Grassierender Links- und Rechtsextremismus: Immer häufiger zünden gerade Linksextremisten Luxusautos an, wie hier in Berlin-Friedrichshain. (Foto: Christian Mang/imago)
Kriminalität

Extremisten und Flüchtlinge immer problematischer

Kriminelle Intensivtäter unter den Flüchtlingen bereiten der Polizei große Sorgen. In Karlsruhe hat eine Spezialeinheit der Polizei allein seit März bereits 21 Flüchtlinge verhaftet, die binnen sechs Monaten mehr als je zehn Straftaten begangen haben. Auch politische Extremisten werden immer krimineller: Die Zahl der Gewalttaten unter Links- und Rechtsextremisten hat besorgniserregend zugenommen.

Mit einem eigens eingerichteten Ermittlerteam hat das Polizeipräsidium Karlsruhe erste Erfolge gegen mehrfach kriminelle Flüchtlinge erzielt. 21 Intensivtäter seien in Haft gekommen, seitdem die Gruppe „Mehrfachtäter Zuwanderung“ (MTZ) im März ihre Arbeit aufgenommen hat, sagte der Leiter der Kriminalpolizeidirektion, Karl-Heinz Ruff, in einer ersten Zwischenbilanz. Neun  der 21 Verdächtigen kamen nach Anträgen der Ermittlungsgruppe in Haft, die übrigen zwölf auf Initiative anderer Polizeidienststellen, die der neuen Linie folgen.

Das MTZ-Team besteht aus vier Beamten. Sie nehmen ausschließlich Flüchtlinge ins Visier, die innerhalb von sechs Monaten mindestens zehn Straftaten begangen haben und bei denen alle vorangegangenen Maßnahmen wirkungslos blieben. „Man kann mit solchen Maßnahmen Erfolg haben“, sagte Karlsruhes Polizeipräsident Günther Freisleben. Nicht berücksichtigt werden Verstöße gegen das Ausländergesetz und Schwarzfahren. Verurteilungen geben nach Ruffs Angaben den Ausländerbehörden Handlungsmöglichkeiten, etwa für Abschiebungen.

Harte Linie soll sich unter Asylbewerbern herumsprechen

Das Polizeipräsidium Karlsruhe hatte sich laut Freisleben als erstes in Baden-Württemberg zur Bildung einer Ermittlungsgruppe entschlossen, weil die Zahl der verdächtigen Ausländer stark zugenommen hatte. Er rechne damit, das Mannheim und Stuttgart nachziehen werden. Auch die Justiz gehe jetzt offensiver mit dem Thema um, so Ruff. So sei ein Täter, der in diesem Jahr mehrere Diebstähle und einen Raub begangen hatte, schnell zu acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Aktuell habe die Ermittlungsgruppe 27 Asylbewerber im Blick. Die größte Gruppe von ihnen stammt aus Georgien. Es folgen Algerien und Tunesien sowie die Balkanstaaten Kosovo, Mazedonien und Serbien.

Dass man in Karlsruhe auch für Ladendiebstahl in Untersuchungshaft kommen kann, soll sich nach Ruffs Wunsch möglichst unter den Asylbewerbern herumsprechen. Polizeipräsident Freisleben betonte allerdings, dass nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge kriminell sei. Auch habe es die Ermittlungsgruppe bei den Intensivtätern bisher nicht mit Sexualstraftaten zu tun gehabt. Auch Kripo-Chef Ruff sagte, die überwiegende Mehrzahl der Zuwanderer sei nicht kriminalitätsauffällig.

Jeder dreißigste Asylbewerber ist tatverdächtig

Nach Angaben des Stuttgarter Innenministeriums hatte Karlsruhe 2015 mit 1811 die höchste Zahl an Tatverdächtigen in Erstaufnahmeeinrichtungen. Es folgen die Stadt Stuttgart mit 827 und Heidelberg mit 780. Landesweit wurden im vergangenen Jahr unter den Flüchtlingen, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen wohnten, 6338 Tatverdächtige registriert. 2015 kamen rund 185.000 Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes an, knapp 98.000 stellten einen Asylantrag. 6338 von etwa 185.000: Damit ist rund jeder dreißigste Asylbewerber in Baden-Württemberg tatverdächtig.

