Weide bei Landsberg. (Bild: Imago/alimdi)
Landwirtschaft

Premium statt Masse

Die Milchkrise macht deutlich: Mehr Produktion ist nicht die Lösung. Für Landwirtschaftsminister Helmut Brunner ist das Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebs Zukunftsmodell. Dazu ermutigt er Bauern, alternative Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dabei helfen sollen Förderprogramme und Ausgleichszahlungen.

Fährt Landwirtschaftsminister Helmut Brunner aufs Land, trifft er immer mehr Bauern, die ihm ihre neuen Ferienwohnungen oder Hofläden zeigen. Einige präsentieren auch Masterpläne, wie sie künftig Gäste im Garten bewirten wollen.

Es gilt nicht mehr, je größer desto wettbewerbsfähiger. Kreativität und Flexibilität zählt.

Helmut Brunner, bayerischer Landwirtschaftsminister

Brunner will deshalb die bäuerlichen Familienbetriebe unterstützen. Dazu steckt er Geld in bewährte Förderprogramme und setzt auf Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht. Agrarumweltmaßnahmen sollen nicht staatlich reglementiert werden, sondern der Minister appelliert an die Verantwortung der Landwirte, diese freiwillig umzusetzen.

Millionen für die Landwirtschaft

Konkret hat das Landwirtschaftsministerium im Vergleich zum letzten Doppelhaushalt 135 Millionen Euro zusätzlich. Das sind immerhin fünf Prozent mehr. Ein Großteil der Summe soll die Einkommen der rund 110.000 Familienbetriebe stabilisieren. Knapp 70 Millionen Euro steht für das Kulturlandschaftsprogramm zur Verfügung. 16 Millionen Euro werden in die Ländliche Entwicklung gesteckt. Damit soll die Infrastruktur modernisiert, Ortskerne wiederbelebt – beispielsweise indem leerstehende Gebäude wieder genutzt werden – und der Boden- sowie Erosionsschutz vorangebracht werden. Mit sechs Millionen mehr sollen Wälder in klimatolerante Mischwälder umgebaut werden. Zu neuen Projekten zählen unter anderem Gewässerschutz, Innovationsfonds und die Digitalisierung im Agrarbereich.

Milchbauern stellen auf „Bio“ um

Mit dem Kulturlandschaftsprogramm unterstützt der Freistaat die Entwicklung einer nachhaltigen ökologischen Erzeugung. Dazu bekommen Landwirte seit 1988 Ausgleichszahlungen für umweltschonende Bewirtschaftungsmaßnahmen. Darunter fallen Prämien für Weidehaltung oder für vielfältige Fruchtfolgen auf den Feldern. Auch den Bauern in Berggebieten hilft das Kulturlandschaftsprogramm. Neben Ausgleichszahlungen gibt es ab sofort spezielle Ausbildungsangebote bis hin zu einem eigenen Bergbauernprogramm. Insgesamt zählen in Bayern etwa 240.000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche zum Berggebiet. Rund 10.000 Betriebe wirtschaften hier.

Absatz muss gesichert sein

Für Neuantragsteller des Kulturlandschaftsprogramm hat das Ministerium nun knapp 70 Millionen Euro mehr. Von dem Programm haben in letzter Zeit auch die Milchbauern profitiert. Immer mehr von ihnen planen, ihren Betrieb auf biologische Erzeugung umzustellen. Das bestätigt Barbara Scheitz, Geschäftsführerin von Europas größter Bio-Molkerei „Andechser“. Knapp 70 Landwirte haben im letzten halben Jahr umgestellt, weitere 100 stehen auf der Warteliste der Andechser. Noch mehr Biomilch kann die Molkerei vorläufig nicht gebrauchen – dafür fehlt der Markt. Deshalb warnt der Minister:

Die Umstellung auf Bioproduktion darf erst erfolgen, wenn der Landwirt jemanden hat, der die Produkte abnimmt.

Helmut Brunner, bayerischer Landwirtschaftsminister

Brunner will den Mehrwert heimischer regional und ökologisch erzeugter Lebensmittel für Verbraucher sichtbar machen. Dabei helfen seiner Meinung nach sogenannte „Bauernmeilen“ und Märkte in den Städten, auf denen Landwirte dazu einladen, ihre Produkte zu probieren. Oder Informationskampagnen und Veranstaltungen wie die Öko-Erlebnistage im Oktober.

Bio-Siegel für mehr Transparenz

In den Supermärkten soll das bereits 2015 eingeführte bayerische Bio-Siegel dazu führen, dass Verbraucher für Öko-Produkte sensibilisiert werden. Das Siegel macht deutlich, woher das Produkt kommt. Seit seiner Einführung Ende 2015 konnte die Landesvereinigung für ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) rund 50 Lizenznehmer mit etwa 500 zertifizierten Produkten gewinnen. Das Bayerische Bio-Siegel ist seit Juli 2016 auf Produkten im Bio-Fachhandel zu finden. Weiter Informationen zum Siegel finden Sie hier: Bio in Bayern.

Wir brauchen Premiumprodukte statt billige Massenware. Und das Bewusstsein, dass Premium etwas kostet.

Helmut Brunner, bayerischer Landwirtschaftsminister

Brunner will deshalb auch enger mit den Bioverbänden zusammenarbeiten um Verbraucher besser zu informieren. Luft nach oben sieht der Minister auch in Sachen Vermarktung. Für französischen Käse seien die Leute schon lange bereit, mehr Geld auszugeben. Diese Wertschätzung müsse auch bei bayerischen Produkten erreicht werden. Zwei Millionen Euro mehr investiert der Freistaat daher in eine Premiumstrategie für Lebensmittel aus Bayern. Die Dachmarke „Bestes aus Bayern“ soll Lebensmitteln ein „Gesicht“ geben. Aber auch an der Fachschulausbildung wird gefeilt. So werden sowohl Dialogfähigkeit wie auch mehr Know-how über die Märkte Bestandteil der Lehrpläne werden.

Hunger auf „Bio“ wächst

Bayern ist im bundesweiten Vergleich sowohl in Bezug auf die Zahl der Öko-Betriebe als auch die Öko-Fläche Spitzenreiter: Fast ein Drittel aller deutschen Öko-Betriebe wirtschaften in Bayern. Und es werden immer mehr. Waren es rund 800 Betriebe im Jahr 1989, sind es inzwischen etwa 7300. Doch insgesamt sind es nur sieben Prozent aller Höfe in Bayern, die nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus arbeiten. Kein Wunder, dass ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herrscht: Mit einem Marktanteil von rund fünf Prozent der Öko-Produkte am gesamten deutschen Lebensmittelmarkt kann die derzeitige Nachfrage nach Öko-Produkten aus heimischer Produktion nicht gedeckt werden. Mit Hilfe verschiedener Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Beratung, Förderung, Forschung und Marktentwicklung soll der bayerische Öko-Landbau bis 2020 verdoppelt werden.

(LVÖ/AS)