Regierung beschließt Integrationsgesetz
Zwei Tage Klausur genügten der Bundesregierung, um das Integrationsgesetz und wichtige Eckpunkte für die raschere Digitalisierung des Landes und das autonome Fahren zu beschließen. Das Integrationsgesetz, das auf dem Prinzip „Fordern und Fördern“ beruht und eine Wohnsitzzuweisung für anerkannte Asylbewerber umfasst, erfährt viel Lob aus der CSU.
Kabinettsklausur

Regierung beschließt Integrationsgesetz

Zwei Tage Klausur genügten der Bundesregierung, um das Integrationsgesetz und wichtige Eckpunkte für die raschere Digitalisierung des Landes und das autonome Fahren zu beschließen. Das Integrationsgesetz, das auf dem Prinzip „Fordern und Fördern“ beruht und eine Wohnsitzzuweisung für anerkannte Asylbewerber umfasst, erfährt viel Lob aus der CSU.

Als Reaktion auf den großen Zuzug von Flüchtlingen in Deutschland hat die Bundesregierung das lange diskutierte Integrationsgesetz auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett beschloss die Gesetzespläne bei seiner Klausur im Brandenburgischen Schloss Meseberg. Darin ist eine verbesserte Förderung für Flüchtlinge vorgesehen, etwa ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt. Enthalten sind aber auch zahlreiche Verschärfungen – wie Leistungskürzungen bei einer Verweigerung von Integrationsangeboten.

Kernpunkt ist die Wohnsitzzuweisung. Geplant ist, dass der Staat anerkannten Flüchtlingen künftig unter bestimmten Bedingungen für einen Zeitraum von drei Jahren den Wohnort vorschreiben kann. Damit soll eine Bildung von Ghettos und Parallelgesellschaften in Großstädten verhindert werden. Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis sollen Flüchtlinge in Zukunft nur noch dann bekommen, wenn sie ausreichende „Integrationsleistungen“ wie Spracherwerb vorweisen können.

Unionspolitiker äußern sich zufrieden

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht das vom schwarz-roten Kabinett beschlossene Integrationsgesetz als „Meilenstein“. Merkel sagte nach Abschluss der Kabinettsklausur, der Staat mache Schutzsuchenden gute Integrationsangebote und verbessere ihren Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Integrationskursen. Der Staat erwarte aber auch, dass Flüchtlinge diese Angebote annähmen, damit Integration besser gelingen könne.

Viel Lob kommt auch aus der CSU. Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betont, mit dem Integrationsgesetz schaffe die Koalition einen neuen Rahmen für Integration in Deutschland. „Erstmals werden Integrationsleistungen auch eingefordert, gegebenenfalls können sogar Leistungen gekürzt werden. Das entspricht genau dem Prinzip fordern und fördern.“ Das Gesetz unterstreicht laut Hasselfeldt, dass Integration „eben nicht nur eine Bringschuld des Staates“ sei, „sondern auch eine Verpflichtung für alle, die neu in unser Land kommen und hier leben wollen“. Besonders begrüßt die CSU-Landesgruppenchefin, „dass Integrationsleistungen künftig auch für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis verlangt werden. Auch die Wohnsitzzuweisung wird wesentlich zur Integration durch Vermeidung von Ghettobildung beitragen und gleichzeitig unsere Kommunen entlasten“.

CSU: Vor lauter Integration die einheimische Bevölkerung nicht vergessen

CSU-Innenpolitiker Michael Frieser und Arbeitsmarkt-Experte Stephan Stracke begrüßen in einer gemeinsamen Erklärung den „Masterplan zur Integration“. Das Gesetz, das binnen sechs Wochen zustande gekommen sei, zeigt laut Stracke Folgendes: „Deutschland ist ein starkes und weltoffenes Land. Und die Bundesregierung ist handlungsfähig und zieht beim Megathema Integration an einem Strang.“ Der integrationspolitische Kompass der CSU „ist und bleibt das Prinzip des Förderns und Forderns“, betont Stracke. „Integration ist ein Angebot zugleich aber auch eine Verpflichtung zu eigener Anstrengung. Beides sind Seiten einer Medaille.“

