China stationiert Raketen
Eskalation in der Südchinesischen See: China verlagert Raketen auf eine umstrittene Insel und untermauert seinen Anspruch auf den größten Teil dieses Meeres. Auf dem Asean-Gipfel in Kalifornien suchen die kleineren Anrainerstaaten die Nähe zu Washington. US-Präsident Barack Obama versprach ihnen Unterstützung. Die USA wollen in der Region weiterhin die Freiheit der Meere garantieren.
Südchinesische See

China stationiert Raketen

Eskalation in der Südchinesischen See: China verlagert Raketen auf eine umstrittene Insel und untermauert seinen Anspruch auf den größten Teil dieses Meeres. Auf dem Asean-Gipfel in Kalifornien suchen die kleineren Anrainerstaaten die Nähe zu Washington. US-Präsident Barack Obama versprach ihnen Unterstützung. Die USA wollen in der Region weiterhin die Freiheit der Meere garantieren.

China hat im Streit um Gebietsansprüche Flugabwehrraketen auf einer auch von Taiwan und Vietnam beanspruchten Insel im Südchinesischen Meer stationiert. Das bestätigte ein Sprecher des taiwanesischen Verteidigungsministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Auch das US-Verteidigungsministerium bestätigte die Verlagerung der Raketen auf Woody Island, wie der US-Sender Fox News berichtete. Demnach zeigen Satellitenbilder zwei Raketenbatterien zur Verteidigung gegen Luftangriffe mit einer Reichweite von rund 200 Kilometern.

Verstärkung der chinesischen Militärpräsenz

Chinas Außenminister Wang Yi bezeichnete die Berichte über die Stationierung der Raketen als einen Versuch westlicher Medien, Schlagzeilen zu machen: „Was die begrenzten und notwendigen Verteidigungseinrichtungen angeht, die China auf Inseln und Riffs installiert, auf denen wir Personal stationiert haben, so stehen sie im Einklang mit dem Recht auf Selbstverteidigung, das China nach Internationalem Recht zusteht.”

Die Raketenstationierung verstärkt den Eindruck, dass China beabsichtigt, wachsende Kontrolle über diese internationalen Gewässer auszuüben, einschließlich möglicherweise der Erklärung einer Luftverteidigungszone.

Rory Medcalf, australischer Sicherheitspolitik-Experte

Die Verstärkung seiner Militärpräsenz auf der Insel könnte zur Errichtung einer von Peking kontrollierten Luftverteidigungszone führen und Chinas Anspruch auf Souveränität über das umstrittene Seegebiet zementieren, erläutert der australische Sicherheitspolitik-Experte Rory Medcalf: „Die Raketenstationierung verstärkt den Eindruck, dass China beabsichtigt, wachsende Kontrolle über diese internationalen Gewässer auszuüben, einschließlich möglicherweise der Erklärung einer Luftverteidigungszone.”

Woody Island gehört zur Paracel-Inselgruppe, die seit über 40 Jahren unter Kontrolle Chinas steht, aber auch von Taiwan und Vietnam beansprucht wird. Die Stationierung der Raketen wurde bekannt, während US-Präsident Barack Obama mehrere südostasiatische Staaten zu einer Konferenz in Kalifornien empfing, um über Möglichkeiten zur Entspannung des Konfliktes in der Region zu sprechen.

Obama verspricht kleineren Anrainerländern Unterstützung

„Wir werden weiterhin unseren Verbündeten und Partnern dabei helfen, ihre Marine-Fähigkeiten zu verstärken”, sagte Obama am Dienstag nach dem Ende des Asean-Gipfels in Rancho Mirage. Konflikte müssten friedlich und nach internationalem Recht beigelegt werden, sagte er mit Blick auf den Territorialkonflikt mit China.

China erhebt Anspruch auf fast die gesamte Südchinesische See.

Das Südchinesische Meer liegt zwischen China, Vietnam, Malaysia und den Philippinen. Ein Drittel des weltweiten Schiffsverkehrs mit Handelsgütern im Wert von umgerechnet fünf Billionen Dollar wird dort abgewickelt. In der Region werden große Öl- und Gasvorkommen vermutet. China beansprucht jedoch 90 Prozent des 3,5 Millionen Quadratmeter großen Gebietes für sich, darunter Inseln und Riffe, die teils mehr als 800 Kilometer von der chinesischen, aber nur etwa 220 Kilometer von der philippinischen Küste entfernt liegen.

Vietnam hatte in der Vergangenheit mehrfach gegen chinesische Ölbohrungen vor seiner Küste protestiert; die Philippinen protestieren gegen chinesische Landaufschüttungen sowie den Bau von Leuchttürmen und einer Landebahn auf einigen der Riffe.

Amerikanische „Freiheit der Meere Patrouillen”

Zuletzt hatte sich auch die USA verstärkt in den Konflikt eingeschaltet. Erst im Januar war ein US-Kriegsschiff in die von China beanspruchten Gewässer um die Paracel-Inseln eingedrungen. Im Oktober hatte sich der Zerstörer USS Lassen einer von China beanspruchten Insel der weiter südlichen gelegen Spratly-Inselgruppe auf weniger als zwölf Seemeilen genähert. Washington rechtfertigte dies mit der Verteidigung der Freiheit der Seefahrt; das Gebiet sei internationales Gewässer.

Wir werden im Lauf der Zeit mehr und komplexere solcher Operationen in der Südchinesischen See durchführen.

Admiral Harry Harris, Kommandeur der US-Streitkräfte im Pazifik

Im Dezember flog ein strategischer Bomber des Typs B-52 über eine der von Peking beanspruchten Inseln. Peking wertete dies damals als eine „ernsthafte militärische Provokation”. Washington sprach später von einer „unbeabsichtigten Aktion”. Washington wird aber auch in Zukunft in der Südchinesischen See mit Schiffen und Flugzeugen sogenannte „Freiheit der Meere-Patrouillen” durchführen lassen. Die USA wollen so in dem umstrittenen Seegebiet, in dem auch Vietnam, Malaysia, Brunei, die Philippinen und Taiwan rivalisierende Ansprüche erheben, das Recht auf ungehinderte Passage demonstrieren und garantieren. „Wir werden im Lauf der Zeit mehr und komplexere solcher Operationen in der Südchinesischen See durchführen”, erläuterte in Tokio US-Admiral Harry Harris, Kommandeur der US-Streitkräfte im Pazifik. „Wir haben nicht die Absicht, das zu beenden.”

Vietnam drängt Washington, eine stärkere Rolle zu übernehmen.

Pekings aggressives Verhalten führt dazu, dass die kleineren Anrainer der Südchinesischen See immer näher an Washington heranrücken. Das gilt schon länger und sehr sichtbar sogar für Amerikas einstigen Kriegsgegner Vietnam. Auf der Asean-Konferenz in Kalifornien drängte jetzt Vietnams Premierminister Nguyen Tan Dung den amerikanischen Gastgeber regelrecht, in dem Seegebiet eine stärkere Rolle zu übernehmen. Die USA, so der vietnamesische Premier, sollen die Militarisierung der Südchinesischen See und die Aufschüttung künstlicher Inseln verhindern.

(dpa/HM)