Frankreich droht der Stillstand
In Frankreich gehen die Menschen gegen die geplante Arbeitsmarktreform der sozialistischen Regierung auf die Straße. Besonders empört sind die Demonstranten über die Art und Weise, mit der Präsident Hollande seine Reformen durchs Parlament drückt. Der schlimmste Streiktag steht dem Land allerdings noch bevor.
Proteste gegen Regierung

Frankreich droht der Stillstand

In Frankreich gehen die Menschen gegen die geplante Arbeitsmarktreform der sozialistischen Regierung auf die Straße. Besonders empört sind die Demonstranten über die Art und Weise, mit der Präsident Hollande seine Reformen durchs Parlament drückt. Der schlimmste Streiktag steht dem Land allerdings noch bevor.

Trotz neuer Proteste gegen eine in Frankreich geplante Arbeitsmarktreform will Präsident François Hollande an dem umstrittenen Vorhaben festhalten. In einem Radiointerview machte der Präsident unmissverständlich klar: „Ich werde nicht nachgeben.“ Die Reform werde beschlossen, weil sie diskutiert und korrigiert worden sei, so Hollande weiter.

Neues Arbeitsmarktgesetz ist umstritten

Die französische Regierung hatte vergangene Woche das Arbeitsmarktgesetz beschlossen, das neben einer längeren Lebensarbeitszeit zahlreiche weitere Nachteile für Arbeitnehmer enthält, die aber von der Regierung als notwendig erachtet werden. Das Gesetz soll Unternehmen mehr Flexibilität bringen, um mehr Jobs schaffen zu können. Kritiker befürchten eine Aufweichung von Arbeitnehmerrechten. Im Vergleich zu Deutschland leben französische Arbeitnehmer allerdings auf einer Insel der Seligen, weil sich die Gewerkschaften allen notwendigen Änderungen grundsätzlich verweigern. Dafür büßt das Land mit einer enorm hohen Arbeitslosigkeit, insbesondere auch im Jugendbereich.

Aufgrund der absehbar fehlenden eigenen Mehrheit der Sozialisten hatte die Regierung das Gesetz allerdings ohne Abstimmung in erster Lesung durchs Parlament gedrückt. Diese Sonderregelung in der französischen Verfassung war im vergangenen Jahr schon dreimal angewendet worden, um eine sonst ebenfalls chancenlose Wirtschaftsreform umzusetzen.

Neben dem Inhalt des Gesetzes treibt auch die Art und Weise, wie das Papier das Parlament durchlaufen hat, die Menschen auf die Straßen. In zahlreichen französischen Städten nahmen Zehntausende an den Protesten teil, etwa in Marseille, Toulouse, Grenoble, Nantes oder Rennes, oder der Hauptstadt Paris. In den meisten Städten kam es dabei vereinzelt zu Ausschreitungen, 87 Menschen wurden festgenommen. Nach Angaben von Innenminister Bernard Cazeneuve wurden seit Beginn der Proteste 1300 Demonstranten festgenommen, in 51 Fällen gab es Gerichtsverfahren.

Donnerstag soll Streiktag sein

Auch beim Bahnbetreiber SNCF wird die Arbeit niedergelegt. Betroffen sind laut Unternehmen am Mittwoch zwei Drittel der Schnellzugverbindungen und drei von vier Regionalzügen im Großraum Paris. Am Flughafen Paris-Orly sollen am Donnerstag 15 Prozent der Flüge gestrichen werden. Die Gewerkschaften haben für den morgigen Donnerstag einen großen Protesttag angekündigt. Dabei wollen auch große Teile der Polizei erneut gegen ihre Arbeitsbedingungen streiken. Seit den Terroranschlägen vom vergangenen November, so teilte die größte Polizeigewerkschaft mit, hätten die Beamten „zigtausende Überstunden“ angehäuft. Wegen der in wenigen Wochen beginnenden Fußball-Europameisterschaft könnten die Polizisten diese jetzt auch nicht ausgleichen.