Mit der blauen Umweltplakette könnte ein faktisches Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge in München drohen. (Foto: imago/Christian Ohde)
Blaue Plakette

Dicke Luft in München

Nach einem Urteil des Münchner Verwaltungsgerichts muss die Staatsregierung mehr Druck auf die Stadt München ausüben, damit diese ihren Luftreinhaltungs-Pflichten nachkommt. Und das binnen eines Jahres, sonst droht ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro. Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) lehnt die Forderung linksökologischer Verbände nach generellen Fahrverboten für Dieselfahrzeuge ab.

Der Freistaat muss wirksame Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in der Landeshauptstadt München ergreifen. Das hat das Verwaltungsgericht München entschieden. Die NO2-Belastung liege an zwei Messstellen erheblich über dem Grenzwert, schreibt das Gericht.  Das Gericht verpflichtet den Freistaat dazu, wirksamere Maßnahmen als bislang zu ergreifen, um die Überschreitung der Grenzwerte durch Stickstoffdioxid (NO2) zu beenden.

Der Freistaat gehe selbst davon aus, dass dort der Grenzwert ohne zusätzliche Maßnahmen vor dem Jahr 2025 beziehungsweise 2030 nicht eingehalten werden könne. Was bisher unternommen wurde, ist aus Sicht des Gerichts nicht wirksam genug. Weiterer Kritikpunkt: In einem Gutachten zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans würden Maßnahmen wie etwa Verkehrsbeschränkungen nicht geprüft.

Sinn von Fahrverboten mehr als fraglich

Sollte das Bayerische Umweltministerium nicht innerhalb eines Jahres dafür sorgen, dass die Stadt ihren Luftreinhalteplan nachbessert und umsetzt, droht dem Freistaat das höchstmögliche Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro. Die Regierung von Oberbayern hatte zusammen mit der Stadt den Luftreinhalteplan erstellt. Die Maßnahmen haben nie ausreichend gegriffen. Ohnehin ist es überaus fraglich, ob Fahrverbote überhaupt spürbar zu einer niedrigeren Schadstoffbelastung beitragen.

Das Verwaltungsgericht schreibt der Staatsregierung nicht vor, was nun konkret zu tun ist. Darauf hätten die Kläger auch keinen Anspruch, so die Richter. Die links-ökologischen Verbände Verkehrsclub Deutschland (VCD) und Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Staatsregierung verklagt hatten, fordern eine City-Maut oder das Nachrüsten von städtischen Omnibussen. Sie wollen Diesel-Fahrzeuge komplett aus der Stadt verbannen.

Pauschales Fahrverbot für Diesel kommt nicht in Frage

Ein klares Nein zu Diesel-Fahrverboten kommt von Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). „Die Staatsregierung sieht pauschale Einfahrverbote für Dieselfahrzeuge in bayerische Innenstädte nicht als Lösung an und lehnt diese ab“, sagt Scharf dem Bayernkurier.  Die Fahrzeugflotte müsse insgesamt schadstoffärmer werden. Hier seien bereits wichtige Entscheidungen auf EU-Ebene getroffen worden. Die Ministerin versprach, dass weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung in München – etwa durch das Landesamt für Umwelt – zügig geprüft werden.

Zur Luftreinhaltung in München würden zügig weitere Maßnahmen geprüft, so die Ministerin zum Bayernkurier. „beispielsweise eine erneute Fortschreibung des Luftreinhalteplans. Hierzu werden zeitnahe Gespräche mit allen Beteiligten geführt. Dabei werden beispielsweise auch die Ergebnisse eines fachlichen Gutachtens einfließen, das derzeit im Auftrag des Landesamtes für Umwelt erstellt wird.“

Grenzwerte für Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei werden überall eingehalten

Ein Sprecher des Umweltministeriums ergänzt, nach einer gründlichen Prüfung der Urteilsbegründung behalte sich das Haus weitere Rechtsmittel vor. Er betont, das bewährte Mittel zum Erhalt und zur Verbesserung der Luftqualität sei die Erstellung von Luftreinhalteplänen. „Die Bezirksregierungen legen hier gemeinsam mit den betroffenen Kommunen geeignete Maßnahmen fest. Diese können zum Beispiel die Einrichtung einer Umweltzone, aber auch die Entwicklung eines Verkehrsmanagementsystems sein. Mit Erfolg: Die Grenzwerte für die Luftschadstoffe Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei werden in Bayern seit Jahren an allen Messstationen eingehalten. Seit 2012 werden die Feinstaub-Grenzwerte ebenfalls an keiner Messstation überschritten“, so das Ministerium.

