CSU-Parteichef Horst Seehofer und Generalsekretär Andreas Scheuer formulieren Bedingungen für die Klausur mit der Union. (Foto: Anja Schuchardt)
Richtungsdebatte

CSU fordert mehr konservatives Profil von der CDU

Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber hat in einem Diskussionspapier wichtige Themen formuliert, mit denen die Union Wähler "Mitte-Rechts" zurückgewinnen kann. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kündigt einen neuen "Bayernplan" für die kommende Bundestagswahl an und nennt erste Inhalte für die gemeinsame Programm-Klausur mit der CDU.

Die CSU will auch künftig die „starke Stimme des bürgerlichen Lagers“ sein. Dies erklärte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer im Anschluss an eine Sitzung des Parteivorstands. Seine Partei, sagte Scheuer, werde ihren klaren Kurs beibehalten. „Wir rücken von unseren Prinzipien ‚christlich, konservativ, liberal und sozial‘ nicht ab“, erklärte der CSU-Generalsekretär. Dazu zähle auch „Null Toleranz gegenüber Radikalismus und Rassismus“. Von diesen Prinzipien sei die CSU nie abgerückt, und es gebe keine Notwendigkeit, dies zu tun.

Bayernplan für die Wahl 2017

Scheuer ging damit noch einmal auf den jüngsten Streit zwischen CSU und Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Die Kanzlerin hatte erklärt, sie wolle keine Prinzipien aufgeben, die für die Union „konstitutiv“ seien, um rechte Parteien wie die AfD zu bekämpfen. Scheuer kündigte an, die CSU werde, um ihren politischen Kurs klar herauszustellen, auch für die kommende Bundestagswahl ein eigenes Programm erarbeiten. Bereits 2013 war die CSU mit einer eigenen Agenda, dem „Bayernplan“, angetreten.

Trotz aller Probleme zwischen den Schwesterparteien bekräftige Scheuer, dass es Ende Juni zu einer Unionsklausur kommen solle, auf der beide Parteien über ein gemeinsames Programm diskutieren wollten. Es müsse auf der Klausur aber auch um eine Analyse der gegenwärtigen Lage gehen, so Scheuer, und um den „Stil der Zusammenarbeit“ von CSU und CDU. Er machte klar, dass das Treffen nur sinnvoll sei, wenn tatsächlich inhaltliche Fortschritte erzielt würden. Um dies abzuklären, so Scheuer, werde es bereits Mitte Juni ein Vorbereitungstreffen geben.

Wir bemühen uns, die nächsten Wochen die Dinge gemeinsam mit der CDU aufzulösen.

Horst Seehofer

Ähnlich hatte sich bereits CSU-Chef Horst Seehofer geäußert: „Es darf kein Krisengipfel werden“, sagte er über die geplante Klausur. „Sonst sollten wir uns besser gar nicht treffen. Das darf nicht irgendeine Wortakrobatik sein, sondern muss belastbar sein und eine Zukunftsvision enthalten.“ Seehofer stellte klar, dass er auf eine Wiederannäherung an die Union setzt: „Wir bemühen uns, die nächsten Wochen die Dinge gemeinsam mit der CDU aufzulösen.“  Seehofer will in den kommenden Tagen unter vier Augen mit Merkel die Lage besprechen.

„Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit“ als Leitthemen

Ziel der Klausur müsse es sein, erläuterte Scheuer, mit der CDU „einen gemeinsamen Fahrplan zu verhandeln“, der dabei helfe, Vertrauen zurückzugewinnen. „Wir wollen die AfD überflüssig machen“, sagte Scheuer. Dazu müssten CSU und CDU ein Zukunftsprogramm ausarbeiten. Scheuer zufolge soll das Programm „drei bis fünf“ Themen beinhalten. Er nannte die bereits von CSU-Chef Horst Seehofer formulierten Punkte „Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit“ als Leitthemen. Konkret, so Scheuer, müsse sich die Union um die Zukunft Europas Gedanken machen und die wichtigen Aufgaben der Integration und inneren Sicherheit vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise anpacken.

Für die Bundespolitik formulierte der CSU-Generalsekretär zudem sechs Themen, die in den kommenden Wochen von der Großen Koalition abgearbeitet werden müssten.

  • die Bund-Länder-Finanzbeziehungen.
  • das Erneuerbare-Energien-Gesetz
  • die Erbschaftssteuer
  • die Krise der Landwirtschaft
  • die Integration der Flüchtlinge
  • die Sozialpolitik

Auf die Klärung dieser Punkte werde die CSU ihre volle Kraft richten. Der CSU-Parteivorsitzende, so Scheuer, werde deshalb in den kommenden Wochen häufig in Berlin sein.

Stoiber sieht größte inhaltliche Auseinandersetzung in der Geschichte der Union

Die CSU-Vorstandssitzung war überlagert vom Streit mit der Union und Bundeskanzlerin Merkel. Die Auseinandersetzung dreht sich im Grunde darum, wie die Union mit der AfD und ihren Wählern umgehen soll und welchen Anteil am Erstarken der Rechtspopulisten der politische Kurs der Kanzlerin hat.