Der Schwerpunkt der Mehrfach-Straftaten, die den Asylbewerbern vorgeworfen werden, liegt bei Eigentumsdelikten und Antanz-Diebstählen, aber auch bei Gewalttaten oder Raub. Es ist eine kleine Tätergruppe, doch diese fällt statistisch ins Gewicht: Zwischen 2,5 und 3,5 Prozent der Asylbewerber schlagen deutlich über die Stränge, so Polizeipräsident Freisleben.

Kriminelle Energie: Zehn Straftaten binnen 20 Tagen

Die MTZ nimmt sich vor allem der Personen an, die ein hohes Maß an krimineller Energie an den Tag legen. „Wer 20 Tage in Deutschland ist und zehn Straftaten begangen hat, hat kriminelle Energie“, stellt Freisleben klar. Eine andere Kultur sei keine Ausrede, denn auch in der Heimat sei Diebstahl eine Straftat. Ein großes Problem für die Ermittler: Der angegebene Wohnort der Asylbewerber sei oft nicht identisch mit dem Aufenthaltsort, so Ruff. Zudem würden sich die Täter zu Kriminalitätszwecken oft aus dem ländlichen Raum in die Karlsruher Innenstadt begeben.

Die Grenze der Zuständigkeit der MTZ-Truppe bei zehn Straftaten binnen sechs Monaten erklärte der Karlsruher Polizeipräsident Freisleben so: Würde die Ermittlungsgruppe sich auch auf Täter mit fünf statt zehn Straftaten konzentrieren, müssten die vier Beamten statt 27 plötzlich 139 Asylbewerber im Blick behalten – für das kleine MTZ-Team deutlich zu viel. Die Gruppe sei eben nicht auf die Masse bedacht, sondern darauf, einen ausgearbeiteten Haftantrag zu stellen, der dann auch bewilligt wird.

Hohe Haftquote zeigt gute Arbeit der Polizei

Mit den bisherigen Erfolgen zeigten sich die Karlsruher Ermittler recht zufrieden: Seit Anfang März sind 18 Haftanträge gestellt worden, in elf Fällen kam es zu einem Haftbefehl. Neun Personen befinden sich noch in Haft; zwei weitere jugendliche, Straftäter wurden gegen Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt. „Die Quote von über 50 Prozent der erlassenen Haftbefehle spricht für die Qualität der Arbeit“, so Polizeipräsident Freisleben.

Alarmierend: Rechts- und linksextremistische Straftaten auf Höchststand

Unterdessen haben politisch-extremistisch motivierte Straftaten aus der rechten und der linken Szene haben deutlich zugenommen und einen neuen Höchststand erreicht. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei insgesamt fast 39.000 politisch motivierte Straftaten – ein Anstieg um 19,2 Prozent gegenüber 2014. Das geht aus neuen Zahlen vor, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin vorstellte.

Darunter waren 22.960 rechtsextremistisch motivierte Delikte (plus 34,9 Prozent) und 9605 linksextremistisch motivierte Delikte (plus 18,3 Prozent). Dies sind die höchsten Zahlen seit der Einrichtung eines gesonderten Meldedienstes für politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2001, so de Maizière. Der Minister sagte, der starke Anstieg zeige eine „bedrohliche gesellschaftliche Entwicklung“ auf.

4400 Delikte bedeuten 30 Prozent mehr extremistische Gewalttaten

Auch die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten nahm um gut 30 Prozent zu und erreichte mit etwa 4400 Fällen einen neuen Höchststand. Hintergrund waren ebenfalls kräftige Zuwächse bei rechts- und linksextremistisch motivierten Gewaltdelikten. Dabei handelt es sich zum großen Teil um Körperverletzungen. Im vergangenen Jahr kam es auch zu 20 versuchten Tötungsdelikten mit politischer Motivation.

Die Zahl der – großteils rechtsextremistisch motivierten – Übergriffe auf Asylunterkünfte verfünffachte sich im vergangenen Jahr: 2015 zählte die Polizei 1031 solcher Fälle, 2014 waren es 199 gewesen. De Maizière nannte dies inakzeptabel. Auch die zunehmende linke Gewalt gegen die rechte Szene und Polizisten sei nicht hinnehmbar.

dpa/SWP/KA-News/StN/wog