Digitale Agenda und Integration auf der Tagesordnung
Das Bundeskabinett berät auf der Klausur im malerischen Schloss Meseberg über die digitale Agenda, das automatisierte Fahren und das Integrationsgesetz. Das harmonische Umfeld in der Mark Brandenburg kontrastiert merkwürdig mit den Konfliktherden – etwa der Dissens zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik sowie die tiefe Verunsicherung in der SPD nach den miserablen Wahlergebnissen.
Kabinettsklausur

Digitale Agenda und Integration auf der Tagesordnung

Das Bundeskabinett berät auf der Klausur im malerischen Schloss Meseberg über die digitale Agenda, das automatisierte Fahren und das Integrationsgesetz. Das harmonische Umfeld in der Mark Brandenburg kontrastiert merkwürdig mit den Konfliktherden – etwa der Dissens zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik sowie die tiefe Verunsicherung in der SPD nach den miserablen Wahlergebnissen.

Digitalisierung, Integration und schwarz-roter Teamgeist: Heute zieht sich die Bundesregierung zu einer zweitägigen Klausur auf das idyllische Schloss Meseberg in der Mark Brandenburg zurück. Zum Auftakt der Klausur wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister über die „Digitale Agenda“ der Regierung beraten. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) legt unter anderem ein Positionspapier vor, um die Einführung computergesteuerter Autos voranzubringen. Am Mittwoch soll das geplante Integrationsgesetz im Mittelpunkt stehen.

Dobrindt will digitale Geschäftsideen rund um Mobilität und Geodaten anschieben. Eine neue Plattform mit Verkehrsdaten solle in den kommenden Monaten etwa um Wetter- und Satellitendaten erweitert werden. Das geht aus einem Strategiepapier für die Kabinettsklausur in Meseberg hervor. Am 1. Juni soll außerdem ein Förderfonds für Firmengründer im Volumen von 100 Millionen Euro bis 2020 starten. Zum Anschluss von Gewerbegebieten ans schnelle Internet und zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen auf dem Weg zu digitalen Prozessen sollen 350 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Verunsicherte SPD könnte Regierung gefährden

Neben der Sachpolitik hat die Regierung hat eine Menge interner Probleme zu klären: Da ist einmal angesichts die miserabler Wahlergebnisse in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt und Umfragewerten um die 20 Prozent tief verunsicherte SPD. Trotz eines Appells von Parteichef Gabriel zu einem fairen, demokratischen Wettstreit unter mehreren Anwärtern auf die Kanzlerkandidatur winkten sowohl Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz als auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles gelangweilt ab – so dass die Spitzenkandidatur 2017 mangels Konkurrenz auf den wetterwendischen Gabriel zulaufen dürfte.

Wie die ARD analysiert, hat die SPD im Bund zwar wichtige sozialistisch-ideologische Erfolge erzielt – wie Mindestlohn, Rente mit 63 und strengere Regeln für Leiharbeiter. Gestiegen sind die Umfragen und Wahlergebnisse dadurch aber nicht. Deswegen haben sich die SPD-Spitzen zur Profilierung immer wieder bewusst vom Koalitionspartner abgesetzt: Etwa bei der Böhmermann-Entscheidung oder bei der Frage, ob das Unkrautgift Glyphosat in der EU weiter zugelassen bleiben soll. Aus dem unpopulären „Ja“ der SPD wurde schließlich ein populäres „Nein“. Und das Regieren mit der angeschlagenen SPD wird, je näher die Bundestagswahl 2017 kommt, immer schwerer. Soweit die Analyse der ARD.

Linkskurs der CDU gefährdet Union als Ganzes

Außerdem geht es um die unionsinterne Debatte über den jahrlangen Linkskurs der CDU, der dieser jüngst empfindliche Wahlniederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einbrachte und das Erstarken der AfD begünstigte. Vor allem die Öffnung der Grenzen Anfang September durch Kanzlerin Merkels Alleingang und die Flut von mehr als einer Million Flüchtlinge nach Deutschland hat massive Verstimmungen bei der CSU ausgelöst. Jüngst untergrub Merkel auch noch das unter Helmut Kohl und Franz Josef Strauß unumstößliche Dogma, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Kraft geben dürfe (Lesen Sie hier).

Die Mahnungen aus München wirken im Spiegel der außerbayerischen, traditionell CSU-kritischen Berichterstattung wie ungehörige Attacken auf Ihre Majestät und wie die berühmten „Querschüsse aus München“. Aber hier geht es aus Sicht der CSU tatsächlich ums Ganze, also das Überleben der Union als bestimmende politische Kraft Deutschlands. Wenn die CDU weiter so orientierungslos herumirrt und Richtung Abgrund taumelt, war es das bald mit der prägenden Volkspartei für alle christlich-sozialen, konservativen und liberalen Bürger.

Digital-Branche drängt auf mutige Digitalisierungs-Initiativen

Genug Stoff zur Diskussion also in der Mark Brandenburg. Es wartet aber auch Arbeit auf die Politiker. So dringt die deutsche Digitalwirtschaft auf weitere Impulse der Bundesregierung zum Ausbau neuer Technologien. „Wir brauchen in der Digitalpolitik noch mehr Tempo“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Bitkom, Bernhard Rohleder.

Wichtigste Aufgabe sei die Digitalisierung von Leitindustrien wie Auto- und Maschinenbau, Chemie oder Pharma, so Rohleder mit Blick auf die Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Die Politik könne dafür etwa Akteure zusammenbringen. Schlechte Finanzierungsbedingungen für Firmen-Neugründungen in der Wachstumsphase gehörten bisher zu den größten Standortnachteilen.

„Zukunft des Autofahrens ist autonom und vernetzt“

Rohleder betonte: „Die Zukunft des Autofahrens ist autonom und vernetzt.“ Selbstfahrende Autos könnten Staus vermeiden helfen und die Zahl der Unfalltoten „gen Null senken“. Wenn offene rechtliche Fragen etwa zur Haftung bei Unfällen nun geklärt werden sollten, schaffe die Politik damit entscheidende Voraussetzungen. Mit der „Digitalen Agenda“ habe die Regierung eine Reihe wichtiger Projekte angestoßen, sagte der Bitkom-Hauptgeschäftsführer. Dazu gehöre der Ausbau schneller Internetverbindungen im ganzen Land, für den derzeit acht Milliarden Euro pro Jahr investiert würden.

„Aber für die Zeit nach 2018 brauchen wir ein neues Breitbandziel.“ Dieses müsse über die bis dahin angestrebten Übertragungsgeschwindigkeiten von flächendeckend 50 Megabit pro Sekunde hinausgehen. Rohleder kritisierte: „Beim Thema Bildung klafft in der Digitalen Agenda eine große Lücke.“ Auch wenn dies Ländersache sei, sollte der Bund mehr Impulse geben – etwa für die Förderung digitaler Kompetenz bei Schülern und Lehrern und der technischen Ausstattung in Schulen.

dpa/wog