Es ist ein Problem, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland heute die CDU als ‚links von der Mitte‘ eingruppieren.

Edmund Stoiber

Bereits vor der Vorstandssitzung hatte sich der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber zu diesem Thema zu Wort gemeldet. „Das ist die größte inhaltliche Auseinandersetzung in der Geschichte der Unionsparteien“, erklärte Stoiber zur Richtungsdebatte. In einem Diskussionspapier hat der frühere bayerische Ministerpräsident aufgeschrieben, worum es aus seiner Sicht geht: „Schluss mit der alleinigen Ausrichtung auf die ‚Mitte‘ und zurück zu den gemeinsamen bürgerlichen Werten“, verlangte Stoiber. „Es ist ein Problem, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland heute die CDU als ‚links von der Mitte‘ eingruppieren.“ Stoiber warnte die beiden Volksparteien Union und SPD davor, um die gleichen Wähler zu werben. Das führe zu Verhältnissen wie in Österreich.

Stoiber fordert Rückbesinnung auf „Mitte-Rechts“

Von der CDU forderte der CSU-Ehrenvorsitzende, sich wieder mehr um das Spektrum „Mitte-Rechts“ zu bemühen. Diese Menschen erwarteten „von ihrem Staat Sicherheit, Recht und Ordnung“, schrieb Stoiber. „Diese Menschen spricht man sicherlich nicht an, wenn man es so macht wie im letzten Jahr: Man weiß nicht, wer im Land ist. Man weiß nicht, wie viele Flüchtlinge kommen oder schon da sind.“

Die CSU versteht sich als Partei der Mehrheit, die CDU will offensichtlich nur Koalitionspartei sein.

Edmund Stoiber

Stoiber formulierte weitere Themen für die konservative Wählerschaft: Sie erwartete, dass sich bei der inneren Sicherheit das Augenmerk mehr auf das Opfer als auf den Täter richte. Sie erwartete auch, dass sich die Politik mehr um Ehe und Familie als um alternative Lebensformen kümmere, dass von Migranten eine Integration in unsere Leitkultur nach dem Grundgesetz verlangt werde, und dass die Leistungsträger der Gesellschaft gefördert würden und nicht ausschließlich soziale Brennpunkte. Konservative Wähler wollten zudem eine sensible Verbindung von Tradition und Moderne. Schließlich, so Stoiber, gebe es viele Menschen, die sich in der politischen Mitte nicht wiederfänden und nach wie vor sehr auf die Kraft der Nation setzten. An der demokratischen Einbindung dieser Menschen müssten alle Demokraten ein elementares Interesse haben.

Die CDU, so Stoiber, dürfe weniger über künftige Koalitionen als vielmehr über die Rückkehr zur eigenen Stärke nachdenken. Den tiefen Konflikt zwischen CDU und CSU machte Stoiber vor allem an einem Punkt fest: „Die CSU versteht sich als Partei der Mehrheit, die CDU will offensichtlich nur Koalitionspartei sein.“ Er wundere sich, wie wenig selbstkritisch die CDU den Absturz der Union auf 30 Prozent hinnehme.

Söder warnt Union vor Rot-Grün-Kurs

Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte am Wochenende die CDU davor gewarnt, zu sehr nach links zu rücken. Wer dies tue, so Söder im Spiegel, der lasse „rechts Platz frei“. Und dieser Platz werde von anderen besetzt. Erst der neue „Mittekurs“ der CDU habe es der AfD ermöglicht, sich im Parteiensystem zu etablieren. Söder sagte mit Blick auf die letzten Wahlergebnisse der Union: „Wenn manche in der CDU glauben, nur auf SPD- und Grüne-Wähler zu setzen, wird die CDU nie mehr über 30 Prozent kommen.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprach sich ebenfalls für eine klarere Positionierung der CDU aus: „Wir dürfen insbesondere im Bereich des Konservativen keine Flügel frei machen, keine offenen Flanken haben.“

Geißler attackiert Seehofer

Am Wochenende hatte der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler den Streit zwischen CSU und CDU zusätzlich befeuert. Im Magazin Focus griff Geißler, der sich in letzter Zeit vor allem als linker Kapitalismus- und Globalisierungskritiker präsentierte, Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer an: „Die CSU ist leider zum Stichwortgeber für die Rechtspopulisten geworden“, sagte Geißler. Seehofers Verhalten sei „schädlich“ für die Union. Solch ein Verhalten hätte sich Franz Josef Strauß niemals erlaubt, so der CDU-Linke. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wies Geißlers Anschuldigungen energisch zurück: „Die Einlassungen von Heiner Geißler sind der realitätsferne und lächerliche Versuch seiner ganz persönlichen Geschichtsumdeutung. Gerade er bemüht heute Franz Josef Strauß, da lacht sicher jeder schlapp, der sich zurückerinnert. Geißlers Anti-CSU-Geblöke kann doch keiner mehr hören. Die CSU und Horst Seehofer ganz persönlich kämpfen für das Wohl des Volkes. Mit unserem klaren Kurs sind wir wirkliche Volkspartei mit immenser Zustimmung in der Bevölkerung.“