Die Gewährleistung sauberer Luft durch die Luftreinhalteplanung sei ein fortwährender Prozess, so erklärt der Ministeriumssprecher weiter, in den ständig neue Erkenntnisse über effektive Minderungsmaßnahmen einfließen. Bereits im September 2004 seien mit dem Luftreinhalteplan für München die entscheidenden Weichen zur kontinuierlichen Verbesserung der Luftqualität gestellt worden. Seit 20.5.2014 sei bereits die fünfte Fortschreibung der Luftreinhalteplanung in München in Kraft. Um die Luftqualität in München noch weiter zu verbessern, wurde der Luftreinhalteplan weiter fortgeschrieben, die sechste sei bereits in Arbeit.

Schmid: Stadt München arbeitet mit Hochdruck

Der Zweite Bürgermeister der Stadt München, Josef Schmid (CSU), betont unterdessen, die Landeshauptstadt arbeite schon seit längerer Zeit „mit Hochdruck“ daran, die Immissionen zu senken. „Bestes Beispiel ist das kürzlich beschlossene Handlungsprogramm zur Förderung der E-Mobilität“, so Schmid. „Für mich ist die Förderung der E-Mobilität ein entscheidender Faktor auf dem Weg zu einer besseren Luftqualität. Der Bund hat die Förderung der Anschaffung von E-Mobilen übernommen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass in München die dadurch frei werdenden finanziellen Mittel für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur bereitgestellt werden. Das ist eine konkrete weitere Maßnahme, deren Umsetzung sofort beginnen kann.“

Herrmann: Öffentlichen Nahverkehr ausbauen

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München, das mehr Anstrengungen bei der Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt München fordert, ist nach Auffassung von Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) ein Aufruf, den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) noch stärker auszubauen: „Die Zweite S-Bahn-Stammstrecke wird vielen Autofahrern den Umstieg auf den ÖPNV wesentlich erleichtern. Daneben müssen wir den Bau von Radwegen noch mehr vorantreiben, zum Beispiel den Bau von Radschnellwegen an Staats- und Bundesstraßen.“

Der Freistaat Bayern stellt für den allgemeinen ÖPNV den Kommunen und den Verkehrsunternehmen rund 200 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Zudem setzt der Freistaat Bayern von den vom Bund bereitgestellten Regionalisierungsmitteln 90 Prozent zur Bestellung der Schienenpersonennahverkehrsleistungen ein. Auch finanziert der Freistaat gemeinsam mit dem Bund den Ausbau der für den öffentlichen Personennahverkehr notwendigen Schieneninfrastruktur.

Kommunen müssen Fördermittel abrufen

„Auch in den Bau von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen investieren wir kräftig, zwischen 2015 und 2019 rund 200 Millionen Euro. Den Radwegebau wollen wir weiterhin vorantreiben. Wir unterstützen etwa die Realisierung von Radschnellwegen in den Großräumen München und Nürnberg. Damit das Rad für die Fahrt zur nächsten Haltestelle des ÖPNV genutzt wird, unterstützen wir die Kommunen ebenso beim Bau von Radlparkplätzen“, so Herrmann, der auch Bayerns Bauminister ist.

Er forderte die Kommunen erneut auf, diese Fördermittel auch abzurufen. Herrmann wies auch auf die Bedeutung der Elektromobilität hin. Der Bund hat hier Förderprogramm von 300 Millionen Euro von 2017 bis 2020 zur Schaffung von 15.000 Schnell- und Normalladestationen aufgelegt. „Daran werden wir uns mit eigenen Landesmitteln beteiligen. Denn in 2020 werden wir in Bayern einen Bedarf von 7.000 öffentlichen Ladensäulen haben.“ Darüber hinaus werden alle Tank- und Rastanlagen auf den Bundesautobahnen in Bayern durch die Tank- und Rast GmbH bis 2017 mit Schnellladestationen ausgestattet. „Auch die staatlichen Behörden gehen mit gutem Beispiel voran“, so Herrmann. Dort vorhandene Ladeinfrastruktur kann von den Bediensteten und Besuchern kostenfrei genutzt werden.