Umstritten: Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras. (Bild: Imago/Wassilis Aswestopoulos)
Griechenland

Tsipras will Milliarden für die NS-Besatzung

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat erneut die Ansprüche seine Landes auf Reparationszahlungen in Milliardenhöhe bekräftigt. Die Bundesregierung hält die Forderungen für längst beglichen.

Die griechische Regierung verlangt von Deutschland weiterhin Reparationszahlungen für Kriegsverbrechen und -schäden während des Zweiten Weltkrieges. „Wir werden bis zum Schluss dafür kämpfen, auf diplomatischem und, wenn notwendig, auch auf rechtlichem Weg“, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras Medienberichten zufolge bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus im westgriechischen Ort Komeno.

Griechenland will 300 Milliarden

Der Streit um deutsche Reparationszahlungen an Griechenland schwelt seit Jahrzehnten. Dabei geht es um von Griechenland geforderte Entschädigungen für Kriegsschäden, Zahlungen an Hinterbliebene sowie um die Rückzahlung einer 1942 bei der griechischen Notenbank aufgenommenen Zwangsanleihe. Insgesamt belaufen sich die Forderungen nach einer Studie des griechischen Rechnungshofes auf  269 Milliarden Euro. Andere griechische Berechnungen kommen sogar auf 332 Milliarden Euro.

Die beste Grundlage für eine aufrichtige und ungetrübte Beziehung zwischen Deutschen und Griechen.

Parlamentsbericht aus Griechenland, über die geforderten Entschädigungen

Der Streit hat jüngst wieder an Fahrt aufgenommen. Ein griechischer Parlamentsausschuss legte vor Kurzem einen Bericht vor, der den Anspruch auf die Milliardenzahlungen untermauern soll. Darin verlangen die Abgeordneten von der Regierung, den „gerechten Forderungen“ Griechenlands „dynamisch nachzugehen“. Die Zahlung der Entschädigungen sei eine „rechtliche und moralische Notwendigkeit“ und die „beste Grundlage für eine aufrichtige und ungetrübte Beziehung zwischen Deutschen und Griechen“. Im September will das griechische Parlament über den Bericht abstimmen.

Deutschland hat bereits bezahlt

Die Bundesregierung hat die Forderungen aus Griechenland bisher stets zurückgewiesen. Sie hält die Reparationsfrage für erledigt. 1960 hatte Deutschland 115 Millionen Mark für griechische Opfer der NS-Herrschaft nach Athen überwiesen. Die Zahlung war an die Bedingung geknüpft, dass keine weiteren Forderungen gestellt werden. Spätestens mit der Wiedervereinigung und dem Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 seien Reparationsforderungen endgültig ausgeschlossen, argumentiert die Bundesregierung. Auch Griechenland habe diesem Vertrag zugestimmt.

Athen droht mit Pfändungen

Griechenlands Regierungschef Tsipras hatte schon vor seiner Wahl die Reparationen zu einem seiner zentralen Themen gemacht. Gleich nach seiner Vereidigung als Premierminister Ende Januar 2015 besuchte er eine Gedenkstätte für Nazi-Opfer im Athener Stadtteil Kesariani und legte dort Blumen nieder. Im Frühjahr 2015 drohte der griechische Justizminister damit, deutsche Immobilien pfänden zu lassen, um Reparationsansprüche durchzusetzen. Bereits im Jahr 2000 hatte das höchste griechische Gericht entschieden, dass man deutsches Eigentum in Griechenland pfänden dürfe, um die Reparationsforderungen griechischer Bürger zu erfüllen. Damals stoppte die griechische Regierung dieses Vorgehen. Deutschland hatte das Urteil von Anfang an nicht anerkannt.

NS-Opfer unterliegen vor Gericht

In einem ähnlichen Fall im Jahr 2012 hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag zu Gunsten Deutschlands entschieden. Zuvor hatten NS-Opfer vor einem italienischen Gericht auf Entschädigung geklagt. Im Raum stand ebenfalls, deutsches Vermögen in Italien zu pfänden. Der IGH urteilte damals, dass eine solche Pfändung gegen den Grundsatz der  „Staatenimmunität“ verstoßen würde, wenn es sich um hoheitliches Vermögen Deutschlands handelt.