200 Millionen Christen werden weltweit verfolgt, das sind doppelt so viele wie im Vorjahr. Der Schwerpunkt der Verfolgung liegt in Asien und Afrika und geht auf das Konto des Islams. (Graphik: Weltverfolgungsindex 2017/Open Doors)
Verfolgung

Christen weltweit unterdrückt

Christen werden weltweit so stark verfolgt, unterdrückt und diskriminiert wie nie seit 1945. Mehr als 200 Millionen Christen sind laut Weltverfolgungsindex 2017 des Hilfswerks Open Doors einem „hohen Maß an Verfolgung“ ausgesetzt. Christen sind damit die am stärksten verfolgte Religionsgruppe der Welt. Die CSU zeigt sich alarmiert.

Die christliche Hilfsorganisation Open Doors hat mit dem Weltverfolgungsindex 2017 die neue Rangfolge der 50 Länder veröffentlicht, in denen Christen aufgrund ihres Glaubens am stärksten verfolgt werden. In den vergangenen Jahren hat sich die Lage der rund 650 Millionen Christen, die als Minderheit in den 50 Ländern des Weltverfolgungsindex leben, nochmals drastisch verschlechtert. Die Brennpunkte der Christenverfolgung sind Asien und Afrika, die größte Gefahr für Christen geht vom intoleranten Islam und dem Erstarken des Islamismus aus.

Unterwerft euch unter den Islam, zahlt die Kopfsteuer, verlasst dieses Land oder euch bleibt das Schwert!

Botschaft des IS an die Christen

Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen hat Open Doors eine Neueinschätzung der Situation vorgenommen und die vor neun Jahren ermittelte Schätzung von weltweit rund 100 Millionen verfolgten Christen aktualisiert. Ergebnis: Christen werden weltweit derzeit so stark verfolgt und diskriminiert wie nie seit 1945 (vorher gab es solche Schätzungen gar nicht). Mehr als 200 Millionen Christen sind laut dem Weltverfolgungsindex 2017 des Hilfswerks einem „hohen Maß an Verfolgung“ ausgesetzt – das ist eine Verdoppelung gegenüber der Zahl von 2008. Christen sind damit die am stärksten verfolgte Religionsgruppe der Welt.

CSU: Deutschland darf kein Rückzugsort von Christenverfolgern werden

Die CSU zeigt sich alarmiert. „Es besteht kein Zweifel daran, dass Christen weltweit wegen ihrer Religion in unerträglicher Weise verfolgt werden“, sagt Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer zum BAYERNKURIER. „Auf Initiative der CDU/CSU hat die Bundesregierung erstmals 2016 einen aktuellen Bericht zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit vorgelegt. Darin werden Diskriminierungen aufgezeigt, die alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens durchdringen können. In ähnlicher Weise tut dies Open Doors.“

Singhammer sichert den verfolgten Christen die politische Unterstützung der CSU zu: „Für uns als Mitglieder einer „C“-Partei gilt: Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Ohne Religionsfreit wird einen keinen dauerhaften Frieden in vielen Ländern und Erdteilen geben. Wir wollen nicht, dass Deutschland zum Rückzugsort von Tätern wird, die in ihrem Heimatland, die Religionsfreiheit mit Füßen getreten und Christen verfolgt haben. Wer in Deutschland als Flüchtling oder Einwanderer Christen bedroht oder auch andere Religionsgemeinschaften, darf kein Asylrecht erhalten.“

Schwerpunkte der Verfolgung: Asien, Afrika, arabischer Raum

Wie Open Doors berichtet, hat die Christenverfolgung mit den politischen Umwälzungen des Jahres 2013 drastisch verschärft: Im Umfeld des „Arabischen Frühlings“ traten sowohl regionale als auch länderübergreifend aktive islamistische Gruppen wie der „Islamische Staat“ (IS/Daesh) und Boko Haram verstärkt auf den Plan. Immer wieder wurden Christen zur Zielscheibe ihrer Angriffe. Ein Beispiel war die systematische Vertreibung der Christen aus Mossul, bei der ihre Häuser mit dem arabischen „N“ für „Nazarener“ markiert wurden. Die Botschaft der Islamisten: „Unterwerft euch unter den Islam, zahlt die Kopfsteuer, verlasst dieses Land oder euch bleibt das Schwert!“

Parallel dazu verschärfte sich die Situation in Afrika. Allein in den nördlichen Scharia-Staaten Nigerias wurden in den letzten Jahren tausende Kirchen zerstört oder geschlossen. Über eine Million Christen sind bereits vor den Attacken muslimischer Extremisten geflohen. In den hinduistischen, buddhistischen und islamischen Ländern Asiens hat der Druck auf Christen durch wachsenden religiösen Nationalismus kontinuierlich zugenommen. Die ersten zehn Länder des Weltverfolgungsindex 2017, in denen die Christen am schlimmsten verfolgt werden, sind:

