Der langjährige CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt. (Bild: privat)
Russische Einreiseverbote

„Abschottung zeigt, dass ein Regime am Ende ist“

Der langjährige Europaparlamentarier Bernd Posselt ist der einzige CSU-Politiker auf der Schwarzen Liste von Kreml-Diktator Wladimir Putin. Auf ihr stehen 89 europäische Politiker, die nicht mehr nach Russland einreisen dürfen. Im Interview mit Wolfram Göll äußert sich Posselt, der auch Vorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft ist, zu Putins Politik.

Bayernkurier: Sie stehen auf der Schwarzen Liste Wladimir Putins und dürfen bis auf weiteres nicht nach Russland reisen. Wie haben Sie davon erfahren?

Bernd Posselt: Zuerst hat ein Journalist angerufen, und dann ein Beauftragter des Auswärtigen Amtes. Seitdem erreicht mich eine Welle von Glückwünschen und Unterstützungserklärungen aus ganz Europa.

Bayernkurier: Was haben Sie denn verbrochen, dass Sie den Unmut Putins in dieser Weise erregt haben?

Posselt: Ich gehöre seit seinem Amtsantritt zu seinen schärfsten Kritikern. Begonnen hat es im Jahr 2000 mit dem von Putin mutwillig entfesselten zweiten Tschetschenienkrieg. Dann habe ich mich für Journalisten eingesetzt wie Natalja Estemirowa und Anna Politkowskaja, die als Putin-Kritiker und Verfechter eines russisch-tschetschenischen Friedens verfolgt und schließlich unter dubiosen Umständen ermordet wurden. Auch die Verbannung der Yukos-Häftlinge und der zwei Musikerinnen von „Pussy Riot“ nach Sibirien habe ich jahrelang systematisch thematisiert. Zuletzt ging es in der Auseinandersetzung mit dem Kreml um den Angriffskrieg gegen die Ukraine und ähnliche Destabilisierungsversuche im Osten Europas – von den Baltischen Staaten bis Transnistrien.

„Fühle mich in guter Gesellschaft“

Bayernkurier: Ihr Name steht auf der Schwarzen Liste neben europäischer Prominenz wie dem ehemaligen tschechischen Außenminister Karl Fürst Schwarzenberg, dem belgischen Ex-Premier Guy Verhofstadt, dem Generalsekretär des EU-Ministerrats, Uwe Corsepius, künftiger Russland-Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, und Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. Wie fühlt man sich in dieser Reihe?

Posselt: Mit Schwarzenberg und Cohn-Bendit arbeite ich seit Jahrzehnten in der Menschenrechtspolitik zusammen, mit Corsepius soll wohl die Bundeskanzlerin getroffen werden. Michael Fuchs ist ein sehr geschätzter Kollege. So fühle ich mich in guter Gesellschaft.

Bayernkurier: Wohin führt Russland diese Strategie der Abschottung und Selbstisolierung? Schadet sich das Land damit nicht am allermeisten selbst? Das Aussperren kritischer Geister erschwert doch auch eine potenzielle Annäherung, Versöhnung, Verständigung, sollte man meinen.

Posselt: Solche Abschottungstendenzen zeigen meist an, daß ein Regime am Ende ist. Ich hoffe sehr, einmal in einem freien Rußland mit den Menschen dort dankbar darauf zurückblicken zu können, daß sowohl das sowjetische Unrecht, gegen das ich auch schon gearbeitet habe, als auch das nachfolgende Putin’sche endlich vorbei sind. Das russische Volk wollen wir in einer engen Partnerschaft mit Europa sehen, sobald dort Demokratie und Rechtstaatlichkeit herrschen.