Amerikas heißer Herbst
Knapp 70 Tage vor der Wahl kann sich Hillary Clinton trotz Umfrage-Vorsprungs ihres Sieges nicht sicher sein. Donald Trump bleibt ein unberechenbarer Faktor. Verbreitete Wechselstimmung kommt ihm entgegen. Trump spricht aus, was viele Wähler denken. Manches davon wird über die Wahl hinauswirken: In der Außenpolitik setzt er Themen auf die Agenda, die auch in liberalen Kreisen diskutiert werden.
US-Wahlkampf

Amerikas heißer Herbst

Gastbeitrag Knapp 70 Tage vor der Wahl kann sich Hillary Clinton trotz Umfrage-Vorsprungs ihres Sieges nicht sicher sein. Donald Trump bleibt ein unberechenbarer Faktor. Verbreitete Wechselstimmung kommt ihm entgegen. Trump spricht aus, was viele Wähler denken. Manches davon wird über die Wahl hinauswirken: In der Außenpolitik setzt er Themen auf die Agenda, die auch in liberalen Kreisen diskutiert werden.

Nach den Nominierungsparteitagen der Demokraten und Republikaner im Juli biegt der U.S.-Präsidentschaftswahlkampf in die Zielgerade ein. Während sich Hillary Clinton nur vereinzelten Kritikern aus dem linken Lager um Bernie Sanders gegenübersah, tut sich die republikanische Partei nach wie vor sehr schwer mit ihrem Kandidaten Donald Trump, der in den eigenen Reihen unbeliebter ist als in weiten Kreisen der Bevölkerung. In die Endphase des Wahlkampfes geht Hillary Clinton mit merklichem Vorsprung. Doch siegessicher können die Demokraten nicht sein. Wahlentscheidend sind nicht landesweite Umfragen, sondern die konkreten Resultate in umkämpften einzelnen Staaten („Swing States“), die dann letztlich für eine Mehrheit im sogenannten Wahlmännergremium ausschlaggebend sind. In Florida, Ohio, Pennsylvania oder Michigan geht es schon viel knapper zu. Donald Trump bleibt ein unberechenbarer Faktor, denn obwohl man es ihm nicht zutraute, hat er sich als Kandidat der Republikaner gegen alle Konkurrenten aus dem Partei-Establishment durchgesetzt.

Wechselstimmung

Der Wechsel seines obersten Wahlkampfmanagers wird Trumps Kampagne eine neue Wendung geben. Die interne und öffentliche Kritik am bisherigen Chef-Strategen Paul Manafort hatte immer mehr zugenommen. Manafort hatte negative Schlagzeilen verursacht wegen seiner Beratertätigkeit für umstrittene ukrainische und russische Unternehmer, darunter den 2014 gestürzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Auch hatte Manafort die Parteitagsregie in Cleveland nicht vollends im Griff, als der für seine konservative Haltung bekannte republikanische Senator Ted Cruz auf offener Bühne die Zweifel am Kandidaten Trump ansprach. Im Wahlkampf stand Manafort für eine Linie, die Trump weniger aggressiv und polarisierend erscheinen lassen wollte.

Die in vielen Bevölkerungsgruppen bestehenden tiefen Verunsicherungen, Frustrationen und wirtschaftlichen Sorgen erzeugen eine Wechselstimmung, die die Rechnung des Trump-Lagers durchaus aufgehen lassen könnte.

Mit der Berufung von Stephen Bannon, einem erfahrenen Medienprofi und Eigentümer einflussreicher investigativer rechtspopulistischer Internetblätter, zum neuen Wahlkampfchef setzte Trump jetzt ein Ausrufezeichen, dass er seiner Rolle als Anti-Establishment-Ikone treu bleiben möchte. Bannon wird die authentische Inszenierung des Kandidaten überwachen und das engste Beraterteam, bestehend aus dem vormaligen New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, dem Medienunternehmer und Fox News Gründer Roger Ailes, Trumps Tochter Ivanka sowie ihrem Mann Jared Kushner, koordinieren. Das Kalkül der Trump-Strategen baut darauf auf, dass enttäuschte Wähler der Mitte, Wechsel- und Protestwähler nicht Clinton wählen. Die in vielen Bevölkerungsgruppen bestehenden tiefen Verunsicherungen, Frustrationen und wirtschaftlichen Sorgen erzeugen eine Wechselstimmung, die die Rechnung des Trump-Lagers durchaus aufgehen lassen könnte.

