Polizeieinsatz am Kölner Hauptbahnhof. (Bild: Imago/C. Hardt/Future Image)
Sexuelle Übergriffe

Ein skandalöser Wunsch aus dem Ministerium

NRW-Innenminister Ralf Jäger droht ein handfester Skandal: Jetzt wird eine Email aus dem Kölner Polizeipräsidium bekannt, derzufolge Jägers Innenministerium am 1. Januar den Versuch machte, eine Vergewaltigung auf dem Kölner Hauptbahnhof am Silvesterabend zu vertuschen. Zwei Polizeibeamte ließen sich nicht beeindrucken. Das Ministerium wiegelt ab und spricht von „Abstimmungsgesprächen“.

Die skandalöse Weiterung könnte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) den Kopf kosten, politisch gesehen. Kurz nach den Silvester-Übergriffen jenes viele Hundert Personen starken nordafrikanisch-arabischen Sex-Mobs vor und im Kölner Hauptbahnhof hat Jäger sofort alle Schuld auf das Kölner Polizeipräsidium und seine Polizeibeamte abgewälzt. Keine zehn Tage nach den Raub- und Sexattacken auf insgesamt über 1000 Frauen: „Das Bild, das die Kölner Polizei in der Silvesternacht abgegeben hat, ist nicht akzeptabel“, so Jäger. Er warf der Kölner Polizei „gravierende Fehler“ vor und „Mängel in der behördeninternen Kommunikation“, die in der Öffentlichkeit zu einem „Bild der Vertuschung“ geführt habe.

Sein Innenministerium, so Jäger damals, habe die Kölner Polizei nachdrücklich aufgefordert, Unklarheiten zu beseitigen sowie lückenlos zu berichten. Es dürfe keine Tabus bei unbequemen Fragen oder politisch brisanten Antworten geben. Jäger zum bald geäußerten Verdacht, das Innenministerium habe die Kölner Polizei zum Verschweigen gedrängt: „Es gab aus meinem Haus keine Anweisung, Herkunft oder Status der Störer zu verschweigen.“

Brisante Email aus dem Kölner Polizeipräsidium

Jetzt lässt eine Polizei-Email vom 1. Januar, sofern sie authentisch ist, Jägers Worte wie eine besonders geschickte Halblüge erscheinen: Als die massenhaften Verbrechen von der Kölner Domplatte nach und nach bekannt wurden, hat demnach sein Ministerium wirklich nicht versucht, „Herkunft oder Status“ der Täter zu verschweigen oder zu vertuschen – sondern ihre Taten, etwa eine Vergewaltigung. Das jedenfalls geht jetzt aus einem Bericht der Kölner Tageszeitung Express hervor. „Das Land hat offenbar am Neujahrstag versucht, Sex-Übergriffe zu vertuschen, darunter eine Vergewaltigung“, so das Blatt.

Die Landesleitstelle wünsche ein Storno der WE-Meldung beziehungsweise die Streichung der Formulierung Vergewaltigung. Laut Darstellung der Landesleitstelle sei dies ein Wunsch aus dem Ministerium.

Email aus dem Kölner Polizeipräsidium

Am 1. Januar, etwa um 13 Uhr 10,  hatte das Kölner Polizeipräsidium eine Meldung über ein „Wichtiges Ereignis“ (WE) an die übergeordneten Stellen abgesetzt, auch an das Innenministerium. In der WE-Meldung geht es um die massenhaften Sexattacken im Kölner Hauptbahnhof und eben um eine Vergewaltigung dort. Zum ersten Mal ist darin von Seiten der Polizei die Rede davon, dass es sich bei den Tätern um Nordafrikaner gehandelt habe. Knapp 20 Minuten später klingelte laut dem Bericht in der Kriminalwache des Kölner Polizeipräsidiums das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ist ein Angehöriger der übergeordneten Landesleitstelle der Polizei NRW. so der Kölner Express. Der Anrufer wünscht „ein Storno der WE-Meldung beziehungsweise die Streichung der Formulierung Vergewaltigung“. Dann der entscheidende Satz in der nun aufgetauchten Email aus dem Kölner Polizeipräsidium: „Laut Darstellung der Landesleitstelle sei dies ein Wunsch aus dem Ministerium.“