  1. Nordkorea
  2. Somalia
  3. Afghanistan
  4. Pakistan
  5. Sudan
  6. Syrien
  7. Irak
  8. Iran
  9. Jemen
  10. Eritrea

Viele Millionen Christen von Arbeitslager, Folter und Tod bedroht

Nordkorea belegt erneut den traurigen ersten Rang auf dem Weltverfolgungsindex. Die etwa 300.000 Christen können unter der Herrschaft des Diktators Kim Jong Un nur im Untergrund überleben. Findet man sie, drohen ihnen Hinrichtung oder Straflager. Etwa 70.000 von ihnen sind Folter und härtester Zwangsarbeit ausgesetzt. Von Platz 4 auf 2 vorgerückt ist Somalia, wo nur einige hundert Christen muslimischer Herkunft leben. Im Falle ihrer Entdeckung müssen sie damit rechnen, auf der Stelle ermordet zu werden. Besonders hart getroffen wurde die Kirche in Pakistan, wo allein am Ostersonntag 2016 in Lahore mehr als 50 Christen bei einem gezielten Anschlag den Tod fanden.

Im Sudan lässt die Regierung erneut Kirchengebäude abreißen und Christen verhaften; einigen droht die Todesstrafe. In den überwiegend von Christen bewohnten Nuba-Bergen lässt der islamistische Präsident Omar Bashir seit Jahren Bomben auf die eigene Bevölkerung abwerfen und zerstört christliche Schulen, Krankenhäuser und Kirchen. In Syrien und dem Irak lebt nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen christlichen Bevölkerung. Im kriegsgebeutelten Jemen breiten sich islamische Extremisten weiter aus. Einheimischen Christen – zumeist ehemalige Muslime – droht die Ermordung. Das Ayatollah-Regime im Iran geht weiter hart gegen die stark wachsende Anzahl der Konvertiten vor und setzt sie häufig mit Folter unter Druck, zum Islam zurückzukehren. Mehr als 90 Christen wurden 2016 verhaftet. In Eritrea sind Hunderte von Christen in Schiffscontainern und unterirdischen Verliesen eingesperrt.

Asien: Religiös motivierter Nationalismus auf dem Vormarsch

Indien steht auf dem Weltverfolgungsindex so weit vorn wie nie zuvor (Platz 15). Unter Präsident Modi und seiner religiös-nationalistischen Bharatiya Janata Partei verprügeln Hindu-Nationalisten immer häufiger Pastoren, brennen Kirchen nieder und üben massiven Druck auf Konvertiten aus, zum Hinduismus zurückzukehren. Als Basis dient ihr seltsames Verständnis: Ein echter Inder ist Hindu. Dabei gehen die Täter als Gefolgsleute von Präsident Modi weitgehend straffrei aus. Etwa 39 der 64 Millionen Christen im Land sind betroffen, besonders auch die unterprivilegierten kastenlosen Dalits, die sich deshalb in großer Zahl dem christlichen Glauben zuwenden.

Deutlich verschlechtert hat sich auch die Lage der Christen in Laos, Bangladesch, Bhutan und Sri Lanka, überwiegend durch religiös-nationalistische Bestrebungen. Dies gilt auch für die von Präsident Erdogan hart auf islamisch-nationalistischen Kurs eingeschworene Türkei, die gleich um 8 Plätze von 45 auf 37 „aufsteigt“. Die Religionsfreiheit für Christen ist dort stark eingeschränkt.

Größte Gefahr für Christen: Der intolerante Islam

Die meisten der 50 Länder auf dem Weltverfolgungsindex liegen im Nahen Osten und in Nordafrika. In acht der ersten zehn und in 35 der insgesamt aufgeführten 50 Länder ist islamische Unterdrückung die maßgebliche Ursache für die herrschende Christenverfolgung. Besonders betroffen sind zum Christentum konvertierte Muslime, deren Zahl weltweit wächst.

Laut Koran gilt der Abfall vom Islam (Apostasie) als todeswürdiges Verbrechen. Deshalb stehen Konvertiten unter besonderem Verfolgungsdruck, nicht nur seitens islamischer Geistlicher und Regierungen, sondern auch durch die Gesellschaft bis hin in die eigene Familie. Selbst traditionelle Kirchen lehnen deshalb die Aufnahme von Konvertiten in der Regel ab, da dies zu Verhaftungen der Kirchenleiter und zur Schließung der Kirche führen kann.

Open Doors: Zeichen der Hoffnung setzen

Als Beispiel dafür, was die Bundesregierung aktiv zum Schutz der Christen tun könnte, nennt Open Doors die Ninive-Ebene im Irak: Nach Vertreibung des IS liegen die Ortschaften in der Ninive-Ebene rund um Mossul in Trümmern. „Die Rückkehr der vom IS vertriebenen Bevölkerung, unter der auch viele Christen waren, wäre ein weltweites Zeichen der Hoffnung“, sagt Markus Rode, der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Open Doors Deutschland. „Wir appellieren an die Bundesregierung, den Wiederaufbau der befreiten Ortschaften in der Ninive-Ebene intensiv zu unterstützen und eine Geberkonferenz ins Leben zu rufen“, so Rode. Mehr als 80 Prozent der Christen sind aus dem Irak geflohen. Open Doors ruft dazu auf, für Frieden in der Region zu beten und dafür, dass die christliche Gemeinschaft im Nahen Osten wieder erstarkt.

