Christen sind 2016 die am stärksten verfolgte Religionsgruppe weltweit. (Foto: imago/Manngold)
Christenverfolgung

Der Islam ist das größte Problem

Die Christen sind weltweit die am brutalsten verfolgte Religionsgruppe: Mehr als 100 Millionen Christen werden diskriminiert, an der Religionsausübung gehindert, vertrieben oder ermordet. Die für Christen gefährlichste Ideologie ist der Islamismus. Das schlimmste einzelne Verfolgerland weltweit hat aber kein islamisches, sondern ein kommunistisches Regime.

Die für Christen weltweit größte Gefahr geht von islamistischen Regimen aus. In streng islamisch dominierten Ländern werden Christen am stärksten verfolgt, bedrängt, an der Religionsausübung gehindert, diskriminiert, vertrieben oder ermordet: Neun von zehn Ländern mit der brutalsten Christenverfolgung haben islamistische Regierungen. Die Verfolgung selbst erfolgt indes größtenteils aber nicht durch staatliche Stellen, sondern durch radikalislamische Milizen oder salafistische Terrortruppen wie Islamischer Staat (IS) in Syrien, dem Irak und zunehmend in Libyen, Boko Haram in Nigeria und Al Shabab in Somalia.

Die Verfolgung von Christen hat sich auf allen Kontinenten verstärkt.

Weltverfolgungsindex 2016 des Hilfswerks Open Doors

Das geht aus dem Weltverfolgungsindex 2016 des überkonfessionellen, christlich-evangelikal orientierten Hilfswerks „Open Doors“ hervor. Weltweit sind mittlerweile mehr als 100 Millionen Christen Opfer von religiöser Verfolgung. Damit sind Christen die am stärksten verfolgte Religionsgruppe der Welt. Der Weltverfolgungsindex listet die 50 Länder auf, in denen Christen am brutalsten verfolgt werden. Die Zahl der wegen ihres Glaubens ermordeten Christen im vergangenen Jahr hat sich von 4344 auf 7100 erhöht, die Angriffe auf Kirchen haben sich sogar mehr als verdoppelt, von 1062 auf 2406. Die Auswertung ergab laut Open Doors, dass sich „die Verfolgung von Christen auf allen Kontinenten verstärkt“ habe.

Nordkorea bleibt auf dem traurigen Spitzenplatz

An der Spitze der Rangliste steht allerdings – zum 14. Mal in Folge – das kommunistische Nordkorea. Hier hat der Führerkult um Kim Jong-Un dermaßen pseudo-religiöse Ausmaße angenommen, dass alle abweichenden weltanschaulichen Überzeugungen brutal unterdrückt werden. Es ist in Nordkorea „nahezu menschenunmöglich, abweichende Ideen religiöser oder anderer Art zu entwickeln“, wie Open Doors schreibt. Ertappte Christen und müssen laut dem Bericht damit rechnen, in Arbeitslager gesteckt zu werden. „Wenn Christen entdeckt werden, verlieren sie alles. Sie werden verhört, um ihre Netzwerke aufzuspüren. Sie und auch ihre gesamte Familie werden jahrelang Elend in den Arbeitslagern erleiden“, so Open Doors.

„Sich unter diesen Umständen mit anderen Christen zu treffen, ist nahezu unmöglich. Jeder, der in verborgene religiöse Aktivitäten verwickelt ist und entdeckt wird, erlebt Diskriminierung, Inhaftierung, Willkür, Verschleppung, Folter und öffentliche Hinrichtung“, heißt es in dem Bericht weiter. Angebliche offizielle Gottesdienste – im Grunde nichts als staatliche Showveranstaltungen – für ausländische Gäste mit selbsternannten staatstreuen „Priestern“, die in der Predigt ausschließlich den großen Führer hymnisch preisen und den Westen beschimpfen, bilden eine traurig-groteske Pointe innerhalb der Verfolgung. Der frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Präsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft, Hartmut Koschyk (CSU), wurde 2015 Zeuge einer derartigen Veranstaltung.

Deutschland zum stärkeren Einsatz für verfolgte Christen aufgefordert

Entschlossenes Handeln für verfolgte Christen von Seiten der deutschen Außenpolitik fordert die CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert. „Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht von Unterdrückung, Verfolgung und der Tötung von Christen erfahren“, sagt die oberfränkische Abgeordnete zum BAYERNKURIER angesichts der erschreckenden Zahlen. „Die dramatische Entwicklung der vorliegenden Zahlen ist besorgniserregend. Wo immer und wann immer möglich, muss sich Deutschland daher in der internationalen Gemeinschaft, im Europarat und im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen weiterhin aktiv um die weltweite Durchsetzung der Religionsfreiheit bemühen.“

Wo immer und wann immer möglich, muss sich Deutschland um die Durchsetzung des Religionsfreiheit bemühen.

