Durchschnittseinkommen greift. Die MIT schlägt vor, den Grenzsteuersatz für das Ende der ersten Progressionszone, die niedrige Einkommen bis zu 13.699 Euro jährlich betrifft, von 24 auf 20 Prozent abzusenken werden. Damit würde der Tarifverlauf insgesamt flacher. Der Spitzensteuersatz von mit 42 Prozent solle künftig erst ab 60.000 Euro Jahreseinkommen gelten, nicht wie bisher bereits ab 53.666 Euro. „Unsere jahrzehntelange Untätigkeit hat dazu geführt, dass heute der Facharbeiter an der Maschine den Spitzensteuersatz zahlt, den früher nur sein Chef zahlen musste“, begründet Linnemann die Vorschläge.

Durch die Stufen 1 und 2 der Reform würden sich Entlastungen für die Steuerzahler in Höhe von rund 33 Milliarden Euro ergeben, schätzt die MIT.

Mehr Geld je Kind

In Stufe drei soll der Grundfreibetrag für Erwachsene auch für Kinder gelten und den bisherigen Kinderfreibetrag ersetzen. Das Kindergeld soll zudem von 190 auf 226 Euro fürs erste Kind angehoben werden. Dadurch würden zusätzliche 7,7 Milliarden Euro an die Bürger zurückgezahlt. Insgesamt kommt die Mittelstandsvereinigung der Union so auf eine Entlastung von mehr als 40 Milliarden Euro.

Um die schwarze Null im Bundeshaushalt nicht zu gefährden, will die Mittelstandsvereinigung die Steuersenkungen an die Mehreinnahmen koppeln. Die Ausgestaltung der Stufe 2 solle davon abhängen, wie sich die erwarteten Steuereinnahmen entwickeln, heißt es dazu im Konzept: „Falls die Steuermehreinnahmen noch höher ausfallen, soll auch die Entlastung höher ausfallen. Bei geringeren Steuermehreinnahmen, würde der Steuertarif entsprechend weniger entlastend angepasst werden können.“ Letztendlich solle die Entlastung einem Drittel der erwarteten Steuermehreinnahmen entsprechen.

Deutliche Entlastung durch den Bayern-Tarif

Zuvor hatte bereits Bayerns Finanzminister Markus Söder ein Konzept zur Entlastung der Bürger vorgestellt. Sein „Bayern-Tarif“ sieht vor, besonders die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen ab 2019 um zehn Milliarden Euro jährlich zu entlasten. Dazu soll vor allem der Einkommensteuertarif abgeflacht werden. Den Solidaritätszuschlag will Bayerns Finanzminister bis 2030 schrittweise abbauen.

Zudem will Söder den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum fördern. Pro Kind soll es dazu zehn Jahre lang einen Zuschuss von 1200 Euro jährlich geben.

Es kann nicht sein, dass der Staat sich auf Kosten der Bürger zusätzlich Geld in die Taschen wirtschaftet.

Markus Söder

Auch Söder sieht angesichts der steigenden Steuereinnahmen und der extrem niedrigen Zinsen den Staat in der Pflicht: „Im Moment verdient der Staat Geld bei der Europäischen Zentralbank durch die niedrigen Zinsen und bezahlen tut es der Sparer und der Lebensversicherte. Das ist doch unfair. Es kann nicht sein, dass der Staat sich auf Kosten der Bürger zusätzlich Geld in die Taschen wirtschaftet. Das muss man zurückgeben.“

Schäuble sieht Spielräume

Unterstützung kommt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Auch er sieht nach Angaben seines Sprechers in der kommenden Legislaturperiode Spielräume für Steuererleichterungen, um vor allem mittlere Einkommen zu entlasten. Schäuble argumentiert dabei mit der Steuerquote, dem Verhältnis von Steuereinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt. Diese Quote sei laut seinem Sprecher in den letzten Jahren um einige Prozentpunkte gestiegen, und Steuerschätzer gingen von einem weiteren Zuwachs aus.