Der diensttuende Kriminalhauptkommissar widerspricht und erklärt der Landesleitstelle, dass der bislang bekannte Sachverhalt − einer Geschädigten sei ein Finger vaginal und anal eingeführt worden, eine gynäkologische Untersuchung werde gerade veranlasst − sehr wohl den Tatbestand der Vergewaltigung erfülle. Falls ein anderer Tatbestand dafür in Frage käme, solle das Ministerium dies mitteilen, so der Kriminalhauptkommissar. Andernfalls würde kein Storno erfolgen. Der Mann zeigt im rot-grün regierten Multikulti-Land Courage.

In einer detaillierten Chronologie der Polizeireaktion zu den Silvesterübergriffen, die vom 1. bis zum 7. Januar reicht, kommt diese Email vom 1. Januar nicht vor.

Die gerade eintreffende Ablösung des mutigen Polizisten hörte den letzten Teil des Telefongesprächs persönlich mit an. Die beiden Polizisten in der Kriminalwache des Polizeipräsidiums waren sich einig: Es war eine Vergewaltigung. Der neue Diensttuende verfasste eine Email über den telefonischen Interventionsversuch der Landesleitstelle, über den angeblichen Wunsch des Innenministeriums und über die Weigerung des Polizeipräsidiums, dem zu entsprechen. In der Betreffzeile der Email steht: „Stornierungswunsch WE-Meldung vom 01.01.2016.“ Die Email ging an die stellvertretende Kripo-Direktionsleitung im Kölner Polizeipräsidium, die sie neun Tage später an den Landeskriminaldirektor im Innenministerium weiterleitete.

Behördlicher Austausch

„Eine unglaubliche Schilderung“, kommentiert Express und fragt: „Eine direkte Anweisung aus der Landesregierung zur Vertuschung? Es wäre ein handfester Skandal.“ Die Tageszeitung Die Welt liefert ein Faksimile-Abdruck jener Email. Die letzten auf der Abbildung sichtbaren Zeilen machen zusätzlich nachdenklich: „Genaue Zeiten zu dem Absetzen der WE Meldung und des Rücklaufs nach Absetzung können hier nicht nachvollzogen werden, da die Sendungen in Outlook nicht mehr vorhanden sind und sich merkwürdigerweise nicht wieder herstellen lassen.“ Interessant: In einer Kriminalwache des Kölner Polizeipräsidiums können innerhalb sehr kurzer Zeit Emails aus dem Gesendet-Ordner einfach so verschwinden.

Eine direkte Anweisung aus der Landesregierung zur Vertuschung? Es wäre ein handfester Skandal.

Express

Heikel für Innenminister Jäger: In einer detaillierten Chronologie der Polizeireaktion zu den Silvesterübergriffen, die vom 1. bis zum 7. Januar reicht, kommt diese Email vom 1. Januar nicht vor. Jäger, der seither immer wieder Stellung nehmen musste, hat von ihr nie berichtet. Der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages wird nun nachboren. Ein FDP-Landtagsabgeordneter spricht schon von „versuchter Manipulation von Polizeiberichten”.

Abstimmungsgespräche.

NRW-Innenministerium

Inzwischen hat Jägers Ministerium zu den neuen Vorwürfen Stellung genommen.  Das Innenministerium habe am 1. Januar „keinen Auftrag zur Stornierung der WE-Meldung“ erteilt, so ein Sprecher des Ministers. Allerdings habe es einen behördlichen Austausch zwischen dem Landeskriminalamt und dem Polizeipräsidium Köln gegeben. Von „Abstimmungsgesprächen“ ist die Rede, in denen es um „die Sachverhaltsdarstellung, die deliktische Einordnung der Straftatbestände, den Kräfteeinsatz der K-Wache und die polizeilichen Maßnahmen“ gegangen sei. NRW-Innenminister Jäger kann also bei seiner Darstellung bleiben: Es gab aus seinem Haus „keine Anweisung, Herkunft oder Status“ der nordafrikanischen Sextäter zu verschweigen. Nur die Vergewaltigungen hätte man halt gerne gestrichen. Die passten so schlecht zur Willkommenskultur.