Silke Launert, CSU-Bundestagsabgeordnete

Launert betont, die Verhältnisse in den Herkunftsländern müssten sich grundlegend ändern. „Nur mit dem klaren Bekenntnis zur Religionsfreiheit kann der weltweiten Verfolgung von Christen und Andersgläubigen entgegengetreten werden. In Deutschland tun wir das gerade, indem wir aktuell tausenden von Menschen Zuflucht gewähren, die wegen Diskriminierung und Terror aus religiösen Gründen zu uns kommen. Es ist wichtig, dass wir in der Flüchtlingsdebatte auch das immer wieder deutlich herausstellen. Und es muss selbstverständlich sein, dass wir auch weiterhin dafür eintreten, diese Menschen aufzunehmen. Doch auch unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Umso wichtiger ist es, dass in den Herkunftsländern wieder gerechte Zustände entstehen und die Religion, eigentlich der Schlüssel zum Frieden, nicht weiterhin gewissenlos zum Stiften von Unfrieden missbraucht werden kann“, so die Abgeordnete.

Islamische Länder auf den vorderen Plätzen der Horrorliste

Die Plätze 2 bis 10 in der Horrorliste der schlimmsten Christen-Verfolgerländer belegen allesamt mehrheitlich islamische Länder: Der Irak, Eritrea, Afghanistan, Syrien, Pakistan, Somalia, der Sudan, der Iran und Libyen. „Angesichts eines Exodus von Christen aus dem Nahen Osten und einer Verfolgung im Stil ethnischer Säuberung, die auch auf Afrika übergreift, müssen Politiker und Kirchen ihre Anstrengungen zum Schutz und zur Unterstützung verfolgter Christen deutlich verstärken“, appelliert der Leiter von Open Doors Deutschland, Markus Rode. In Eritrea beispielsweise hält Präsident Afewerki weit über 1000 Christen in Schiffscontainern oder Kerkern gefangen, wo sie laut Open Doors „unvorstellbare Qualen erleiden“.

Pakistan, das zweitgrößte muslimische Land der Welt, weist – zusammen mit Nigeria – die höchste Punktezahl im Bereich „Gewalt gegen Christen“ unter den Ländern des Weltverfolgungsindex auf. Der extreme Druck auf die rund 3,8 Millionen Christen in Pakistan geht weniger vom Staat aus als vielmehr von islamistischen Gruppen und Imamen, die innerhalb kürzester Zeit Mobs mit tausenden Muslimen gegen Christen aufhetzen. Der Lynchmord an einem jungen christlichen Ehepaar im November 2014 sowie Bombenanschläge mit 25 Toten auf zwei Kirchen am 15. März 2015 in Lahore sind nur die Spitze des Eisbergs. Täglich werden zudem junge christliche Frauen und Mädchen in Pakistan entführt, vergewaltigt, versklavt und zum Islam sowie zur Zwangsheirat mit Muslimen genötigt. Hinzu kommt das umstrittene Blasphemiegesetz, das häufig willkürlich gegen Christen angewendet wird.

IS-Virus grassiert in vielen Ländern

Neu auf dem Weltverfolgungsindex sind die Länder Niger und Bahrain. Niger (Rang 49) ist wie andere Länder Afrikas unter den Einfluss der islamistischen Boko Haram geraten, die ihre Anschläge weit über Nigeria hinaus ausgedehnt hat. Die etwa zwei Prozent Christen erfahren zunehmend Bedrohung. In dem von der sunnitischen Minderheit dominierten Bahrain gewinnt die Idee von der Errichtung eines Kalifats im Stil des IS immer mehr Anhänger. Die Christen geraten dadurch noch stärker unter Druck. Sogar in hinduistischen und buddhistischen Ländern wie Indien, Myanmar und Vietnam führt nach Beobachtungen von Open Doors der zunehmende religiös motivierte Nationalismus zur Radikalisierung von Bevölkerungsteilen und einer deutlichen Intensivierung der Christenverfolgung.

Millionen verfolgter Christen fühlen sich von westlichen Regierungen und Kirchen im Stich gelassen.

Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland

Open Doors-Leiter Rode fordert die westlichen Staaten auf, endlich zu handeln. „Der Weltverfolgungsindex soll mehr sein als eine Statistik für Experten. Er soll zuallererst denen eine Stimme verleihen, die oft fernab der Medien- und Weltöffentlichkeit ihrer Religionsfreiheit als fundamentalem Menschenrecht beraubt wurden und häufig nur im Untergrund überleben können“, erklärt Rode. „Millionen verfolgter Christen fühlen sich vielerorts von westlichen Regierungen und Kirchen im Stich gelassen. So erleben etwa die engagierten Christen im Nahen Osten, dass die Hilfe der Weltgemeinschaft an ihnen und ihren Netzwerken weitgehend vorbeigeht. Immer wieder bitten verfolgte Christen an erster Stelle um Gebet und sind dankbar und ermutigt, wenn in den Ländern mit Religionsfreiheit auf ihre Situation aufmerksam gemacht wird.“