Unter schneebedeckten Himalaya-Gipfeln: Ministerin Scharf trifft seine Heiligkeit Drikung Kyabgon Chetsang. (Foto: StMUV)
Klimawandel

Künstliche Gletscher im Himalaya

Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf reiste nach Indien, um für die nachhaltige Nutzung der Wasser-Ressourcen zu werben. Sie besuchte die Bergsiedlung Leh in einer besonders trockenen Region und führte Gespräche mit der indischen Wasserministerin und der buddhistischen Heiligkeit Chetsang.

Für die nachhaltige Nutzung von Wasser hatte sich Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf auf einer Reise nach Indien eingesetzt. „Der fortschreitende Klimawandel zeigt die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns“, erklärte sie. Der zukunftsorientierte Umgang mit natürlichen Ressourcen sei eine Schlüsselaufgabe dieses Jahrhunderts. Bayern könne mit seiner hoch entwickelten Umwelttechnologie Ländern wie Indien helfen, diese Probleme besser in den Griff zu bekommen. Der Zugang zu sauberem Wasser sei dabei „elementar“, betonte die Ministerin.

Besuch bei einer Heiligkeit

Bei ihrem Besuch im zweit-bevölkerungsreichsten Land der Erde traf Ulrike Scharf die indische Wasserministerin sowie den indischen Umweltstaatssekretär. Auf einer Umweltkonferenz in der nordindischen Stadt Leh wurde außerdem ein Kooperationsprojekt der Technischen Universität München mit indischen Partnern vorgestellt. Die Bergsiedlung in Ladakh im Himalaya ist auch Sommersitz des Dalai Lama und Sitz des buddhistischen Heiligen Drikung Kyabgon Chetsang. Bei der Umweltkonferenz „gogreen – goorganic“ im Kloster Phyang übernahm die Ministerin die Key Note Speech – und traf seine Heiligkeit Chetsang und Vertreter der Regierung zu Gesprächen. Thema war insbesondere der Umgang mit der Natur in der extrem wasserarmen Umgebung.

Globaler Erfolg kann nur gelingen, wenn regionale Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden.

Ulrike Scharf, Umweltministerin

Das wenige Wasser fällt in dieser Region im Winter als Schnee, auch im Sommer ist es sehr trocken. Die Gletscher speichern wegen der Klimaänderung immer weniger Wasser, entsprechend geht das Schmelzwasser zurück. Eine Entnahme aus dem Indus, der an dieser Stelle kaum größer als die Isar ist, führt sofort zu Spannungen mit den Unterliegern, vor allem Pakistan. Gleichzeitig wächst der Bedarf durch den an sich sehr willkommenen Bergtourismus. In der Not wird versucht, künstliche Gletscher zu formen.

TU-Projekt zum Wasserbedarf

Auf der Umweltkonferenz gab Frau Scharf den Startschuss für ein Projekt der Technischen Universität München, das neue Lösungen für eine nachhaltige Wassernutzung unter diesen extremen Verhältnissen untersuchen soll: Im Rahmen des Projekts „Water-Energy-Food-Nexus“ soll am Standort Leh der Bedarf an Wasser, Energie und Nahrung auf Grundlage gesellschaftlich-ökonomischer Untersuchungen ermittelt und mittels geografischer Informationssysteme kartiert werden. Darauf aufbauend soll in einem Pilotprojekt eine dezentrale Abwasseraufbereitung unter gleichzeitiger Nutzung der entstehenden Ressourcen Energie und Nährstoffe für die landwirtschaftliche Produktion umgesetzt werden.

Der zweite Teil der Reise fand in einer völlig anderen Umgebung in Westindien (Bundesstaaten Rajasthan und Gujarat) statt. Heiß und dicht besiedelt, überwiegend landwirtschaftliche Nutzung und auch dort nur ein Thema: der Wassermangel. Hier führt seit Jahren die bayerische Hanns-Seidel-Stiftung gemeinsam mit der Lokalregierung und örtlichen NGOs ein wegweisendes Projekt durch.

Um die Bürgerpartizipation im Rahmen der Lokal- und Kommunalpolitik in Indien zu verbessern, insbesondere aber zur dringend notwendigen Stärkung der Rolle der Frauen in der indischen Gesellschaft, werden Training, Fortbildung und Netzwerke im Wassermanagement angeboten. Traditionell sind in den örtlichen Gebieten die Frauen für die Trinkwasserbeschaffung verantwortlich. Trockenheit und vor allem das Übernutzen des raren Grundwassers durch Bewässerung und die enorme Wasserverschmutzung praktisch aller Gewässer machen aber eine vernünftige Versorgung immer schwerer.

Dritte Station Delhi

Die dritte Station des Indienbesuches führte in die 20-Millionen-Stadt Delhi, Sitz der indischen Nationalregierung. Über die Projekte der Hans-Seidel-Stiftung besteht auch hier ein gutes Netzwerk Bayerns zur Sicherheitspolitik in der Region, insbesondere zum Thema Wassersicherheit. Aus den Konkurrenzen um die Wasserreserven von Indus, Ganges und Brahmaputra hat sich – neben der Stabilität der Umwelt an sich – besonders die Wasserpolitik als wesentlicher sicherheitsrelevanter Aspekt im Subkontinent herausgestellt. Höchste Bedeutung kommt dabei der abgestimmten und ausgewogenen Bewirtschaftung grenzüberschreitender Wasserressourcen zu. In der Etablierung einer solchen Wasserbewirtschaftung orientiert sich Indien stark an der einzugsgebietsbezogenen und an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit ausgerichteten Wasserpolitik der EU und Deutschlands, hier insbesondere am Flussgebietsmanagement von Rhein und Donau. Gleichzeitig gelten Deutschland und Bayern als die Länder mit der fortschrittlichsten Umwelttechnik – in Asien inzwischen eine Existenzfrage.

Problem: Wasserverschmutzung in Indien

Dementsprechend groß war das Interesse am Besuch von Umweltministerin Ulrike Scharf. Nach einem hochinformativen Gespräch mit dem deutschen Botschafter Martin Ney fanden Gespräche sowohl mit dem indischen Umweltministerium wie auch mit der indischen Wasserministerin Sushri Uma Bharati statt.
Die besprochenen Themen umspannten alle Umweltbereiche von Abfall, Luftverschmutzung, Biodiversität bis zu den Nationalparken und vor allem der Wasserwirtschaft. Hier steht Indien vor der gigantischen Aufgabe, die großen Flüsse wieder sauber zu bekommen, das Grundwasser zu schützen. Dies alles vor dem Hintergrund einer immer noch stark wachsenden Bevölkerung und den deutlich zu merkenden Auswirkungen des Klimawandels.

Das Interesse an einer Fortsetzung und Ausweitung der Zusammenarbeit mit Bayern ist groß. Es wurde daher vereinbart, die Felder für einen vertieften Austausch von Wasser-Know-How zu definieren. Letztendlich ist ein Kooperationsabkommen über die weitere Zusammenarbeit zwischen Bayern und Indien im Bereich der Umweltpolitik geplant.