Szenarien des Wahlausgangs

Nicht nur gegen Trump muss Hillary Clinton kämpfen, sondern auch gegen zahlreiche eigene Probleme. Gerüchte über ihren angeschlagenen Gesundheitszustand halten sich, Hinweise über die Vermischung von Regierungsangelegenheiten mit Interessen der Clinton-Stiftung verdichten sich und die E-Mail-Affäre ist für Hillary Clinton nicht ausgestanden, da die Veröffentlichung tausender weiterer, von ihrem privaten Server geschriebener dienstlicher E-Mails gerichtlich angeordnet wurde. Es bleibt spannend im Wahlkampf.

Auch mag Unvorhergesehenes passieren: Allzu große Anforderungen und die Aussicht auf eine krachende Wahlniederlage könnten Trump zum Aufgeben veranlassen.

Erheblicher Einfluss, wenn nicht gar wahlentscheidende Wirkung, wird den direkten Fernsehduellen zwischen Clinton und Trump zukommen. Davon wird es drei geben, am 26. September geht es los, ein weiteres Duell werden die designierten Vizepräsidenten austragen. Die Szenarien für den Wahlausgang reichen von einem Triumph für Hillary Clinton bis zu einem knappen Sieg für Donald Trump. Auch mag Unvorhergesehenes passieren: Allzu große Anforderungen und die Aussicht auf eine krachende Wahlniederlage könnten Trump zum Aufgeben veranlassen. Die Schuldigen hierfür wären dann in den Augen der Trump-Anhänger schnell zur Hand: Nicht der abgelehnte Kandidat wäre schuld, sondern ein Medien- und Politikkartell, das einem Außenseiter keine Chance gibt. Vieles ist vorstellbar bis zum 8. November.

Besonderheiten des Wahlkampfes

Die mediale Zuspitzung auf die Präsidentschaftsbewerber Clinton und Trump verdeckt die Spezifika des laufenden Wahlkampfes, die die aktuelle Auseinandersetzung besonders prägen: Trump fährt eine Negativkampagne, seine Popularität und Attraktivität fußt darauf, dass er Amerikas Niedergang in Worten und Bildern illustriert und sich als einzigen Ausweg aus der Negativspirale inszeniert. In einprägsamen Slogans wie „Make America great again” und „Make America safe again” wird dieses Grundmuster bedient: Ein Problem wird überdimensioniert, Sorgen werden überdehnt, und der Retter wird überpersonalisiert. Die einzige Antwort aus der Misere heißt für das Trump-Lager: Donald Trump. Trump will als derjenige erscheinen, der den politisch Frustrierten eine Stimme gibt, denjenigen, die sich ohne Mitsprache in der Politik sehen und den Versprechungen des Establishments nach Aufschwung und Wohlstand nicht mehr glauben.

Der aufwendige Auswahlprozess bei den Vorwahlen produzierte letztlich ein Ergebnis, mit dem Amerikas Wähler mehrheitlich unzufrieden sind.

Beide Kandidaten, sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump, weisen ein Negativrating auf. Clinton wird von der Hälfte, Trump von zwei Dritteln der Befragten abgelehnt. Unter den Wählern hört man häufig, dass man sich für das geringere von zwei Übeln entscheiden und auf seine Wahl keineswegs stolz sein werde. Der aufwendige Auswahlprozess bei den Vorwahlen produzierte letztlich ein Ergebnis, mit dem Amerikas Wähler mehrheitlich unzufrieden sind. Dies ist ursächlich darauf zurückzuführen, dass die Beteiligung an den Vorwahlen sehr gering ist. Bei den Republikanern profitierte Trump von der großen Anzahl der parteiinternen Gegenkandidaten, die oft nur auf eine regional begrenzte Unterstützungsszene zurückgreifen konnten und nicht wie Donald Trump auf eine landesweite Organisation. Wäre das Kandidatenspektrum bei den Republikanern kleiner gewesen, hätte es Trump viel schwieriger gehabt, sich durchzusetzen.

