Beliebter Treffpunkt der Münchner: Im Seehaus am Kleinhesseloher See würde es nach der Realisierung des Tunnels noch lauschiger werden, denn der Isarring ist nur einen Steinwurf entfernt. (Bild: Imago/Lindenthaler)
Englischer Garten

„Wiedervereinigung“ zum Greifen nah

Was viele nicht mehr für möglich gehalten hatten, ist zum Greifen nah: Der „Wiedervereinigung“ des Englischen Gartens in München steht nichts mehr im Weg. Der Freistaat beteiligt sich an den Kosten für einen Tunnel, der Isarring kann auf knapp 400 Meter Länge unter der Erde verschwinden. Zu verdanken haben die Münchner den Durchbruch auch der Stadtspitze, allen voran Vize-OB Josef Schmid (CSU).

Es wächst zusammen, was zusammengehört: Bayerns Finanzminister Markus Söder und Finanzminister Joachim Herrmann haben heute den schwersten Brocken aus dem Weg geräumt. Der Freistaat beteiligt sich mit 35 Millionen Euro an dem rund 125 Millionen Euro teuren unterirdischen Bauwerk. „Der Englische Garten ist das Herz und die grüne Lunge Münchens. Seine Wiedervereinigung liegt vielen Bürgern am Herzen. Der Freistaat will damit einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität der Münchnerinnen und Münchner leisten“, sagte Söder. „Mit dem neuen Tunnel schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, ergänzte Herrmann. „Der großartige Englische Garten kann wieder zusammenwachsen und wir lösen die aktuellen Verkehrsprobleme am Isarring ganz erheblich.“ Jetzt sei die Stadt am Zug, sich klar für den Tunnelbau zu entscheiden und die Planungen voranzutreiben. „Ich appelliere an Oberbürgermeister Dieter Reiter, die sich jetzt abzeichnende positive Lösung für München zeitnah umzusetzen“, sagte der Münchner Kultusminister Ludwig Spaenle. Münchens Bürgermeister Josef Schmid (CSU) sprach von einem guten Tag für München. „Ich bin mir sicher, dass der Münchner Stadtrat sich für die Untertunnelung aussprechen wird. Das Projekt muss jetzt zügig umgesetzt werden“, so Schmid.

Nordteil des Parks noch im Dornröschenschlaf

Der Nordteil des Englischen Gartens dürfte also in etwa zehn Jahren aus seinem Dornröschenschlaf erwachen. 50 Jahre ist es her, dass er beim Bau des Isarrings vom Südteil abgetrennt wurde. Einzige Verbindung sind seitdem ein schmaler Tunnel und eine kleine Brücke, die von Ortsfremden leicht übersehen werden. Über den Isarring quälen sich täglich gut 112.000 Autos und Lkw. Staus in die Iffland- und die Dietlindenstraße sind an der Tagesordnung. Für die erholungssuchenden Parkbesucher sind die Belästigungen durch Abgase und Lärm seit jeher ein Ärgernis.

Stiftung kämpft seit sieben Jahren für das Projekt

Dass die Blechlawine bald auf einer Länge von knapp 400 Metern unter der Erde verschwinden könnte, haben die Münchner vor allem den Initiatoren Petra Lejeune und Hermann Grub zu verdanken. Das Architektenehepaar engagiert sich seit den 70er Jahren für mehr Lebensqualität in Großstädten und insbesondere für mehr Grün für Erholungssuchende. Sie forderten vor gut sieben Jahren die „Wiedervereinigung des Englischen Gartens“ mit einer Tunnellösung und gründeten eine Stiftung, die seitdem für das Projekt kämpft.

Allianz Umweltstiftung finanziert Machbarkeitsstudie

Für ihre Idee konnte das Ehepaar auch die Allianz Umweltstiftung gewinnen. Der Versicherungskonzern finanzierte eine Machbarkeitsstudie, die 2011 vorgestellt wurde. Die Vorplanung überzeugte auf ganzer Linie: Ein durchgehender Stadtpark auf fünf Kilometern Länge lockt. Er soll eine „Frischluftschneise“ vom Stadtrand bis ins Zentrum bieten. Für die Pendler wäre das Projekt ebenfalls ein Segen, schließlich wird ihnen „ein staufreier Verkehrsfluss auf sechs Fahrspuren im Tunnel“ in Aussicht gestellt. Derzeit staut sich der Verehr noch auf vier Spuren. Einziges Hindernis war und blieb zunächst das liebe Geld in der chronisch klammen Münchner Stadtkasse.

Das ist eine sensationelle Nachricht, wir freuen uns wahnsinnig.

Initiator Hermann Grub

Jetzt könnte es für bisherige Münchner Verhältnisse richtig schnell gehen: Nach den positiven Signalen der Staatsregierung sprach Hermann Grub schon Mitte der Woche gegenüber dem Münchner Merkur von einer „sensationellen Nachricht“. Ihn und seine Frau freue das „wahnsinnig“. Der Tunnelinitiator verwies auf eine Million Euro, die die Allianz Umweltstiftung für den Bau bereits zugesagt hat und rechnet noch mit weiteren Spendern: „Viele haben nur gewartet, bis die Stadt sich endgültig zu dem Projekt bekennt.“

Das sollte jetzt nur noch eine Formsache zu sein: Nach der Sommerpause will der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss fällen, dann kann in die Detailplanung eingestiegen werden. Mit einem Baubeginn wird nach ersten Schätzungen in fünf bis sechs Jahren gerechnet, bis alles fertig ist dürften weitere viereinhalb Jahre vergehen. Die Finanzierung steht mit der Zusage der Staatsregierung auf sicheren Beinen, mehr als 80 der insgesamt 125 Millionen Euro sind förderfähig.

Das Tunnelprojekt im Englischen Garten ändert nichts daran, dass die Münchner Verkehrsinfrastruktur bei weitem nicht mit dem wachsenden Verkehr Schritt halten kann. Dringend muss der Föhringer Ring ausgebaut werden, um dem überregional orientierten Verkehr eine weitere Achse im Norden der Stadt zu geben.

Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern

Der Durchbruch in der Tunnelfrage stieß am Donnerstag auf eine breites positives Echo: Oberbayerns IHK-Chef Peter Driessen mahnte aber weitere Projekte an:  „Das Tunnelprojekt im Englischen Garten ändert nichts daran, dass die Münchner Verkehrsinfrastruktur bei weitem nicht mit dem wachsenden Verkehr Schritt halten kann. Dringend muss der Föhringer Ring ausgebaut werden, um dem überregional orientierten Verkehr eine weitere Achse im Norden der Stadt zu geben.“ Außerdem müsse das Nadelöhr Landshuter Allee am Mittleren Ring schnellstmöglich mit einem Tunnel entschärft werden. Dadurch verringere sich auch die Stickoxid-Belastung in diesem Bereich.

Der Englische Garten

Kurfürst Karl Theodor ließ den Englischen Garten ab 1789 durch Benjamin Thompson, den späteren Reichsgraf von Rumford, als Volksgarten für die Bevölkerung anlegen. Zunächst Berater und ab 1804 dann Intendant des gesamten Bayerischen Gartenwesens war der Hofgärtner Friedrich Ludwig von Sckell. Heute besuchen jährlich mehr als fünf Millionen Menschen den Englischen Garten. Mit einer Fläche von 376 Hektar ist der Englische Garten eine der größten innerstädtischen Parkanlagen der Welt, größer als der Central Park in New York oder der Hyde Park in London.