Bei allen Anstrengungen dürfe aber nicht vergessen werden, die einheimische Bevölkerung mitzunehmen, warnt der CSU-Arbeitsmarktexperte. „Überall dort, wo Teile der einheimischen Bevölkerung einen gleichartigen Förderbedarf haben wie Flüchtlinge, müssen beide Gruppen gleichermaßen unterstützt werden. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit. Nur so entsteht gesellschaftliche Akzeptanz und kann Integration gelingen“, sagt Stracke.

Wohnsitzzuweisung wirkt der Ghettobildung entgegen

Immerhin sei die Koalition jetzt im richtigen Fahrwasser, nicht nur auf die massenhafte Zuwanderung zu reagieren, sondern sie zu regeln und zu gestalten, lobt der CSU-Innenpolitiker Frieser. Besonders mit der Wohnsitzzuweisung werde eine wesentliche Forderung der CSU-Landesgruppe endlich umgesetzt. „Sie ist eine Lehre aus der Tatsache, dass es ein enormes Integrationshindernis darstellt, wenn Migranten nur innerhalb ihrer Communities bleiben und keinen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung haben“, so Frieser.

Gut sei auch, dass Integrationsleistungen künftig belohnt werden, so der CSU-Innenexperte. „Sobald Asylberechtigte ihren Lebensunterhalt sichern können, sind sie frei, ihren Wohnort zu wählen.“ Die unbefristete Niederlassungserlaubnis werde in Zukunft nur bei Vorliegen von Integrationsleistungen erteilt. „Eigeninitiative und Integrationsbereitschaft werden gefördert, Integrationsverweigerung hingegen wird nicht hingenommen“, sagt Frieser.

Mädchen und Frauen besser vor sexuellen Übergriffen durch Flüchtlinge schützen

Außerdem will die Regierung Mädchen und Frauen besser vor Übergriffen durch Flüchtlinge schützen, vor allem in Flüchtlingsheimen. Das geht aus der vom Kabinett beschlossenen „Meseberger Erklärung“ hervor. Man werde rasch mit den Ländern prüfen, ob der Bund ein eigenes Gesetz dazu vorlegt oder die Länder selbst Maßnahmen beschließen. „Übergriffe auf Frauen, Kinder und andere Schutzbedürftige werden wir nicht akzeptieren, ganz gleich ob sie gegen Bürger unseres Landes oder gegen Flüchtlinge gerichtet sind“, heißt es. Die Koalition hatte Schutzkonzepte gefordert, nachdem es vermehrt Berichte unter anderem über sexuelle Übergriffe durch andere Flüchtlinge gab.

Zweites Hauptthema: Digitalisierung

Außerdem beschäftigte sich das Kabinett in Meseberg nach Merkels Worten intensiv mit der Digitalisierung in Deutschland, bei der viele Experten noch erheblichen Nachholbedarf sehen. Es ging um „eine Bestandsaufnahme dessen, wo wir bei der Umsetzung der Digitalen Agenda stehen“, sagte die Kanzlerin. So werde „das Thema Autonomes Fahren sehr schnell zu Rechtsveränderungen führen“.

Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) beschrieben das Klima in der großen Koalition als gut und effizient. Es gebe „keine gigantischen Konfliktfelder abzuarbeiten“, man habe sich jetzt um „zwei wichtige Zukunftsfragen für dieses Land“ gekümmert, so Merkel. Gabriel räumte auf Nachfrage ein, es gebe zwar Streitthemen wie die Regelung der Erbschaftssteuer und den Umgang mit dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat – die in Meseberg besprochenen Bereiche Flüchtlingsintegration und Digitalisierung hätten jedoch viel größere Bedeutung. „Man konnte auch mal lachen“, fasste Merkel die Stimmung bei der Kabinettsklausur zusammen.

dpa/PM/wog