Die Welt hasst die Christen aus dem gleichen Grund, aus dem sie Christus gehasst hat, weil er das Licht Gottes gebracht hat, aber die Welt die Dunkelheit vorzieht, um ihre bösen Werke zu verbergen.

Papst Franziskus

Seit 1955 setzt sich das christlich-evangelikal orientierte Hilfswerk mit Sitz in Kelkheim bei Frankfurt mit umfangreichen Hilfsprojekten für verfolgte Christen aller Konfessionen ein, derzeit in etwa 60 Ländern. Open Doors vertritt traditionell ein weites Verständnis des Begriffs „Christenverfolgung“, was gelegentlich zu Kritik durch Kirchenkritiker und linke Parteien führt. Danach herrscht Verfolgung nicht nur, wenn der Staat Einzelne oder ganze Gruppen von Christen wegen ihres Glaubens einsperrt, verletzt, foltert oder tötet, wie es die Realität in vielen Ländern ist.

Verfolgung herrscht nach dem Verständnis von Open Doors auch dann, wenn Christen aufgrund ihres Glaubens beispielsweise ihre Arbeit oder ihre Lebensgrundlage verlieren, wenn Kinder aufgrund ihres Glaubens oder des Glaubens ihrer Eltern keine oder nur eine schlechte Schulbildung bekommen oder Christen aufgrund ihres Glaubens aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben werden. Auch wenn es Andersgläubigen gesetzlich oder zumindest gesellschaftlich nicht erlaubt ist, zum Christentum zu konvertieren und sich zum christlichen Glauben zu bekennen – wenn Gläubige also mit Konsequenzen für Familie, Besitz, Leib und Leben rechnen müssen, spricht Open Doors von Christenverfolgung.

Deutsche Amtskirchen äußern sich nur zurückhaltend

Sehr zurückhaltend fällt die Reaktion der deutschen Amtskirchen aus. Bayerns Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm wollte sich auf BAYERNKURIER-Anfrage nicht äußern. Statt seiner äußerte sich die EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber: „Dort, wo die Religionsfreiheit für Christen eingeschränkt ist, wird immer auch die Freiheit anderer Religionen missachtet. So richtet sich die Gewalt der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram im Norden Nigerias beispielsweise nicht nur gegen christliche Gemeinden, sondern genauso gegen Muslime, die sich der Terrormiliz nicht unterwerfen.‎“ Die Evangelische Kirche Deutschlands verweist also, wenn es um „weltweite Christenverfolgung“ geht, auf die Religionsfreiheit allgemein und im Besonderen auf die Verfolgung von Moslems durch Moslems in Nigeria.

Den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising, hat der BAYERNKURIER ebenfalls um eine Stellungnahme angefragt. Zum aktuellen Weltverfolgungsindex will er sich nicht äußern. Aber sein Pressesprecher Bernhard Kellner verweist auf „zahlreiche Äußerungen“ des Kardinals zur Christenverfolgung. So erinnerte Marx in der Predigt am Weißen Sonntag 2016 „an die vielen Menschen, die um des Namens Jesu willen schrecklich verfolgt und bedrängt werden, in vielen Gebieten der Welt“. Der Kardinal mahnte, „dass wir diese Menschen, die für den Namen Jesu viel erleiden müssen, nicht vergessen in unseren Gebeten, aber auch im Aufruf an unsere Politiker, alles zu tun, damit Verfolgung jeder Art unterbunden wird – nicht nur der Christen, sondern aller Menschen, die um ihres Glaubens willen, um ihrer Volkszugehörigkeit willen verfolgt werden“.

Papst Franziskus hatte in seiner Predigt am Zweiten Weihnachtstag ebenfalls eindringlich an die weltweite Christenverfolgung erinnert. Auch heute noch seien unzählige Christen Übergriffen, Gewalt und Hass um Jesu willen ausgesetzt, sagte Franziskus auf dem Petersplatz in Rom. Die Welt hasse die Christen „aus dem gleichen Grund, aus dem sie Christus gehasst hat, weil er das Licht Gottes gebracht hat, aber die Welt die Dunkelheit vorzieht, um ihre bösen Werke zu verbergen“, sagte der Papst. Es gebe einen „Gegensatz zwischen dem Denken des Evangeliums und dem der Welt“. Die Kirche wolle den leidenden Mitchristen nahe sein, „mit unserer Zuneigung, unserem Gebet und auch unserem Weinen“, so Franziskus.

(PM/wog)