Warnung vor dem technologischen Ausverkauf Deutschlands durch chinesische Investoren. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Firmenkauf

Chinas neue Diebe

Chinas Hunger auf westliche Technologie droht laut einer Studie zu einem handfesten Problem für Deutschland und andere Industriestaaten zu werden. Das eigentliche Ziel ist letztlich der Diebstahl von Hightech durch Firmenkauf. Die Studie bestätigt entsprechende Warnungen.

Hightech-Staaten müssten sich auf „eine Schwächung ihres Wirtschaftswachstums“ einstellen, warnte das Berliner China-Institut Merics in einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse zu Pekings neuer Industriepolitik „Made in China 2025“. Pekings ambitionierter Plan sieht vor, in vielen Sektoren die Technologielücke zu westlichen Firmen zu schließen und selbst Weltmarktführer hervorzubringen. Zunächst sollen Produktionsanlagen modernisiert werden, später soll das Land dann zu einer „Industrie-Supermacht“ aufsteigen.

Zukäufe sollen fehlenden Erfindergeist wettmachen

Kritisch beurteilten die Merics-Experten, dass die Lücke zum Westen vor allem durch massive Zukäufe im Ausland geschlossen werde – gerade auch in Deutschland. Kuka, Aixtron, Osram: Die Liste deutscher Technologie-Firmen, auf die chinesische Investoren ein Auge geworfen haben, ist mittlerweile ziemlich lang. Von Januar bis September beliefen sich chinesische Investitionen in EU-Staaten demnach auf mehr als 15 Milliarden Euro, bis Ende 2016 könnten es fast 19 Milliarden Euro sein. In den USA investierten chinesische Firmen im ersten Halbjahr dieses Jahres umgerechnet mehr als 17 Milliarden Euro.

Wie können wir solche Kooperation anregen, wenn Unternehmen befürchten müssen, dass man sie nur als verbrauchbare Werkzeuge benutzt, die weggeworfen werden, wenn sie genügend Technologie übertragen haben.

Michael Clauss, Deutschlands Botschafter in Peking

Politik und Wirtschaft sollten sich nicht von „kurzfristigen Geschäftschancen täuschen lassen“, die „Made in China 2025“ für ausländische Firmen biete, so die Studie. Am Ende gehe es der chinesischen Führung darum, „ausländische durch chinesische Technologien zu ersetzen“. Chinesische Übernahmepläne sorgten zuletzt in Deutschland für heftige Diskussionen, wie der Fall des Roboterherstellers Kuka, des Spezialmaschinenbauers Aixtron und des Leuchtmittelproduzenten Osram.

Leichtgläubiges Europa

Kluge Antworten auf Chinas Strategie seien nötig. Europa empfehlen die Autoren der Studie so unter anderem, Übernahmen aus China genauer zu prüfen. Ähnlich wie in den USA müssten auch in Europa die Bedeutung von Investitionen aus dem Ausland in einheimische Firmen für die nationale Sicherheit entschiedener untersucht werden. Auch müssten die Industrieländer Chinas Interesse an ihrer Technologie nutzen, um etwa im Gegenzug IT-Sicherheitsstandards und den Schutz von sensiblen Unternehmensdaten bei ihren Geschäften in China einzufordern. Europäische Unternehmen begrüßen zwar in der Regel Investitionen aus China. Sie beklagen aber auch, dass es wegen zahlreicher Beschränkungen und Verbote für europäische Firmen nicht möglich ist, in ähnlichem Umfang in China zu investieren.

Auch Michael Clauss, Deutschlands Botschafter in Peking, äußert sich kritisch. Deutsche Unternehmen wollten zwar bei der Modernisierung der chinesischen Wirtschaft kooperieren. „Doch wie können wir solche Kooperation anregen, wenn Unternehmen befürchten müssen, dass man sie nur als verbrauchbare Werkzeuge benutzt, die weggeworfen werden, wenn sie genügend Technologie übertragen haben“, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung des Botschafters auf der Webseite der Deutschen Botschaft.

Abwanderung gesetzlich unterbinden?

Im Wirtschaftsministerium wurde kürzlich ein Eckpunktepapier erarbeitet, um die Abwanderung von industriepolitisch und standortpolitisch bedeutenden Unternehmen im Zweifel zu unterbinden. Auch weitere Hürden kamen dabei zur Sprache. „Wir wollen den gleichen Marktzugang in China haben, wie chinesische Unternehmen auf dem deutschen Markt“, sagte Staatsekretär Matthias Machnig vor der China-Reise von Minister Sigmar Gabriel im Oktober. „Wir wollen, dass dieser Zwang zu Joint Ventures – das heißt: Ich muss chinesische Unternehmen an Bord nehmen – sich endlich reduziert. Die deutschen Unternehmen müssen Zugang haben zu staatlichen Förderprogrammen, wie das ja auch chinesische Unternehmen hier haben.“

Gegen Billigimporte

Nach dem Auslaufen einer Schutzklausel gegen Billigimporte aus China treibt unterdessen die EU seit kurzem die Einführung neuer Abwehrmaßnahmen voran, meldet die ARD. Vor allem Baustahl aus China dürfte schon bald mit hohen Anti-Dumping-Zöllen belegt werden, um die heimische Stahlindustrie zu schützen: Von bisher 20 Prozent dürfte es bis auf den amerikanischen Wert von 265 Prozent hochgehen. Dies könnte allerdings Probleme mit der Welthandelsorganisation WTO geben, nach der China nach Ablauf einer 15-jährigen Übergangsphase seit dem 11. Dezember beim Handel wie eine freie Marktwirtschaft behandelt werden müsste – also ohne Strafzölle. Die EU bemängelt jedoch, dass China noch keine freie Marktwirtschaft sei, da in dem kommunistischen Land Preise staatlich vorgeschrieben seien und Firmen staatlich massiv subventioniert würden. Dies sei daher „unlauterer Wettbewerb“, so EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

China trifft uns sehr hart mit Währungsabwertung; auch damit, dass sie unsere Produkte an ihrer Grenze stark besteuern, während wir das nicht tun.

Donald Trump, künftiger US-Präsident

Auch der künftige US-Präsident Donald Trump hat CHinas Wirtschaftspolitik kürzlich kritisiert: „China trifft uns sehr hart mit Währungsabwertung; auch damit, dass sie unsere Produkte an ihrer Grenze stark besteuern, während wir das nicht tun.“ Das Handelsdefizit Amerikas zu China betrug im Jahr 2015 enorme 367 Milliarden Dollar.

(dpa/avd)