Zwei Kandidaten, die nicht Amerikas Aufbruch in die innovative Gestaltung des 21. Jahrhunderts verkörpern

Beide Bewerber ums Weiße Haus, Clinton und Trump, sind Vertreter einer älteren Generation, die nur schwer eine Aufbruchstimmung vermitteln können, wie das etwa noch unter Barack Obama als erstem afro-amerikanischen Präsidenten der Fall war. Die mögliche historische Wahl am 8. November, in deren Folge erstmals eine Frau als Chefin ins Weiße Haus einziehen könnte, droht hinter Kandidaten zu verblassen, die nicht Amerikas Aufbruch in die innovative Gestaltung des 21. Jahrhunderts verkörpern. Ein besonderes Problem stellten in dieser Lage die smarten Vertreter der jüngeren Generation, die sogenannten Millennials, dar. Ihre Entfremdung von den politischen Angeboten dürfte zunehmen.

Parteiinterne Widerstände auf beiden Seiten

Die Kandidaten werden nicht von einer Sympathiewelle in den eigenen Reihen getragen. Die Demokraten sammeln sich nur zögerlich hinter Clinton, und der eigentlich unamerikanische, da sozialistisch angehauchte Bernie Sanders findet viel Zuspruch in der Partei. Noch offensichtlicher sind die parteiinternen Widerstände gegen den eigenen Spitzenkandidaten bei den Republikanern. Zahlreiche Parteimitglieder aus der zweiten Reihe, wie frühere Kongressabgeordnete und Senatoren, artikulierten ihr Unbehagen über Trump und appellierten an den Parteivorsitzenden Reince Priebus, sich auf die Verteidigung der republikanischen Mehrheit im Kongress zu konzentrieren und dafür die Finanzmittel zu nutzen, nicht aber für den Präsidentschaftswahlkampf von Trump. Viele republikanische Kandidaten in unsicheren Wahldistrikten positionieren sich zwar nicht offen gegen Trump, stehen aber nicht vorbehaltlos hinter ihrem eigenen Präsidentschaftsbewerber.

Der fehlende Enthusiasmus unter den eigenen Parteiunterstützern ist ein großer Hemmschuh für Trump, wenn es in der Endphase des Wahlkampfes jetzt darum geht, über lokale Straßenkampagnen einzelne Wähler zu mobilisieren.

Die strategischen Überlegungen, ob am 8. November die Präsidentschafts- oder die Kongresswahlen wichtiger sind, dürften noch an Schärfe zunehmen, wenn Trump in den nächsten Wochen in Wählerumfragen nicht aufholen sollte. Bedenkt man die große Bedeutung des Kongresses in der U.S.-Außenpolitik und die entscheidende Rolle des Senats gerade bei präsidentiellen Personalentscheidungen wie bei den Richtern zum Obersten Gerichtshof, sind diese strategischen Kalküle nicht von der Hand zu weisen. Checks and Balances, Kontrolle und institutioneller Machtausgleich, sind Grunddeterminanten des politischen Systems der USA, so dass ein republikanischer Senat als Gegengewicht zu einer demokratischen Präsidentin für viele Politiker oberste politische Priorität hat. Der fehlende Enthusiasmus unter den eigenen Parteiunterstützern ist ein großer Hemmschuh für Trump, wenn es in der Endphase des Wahlkampfes jetzt darum geht, über lokale Straßenkampagnen einzelne Wähler zu mobilisieren. Ohne Parteinetzwerk sind Tür-zu-Tür-Wahlkämpfe nicht umsetzbar und es ist fraglich, ob das für einen erfolgreichen Wahlkampf notwendige Parteifußvolk in ausreichendem Maß für Trump auf die Straße gehen wird.

Trump setzt auf Großveranstaltungen und mediale Stimmungsmache.

