EVP-Fraktionschef Manfred Weber. (Foto: Imago/ZUMA Press)
Richtungsedebatte

Rechts von der CSU darf es „kein Vakuum geben“

Wie lässt sich Franz Josef Strauß heute interpretieren? Angela Merkel und Horst Seehofer haben über einen historische Satz der CSU-Legende gestritten. Nun suchen die Europapolitiker Manfred Weber und Markus Ferber nach einer neuen Formel für den Kampf gegen Populisten am rechten Rand

Nach rechts, nach links – auf jeden Fall voran schreitet die Auseinandersetzung innerhalb der Union über die künftige Orientierung im politischen Koordinatensystem. Am Wochenende hatten die beiden Parteivorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, über die korrekte Auslegung eines historischen Satzes von CSU-Legende Franz Josef Strauß gerungen: Rechts von der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Wenn dies bedeute Prinzipien aufzugeben, „die für unser Land wie auch die Union konstitutiv sind, die den Kern unserer Überzeugungen ausmachen, dann gilt dieser Satz für mich nicht“, hatte die Kanzlerin in einem Interview erklärt. Was der bayerische Ministerpräsident als die Provokation auffasst, als die Merkels Strauß-Interpretation wohl auch gemeint war. „Wir aus Bayern heraus haben kein einziges Prinzip, das die die Union ausgemacht hat in der Nachkriegsgeschichte, aufgekündigt“, antwortete Seehofer in einem TV-Interview.

Impulse aus Brüssel

Mit welchen Mitteln Parteien, die das Christliche im Namen tragen, in Zeiten der Flüchtlingswellen die radikalere Konkurrenz von der AfD zurückdrängen können – darum dreht sich dieser Schlagabtausch. Nach Ex-Parteichef Edmund Stoiber und Generalsekretär Andreas Scheuer steigen nun zwei Europapolitiker der CSU in die Debatte ein. Manfred Weber, einflussreicher Partei-Vize in Brüssel, erklärte im Interview mit dem Münchner Merkur: „Für einen christlichen Kontinent ist die Hilfe eine Pflicht. Daran hat uns Papst Franziskus zurecht erinnert.“ Seine Partei dürfe nicht der Versuchung nachgeben, populistische Formulierungen zu übernehmen. Etwa, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Weber selbst rät zur differenzierteren Betrachtungsweise: „Ich sage: Muslime sind ein Teil von Deutschland, aber der Islam ist keine Grundlage für unsere Gesellschaft.“

Die AfD versucht nach Wahrnehmung des CSU-Strategen, „den Islam mit Islamisten gleichzusetzen“. Eine Religion generell in Frage zu stellen, laufe jedoch auf Hetze hinaus. „Das ist brandgefährlich. Vom Kampf gegen Moscheen zum Kampf gegen Synagogen ist es nur ein kleiner Schritt“, glaubt Weber.

Der luftleere Raum, den die AfD hinterlässt

Sein Brüssler Kollege Markus Ferber versucht im Gespräch mit dem Deutschlandradio Kultur, die umstrittene Strauß-Sentenz weiterzuentwickeln: „Diese Grundregel heißt auch: Es gibt im politischen Spektrum kein Vakuum. Jede Lücke, die sich auftut, wird von einer Partei geschlossen. Und in dem Fall hat die AfD versucht, eine Lücke zu schließen.“ Keineswegs müsse die Union nach rechts rücken, um den Populisten die Grundlage zu nehmen, meint Ferber. „Unsere Position ist: Bleibt da, wo wir immer waren, und rückt nicht nach links.“ Die Sorge in der CSU sei, „dass die CDU in dieser Form des Relativismus eine Vielzahl von Grundüberzeugungen nicht mehr so pflegt, wie wir das gerne hätten, und damit ein politisches Vakuum schafft“.

Neben der befürchteten Links-Bewegung in der Schwesterpartei, erkennt der Europa-Parlamentarier jedoch auch einen freien Raum, den die AfD selbst lässt. „Dass sie nicht mit den Bewegungen im demokratischen Spektrum, sondern eher mit le Pen, mit dem Front National zusammenarbeiten will“ – mit dieser Entwicklung nach rechts hinterlasse die AfD laut Ferber „eine Lücke, in die wir natürlich wollen, dass die Union hineinstößt“.