Bislang setzt Trump auf Großveranstaltungen und mediale Stimmungsmache. Seit Kurzem macht Trump zwar auch Wahlwerbung im Fernsehen, womit deutlich wird, dass auch ein Donald Trump nicht gänzlich ohne traditionelle Wahlkampfinstrumente auskommt. Doch primär führte Trump einen Twitter-Wahlkampf und nutzte die sozialen Medien für die Verbreitung von Kurznachrichten. Die schnelle Botschaft war das Ziel, nicht der komplexe politische Inhalt, die politische Kultur wurde enttabuisiert, Trump schaltete auf Populismus und kokettiert durch seine Attacken auf Minderheiten, Frauen oder Einwanderer mit dem Ende der politischen Korrektheit. Provokationen wie die Anschuldigung, dass Barack Obama der Begründer der Terrororganisation Islamischer Staat sei oder Hillary Clinton durch ihre liberale Flüchtlingspolitik zur amerikanischen Angela Merkel werde, bringen die gewünschten Schlagzeilen. Und wenn man zu weit geht, wie im Fall respektloser Äußerungen Trumps gegenüber den moslemischen Eltern eines im Irak-Krieg gefallenen U.S.-Soldaten, folgen die entschuldigenden Worte später und sehr viel leiser. Der populistische Tabubruch bleibt aber im Gedächtnis.

Die Trump-Strategie, den etablierten Medien Glaubwürdigkeit abzusprechen, ist durchaus erfolgreich.

Der Hang zur schnellen Botschaft geht einher mit der Diskreditierung der traditionellen Medien. Die Trump-Strategie, den etablierten Medien Glaubwürdigkeit abzusprechen, ist durchaus erfolgreich, wovon nicht nur die unter den Trump-Anhängern kursierenden Verschwörungstheorien zeugen, denen zufolge Trumps wahre Popularität verschwiegen werde, die Enthüllungen gegen Clinton vertuscht würden oder es am Wahltag zu massiven Wahlfälschungen gegen Trump komme.

Populistischer Nationalismus und globaler Trumpismus

Keine U.S.-Besonderheit ist der populistische Nationalismus, der das Leitmotiv von Donald Trump ist. In Europa sind diese Bewegungen ein wesentlicher politischer Faktor, Le Pen in Frankreich, Grillo in Italien, Strache in Österreich, die AfD in Deutschland, Polens national-konservative Regierung, Brexit-Befürworter im Vereinigten Königreich, all diese Bewegungen und Kräfte stehen für einen populistischen Nationalismus, der eine liberale Weltordnung mit Freihandel, universellen Menschenrechten und multinationalen Unternehmen als Gefährdung nationaler Souveränität begreift und auf Globalisierung mit Protektionismus antwortet. Trumps Medienberater sehen ihren Kandidaten im Kontext einer globalen Nationalismus-Welle, die ihr Epizentrum mit Donald Trump in Amerika hat. Der Logik dieser Sichtweise entspricht es, dass Geert Wilders von Trump im Juli zum Parteitag nach Cleveland und Nigel Farage, der Brexit-Wortführer der britischen Unabhängigkeitspartei, im August zu einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt nach Mississippi eingeladen wurden. Trumpismus soll eine weltweite Anti-Globalisierungsmarke werden, so die Vision der Medienzirkel um Donald Trump.

Bekannt gegen Unbekannt, Ratio gegen Emotio

Clinton gegen Trump bedeutet auch, dass es am 8. November um die Antipoden Bekannt gegen Unbekannt geht. In den Augen des internationalen Beobachters tritt die etablierte und langjährige Außenministerin Hillary Clinton, die für eine interventionistische U.S.-Außenpolitik steht und sich zur globalen Führungs- und Verantwortungsrolle der USA bekennt, gegen den unbekannten und unberechenbaren Donald Trump an, der America-first propagiert und isolationistische Töne anschlägt. Aus inländischer Perspektive dreht es sich am 8. November ferner um eine Entscheidung zwischen Kopf und Bauch: Verstand gegen Gefühl, Ratio gegen Emotio, die kühle Hillary Clinton tritt gegen den impulsiven Donald Trump an.

Trump spricht aus, was viele Wähler denken, auch in der Außenpolitik.

Wählervoten sind zusehends unberechenbarer, die Brexit-Entscheidung hat es gezeigt. Trump spricht aus, was viele Wähler denken, auch in der Außenpolitik. Clintons Rechnung, dass sie Trump vor allem in der Außenpolitik stellen kann, dass sie als Staatsmännin erscheint, während Trump Blöße zeigt, diese Rechnung könnte nicht aufgehen, zumal Außenpolitik ja ohnehin die meisten US-Wähler kaum interessiert.

Opportunismus in der U.S.-Außenpolitik

Trumps außenpolitische Überlegungen mögen Sorgen bereiten. Von der bedingten Geltung der Nato-Beistandsklausel für die osteuropäischen Mitgliedstaaten über die Anerkennung der völkerrechtswidrig annektierten Krim-Halbinsel als russisches Territorium bis hin zur Infragestellung internationaler Vereinbarungen in der Klima- und Handelspolitik gab Trump mit vielen Äußerungen berechtigten Anlass zu Kritik. Renommierte, inzwischen aus ihren Ämtern geschiedene Sicherheitspolitiker aus dem republikanischen Lager wie der frühere CIA-Direktor Michael Hayden, der vormalige stellvertretende Außenminister John Negroponte und der ehemalige Weltbank-Präsident Robert Zoellick brachten in einem offenen Brief ihre Bedenken gegen Trump als Oberbefehlshaber der U.S.-Streitkräfte mit Entscheidungsgewalt über Amerikas Nukleararsenal zum Ausdruck.

Trumps außenpolitischer Realismus setzt Themen auf die Agenda, die auch in liberalen Kreisen diskutiert werden.

Die Tatsache, dass sich die etablierten Kreise in den außen- und sicherheitspolitischen Denkfabriken gleichsam unisono gegen Trump aussprechen, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Trump den Blick auf wesentliche Fragen der U.S.-Außenpolitik lenkt. Trumps außenpolitischer Realismus setzt Themen auf die Agenda, die auch in liberalen Kreisen diskutiert werden: Wie fair ist die internationale Lastenteilung? Übernehmen Amerikas Partner ausreichend eigene Verantwortung für die regionale Sicherheit? Ist europäische Sicherheit nicht primär eine Aufgabe, die Europa selbst zu erfüllen hat? Welchen Nutzen bringen internationale Organisationen für die USA? Diese weit über Parteigrenzen und außenpolitische Denkschulen hinausreichenden Fragen indizieren, dass Amerika nicht länger der Zahlmeister in der internationalen Ordnungspolitik sein will, dass amerikanische Außenpolitik grundsätzlich interessenbezogener wird, also die Kosten-Nutzen-Rechnung häufiger gestellt wird und dass außenpolitisches Engagement hinter innenpolitischer Modernisierung zurücksteht. Als Ausgangsprämisse amerikanischer Politik in internationalen Organisationen wird zusehends häufiger formuliert: „What do we get out of it?” Solche opportunistischen Ansätze in der Außen- und Sicherheitspolitik stellen in der moderaten Version keinen Bruch mit dem internationalen Engagement der USA dar, auch wenn Trump, seine isolationistischen Töne und seine America-first-Agenda auf den ersten Blick nur schwer mit der Tradition einer liberalen Weltordnungsmacht in Einklang zu bringen sind.

Weniger international, mehr national, so dürfte die Überschrift über Amerikas politischer Agenda der nächsten Jahre lauten.

Diese Rückbesinnung und Konzentration auf die inneren Ressourcen der U.S.-Weltpolitik hatte der außenpolitische Denker Richard Haass vor Jahren in seinem Buch „Außenpolitik beginnt zu Hause” (Richard Haass: Foreign Policy begins at home) thematisiert, ohne damit allerdings einer neo-isolationistischen Politik das Wort zu reden oder zum Propheten des wirtschaftlichen Niedergangs der USA zu werden. Dieses Denken in den Kategorien internationaler Gleichgewichtspolitik, das auch Donald Trump nicht fremd ist, indiziert einen offensichtlichen Paradigmenwechsel in der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik, die Abstand nimmt von Zielen wie eines von außen erwirkten Regimewandels und einer erzwungenen Nationenbildung. Weniger international, mehr national, so dürfte die Überschrift über Amerikas politischer Agenda der nächsten Jahre lauten.

Amerika erwartet spannende Wochen und Monate. Beim Kampf ums Weiße Haus zwischen Hillary Clinton und Donald Trump wird es jetzt maßgeblich auf die drei direkten Fernsehduelle zwischen beiden ankommen.